Ob eine gelernte Pflegekraft Pflichtmitglied in einer Pflegekammer ist, hängt davon ab, ob sie in ihrer Tätigkeit auf Kenntnisse und Fähigkeiten aus ihrer Ausbildung zurückgreifen kann.
Ob eine gelernte Pflege­kraft Pflicht­mit­glied in einer Pflege­kam­mer ist, hängt davon ab, ob sie in ihrer Tätig­keit auf Kennt­nisse und Fähig­kei­ten aus ihrer Ausbil­dung zurück­grei­fen kann. Bild: © Auremar | Dreamstime.com

Die erste Pflege­kam­mer hat sich 2016 in Rhein­land-Pfalz gegrün­det, es folgten Schles­wig-Holstein sowie Nieder­sach­sen. Als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts sehen die Pflege­kam­mern ihre Aufgabe darin, für die Inter­es­sen und Belange der Pflege­be­rufe einzu­tre­ten. Das Thema Pflicht­mit­glied­schaft in Verbin­dung mit Pflicht­bei­trä­gen wird kontro­vers disku­tiert und findet Befür­wor­ter ebenso wie Gegner. Berech­tig­ter­weise stellt sich für Pflege­fach­kräfte, die nicht mehr in der direk­ten Pflege arbei­ten, die Frage, ob sie überhaupt Pflicht­mit­glied in einer Pflege­kam­mer sind.

In einem Rechts­streit, der vor dem Verwal­tungs­ge­richt Hanno­ver ausge­tra­gen wurde, ging es um genau so einen Fall (Az.: 7 A 5876/18). Die Kläge­rin, eine exami­nierte Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­rin, ist in einem Klini­kum als sogenannte Fallma­na­ge­rin tätig. Für die Ausübung dieser Tätig­keit sind eine mindes­tens dreijäh­rige Ausbil­dung im Gesund­heits­we­sen sowie Kennt­nisse im DRG-System notwen­dig. Mit einem Schrei­ben vom 1.1.2017 wurde sie darüber infor­miert, dass sie Mitglied in der Pflege­kam­mer Nieder­sach­sen sei und wurde gebeten, die vom Arbeit­ge­ber übermit­tel­ten Daten zu überprü­fen und mit einer Kopie ihrer Berufs­ur­kunde zurück­zu­schi­cken. In ihrer Antwort erklärte sie, dass eine Berufs­aus­übung im Sinne des § 2 Absatz 1 PflegeKG nicht vorliege, vielmehr übe sie adminis­tra­tive und betriebs­wirt­schaft­li­che Tätig­kei­ten aus. Daher forderte sie die Bestä­ti­gung seitens der Pflege­kam­mer, dass sie kein Mitglied in der Kammer ist. Dem kam die Kammer nicht nach, da sie die Ansicht vertrat, dass die Kläge­rin trotz ihrer Tätig­keit als DRG-Manage­rin Pflicht­mit­glied ist.

Das VG Hanno­ver führte aus, dass nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 PflegeKG Mitglied in der Pflege­kam­mer ist, wer die Erlaub­nis hat, die Berufs­be­zeich­nung „Gesund­heits- und Krankenpfleger(in)“ zu führen und diesen Beruf in Nieder­sach­sen ausübt. Zwar arbei­tet die Kläge­rin im Klini­kum nicht als Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­rin, jedoch reicht es aus, wenn bei der Tätig­keit Kennt­nisse und Fähig­kei­ten, die Voraus­set­zung für die Ertei­lung der Erlaub­nis zum Führen der Berufs­be­zeich­nung waren, einge­setzt oder auch nur mit verwen­det werden können. Diese Voraus­set­zun­gen liegen im Falle der Kläge­rin vor. Sie hat als Fallma­na­ge­rin in ihrem Aufga­ben­ge­biet auch die Möglich­keit, auf die Kennt­nisse und Fähig­kei­ten zurück­zu­grei­fen, die sie in ihrer Ausbil­dung erwor­ben hat.

Generell muss also ledig­lich die Möglich­keit bestehen, dass die für die Ertei­lung der Erlaub­nis zur Berufs­aus­übung voraus­ge­setz­ten Kennt­nisse und Fähig­kei­ten zur Verwen­dung kommen könnten. Auf den Umfang der Verwen­dung (bzw. der Möglich­keit der Verwen­dung) der pflege­ri­schen Kennt­nisse in dem Sinne, dass die pflege­ri­schen Aspekte nicht ledig­lich im Randbe­reich betrof­fen sein dürfen, kommt es nicht an. In einem ähnli­chen Fall hatte das VG Koblenz 2018 ein Urteil gefällt, hier aller­dings zuguns­ten der Kläge­rin. Sie war ebenfalls gelernte Pflege­fach­kraft, aber in einem Unter­neh­men mit Geschäfts­feld im Bereich Kranken­häu­ser und Hospize tätig.

Quelle: RDG 2019, 16(1)