TAV steht für verti­kale turbu­lenz­arme Verdrän­gungs­strö­mung. Doch trotz hohen energe­ti­schen Aufwands zur Luftbe­för­de­rung, Be- und Entfeuch­tung sowie Lufttem­pe­rie­rung sind diese Decken nicht in der Lage, den notwen­di­gen Schutz bei Opera­tio­nen am OP-Tisch zu gewähr­leis­ten. Es besteht die Gefahr, dass sich die Wunde infiziert.

Um den höchs­ten Schutz gegen Keime in den Opera­ti­ons­sä­len zu ermög­li­chen, ist am Hermann-Rietschel-Insti­tut der TU Berlin unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Martin Kriegel ein dreijäh­ri­ges Forschungs­pro­jekt zur energie­ef­fi­zi­en­ten Belüf­tung von multi­funk­tio­na­len OP-Räumen gestar­tet.

Bei 1,9 % aller Opera­tio­nen treten postope­ra­tive Infek­tio­nen auf

„Ursache dafür, dass die TAV-Decken es nicht schaf­fen, das darun­ter liegende Opera­ti­ons­feld keimfrei zu halten, ist die techni­sche Ausstat­tung der OP-Säle“, sagt Martin Kriegel. Lampen, Decken­ver­sor­gungs­ein­hei­ten, die aufwen­dige Ausstat­tung mit Medizin­ge­rä­ten bis hin zu bildge­ben­den Verfah­ren, aber auch das OP-Perso­nal selbst stören die Raumluft­strö­mung. „Durch diese vielen geome­tri­schen und thermi­schen Störkör­per bricht die Verdrän­gungs­strö­mung im Wundbe­reich über dem OP-Tisch zusam­men. „Der Schutz vor dem Eindrin­gen von Keimen und Parti­keln ist nicht mehr gegeben“, so Kriegel.

Jährlich werden in Deutsch­land rund 16,2 Millio­nen Opera­tio­nen durch­ge­führt, bei denen in etwa 225.000 Fällen postope­ra­tive Wundin­fek­tio­nen auftre­ten. Das sind 1,9 %. Neben der gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gung des Patien­ten verur­sacht der erhöhte Behand­lungs­auf­wand jährli­che Zusatz­kos­ten von rund drei Milli­ar­den Euro für das Gesund­heits­we­sen.

Energie­ein­spa­rung von 84 Gigawatt­stun­den

Um den steigen­den Anfor­de­run­gen an eine univer­selle Nutzung von Opera­ti­ons­sä­len gerecht zu werden, sollen geeig­nete lüftungs­tech­ni­sche Schutz­kon­zepte mit größt­mög­li­cher Schutz­wir­kung (minima­les Risiko für das Auftre­ten von postope­ra­ti­ven Wundin­fek­tio­nen und verbes­ser­ter Arbeits­schutz für das operie­rende Perso­nal) bei gerin­ge­rem Energie­be­darf entwi­ckelt werden. Das ist das Ziel des Vorha­bens. Grund­lage ist eine Gefähr­dungs­ana­lyse: Poten­zi­elle Keimquel­len, ihre Emissi­ons- und Ausbrei­tungs­cha­rak­te­ris­tika sowie die Wege des Keimein­trags in die Raumluft des OPs werden syste­ma­tisch unter­sucht.

Durch optimierte Luftfüh­rungs­sys­teme kann die Luftmenge in OP-Sälen reduziert werden. Und zwar auf ein Drittel der bishe­ri­gen Menge – bei gleich­zei­tig gestei­ger­ter Schutz­wir­kung. Bei 4.800 OP-Sälen in Deutsch­land resul­tiert daraus eine theore­ti­sche Energie­ein­spa­rung von jährlich 84 Gigawatt­stun­den allein an elektri­scher Energie für die Luftför­de­rung. Dies entspricht dem Fünffa­chen des elektri­schen Energie­ver­brauchs des gesam­ten Schie­nen­ver­kehrs in Deutsch­land pro Jahr.

Quelle: idw