
Work-Life-Balance oder Psychohygiene – das Stichwort und das Konzept, das seit einigen Jahren hervorhebt, wie wichtig ein gesundes Verhältnis zwischen Privatleben und Beruf ist. Dass wir in zahlreichen populären Medienangeboten immer wieder damit konfrontiert werden, zeigt letztlich, dass es in der modernen Gesellschaft ein großes Problem ist, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit herzustellen.
Die Grenzen verschwimmen immer mehr durch permanente Erreichbarkeit und die Arbeit im „Home-Office“, die das Verschmelzen von Arbeit und Privatleben sogar im Namen trägt.
Psychohygiene: Stress steigt überall
Der „Stressreport“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erhebt alle 6 Jahre die Belastung der Bevölkerung durch die Arbeit. Letztmals 2018 veröffentlicht, beziehen die Ergebnisse der Studie die Entwicklungen durch die Corona Pandemie noch nicht mit ein. Dennoch ist ein klarer Trend erkennbar: In allen Altersgruppen steigt die mengenmäßige Arbeitsbelastung permanent an.
Während sich 2006 noch 17 Prozent der Beschäftigten überfordert fühlten, waren es 2018 schon 24 Prozent der ArbeitnehmerInnen. Außerdem gaben ca. 40 Prozent der Erwerbstätigen Probleme mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben an. Besonders signifikant fiel der Anstieg des Stresslevels im Gesundheits- und Sozialwesen aus (5 Prozentpunkte in 6 Jahren).
Dass die Belastung während der Pandemie noch einmal massiv gewachsen ist, liegt auf der Hand und wird ebenfalls durch zahlreiche Studien belegt (z.B. Psychosoziale Auswirkungen der Pandemie auf Pflegekräfte und Bewohner von Pflegeheimen sowie deren Angehörige).
Überlastung bewusst vorbeugen
Die Ergebnisse dieser Studien sollten natürlich in erster Linie eine Warnung für die Arbeitgebenden sein. Die Überlastung der Belegschaft kann langfristig nicht zu guten Ergebnissen bzw. guter Pflege führen, sondern wird häufig Kündigungen und Burn-out-Syndrome unter den Beschäftigten zur Folge haben.
Was aber können wir nun tun, um der Überlastung vorzubeugen und unser Leben gesund und glücklich leben zu können? Eine naheliegende Maßnahme ist die Reduzierung der Arbeitszeit. Eine geringere Stundenzahl ist eine einfache und wirkungsvolle Maßnahme, die uns direkt mehr Zeit für Familie, Freunde und Freizeit gibt.
Leider ist eine solche Reduktion für viele praktisch nicht möglich. Die Ursache dafür liegt meist entweder am zu geringen Einkommen oder an der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Arbeitgebenden. Der finanzielle Druck, dem wir alle durch hohe Inflation, steigenden Mieten und steigenden Energiepreisen ausgesetzt sind, stellt häufig eine existenzielle Bedrohung dar.
Andererseits ist seitens der Arbeitgebenden häufig zu hören, dass eine Reduktion auf Grund der Strukturen des Betriebs nicht möglich sei.
Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen helfen
Hier können Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen eventuell helfend zur Seite stehen. Falls eine Reduzierung der Arbeitszeit aktuell nicht in Frage kommt, können häufig Gespräche mit Vorgesetzten, in denen eine Reduzierung geplant wird, beispielsweise sobald eine neue Kollegin oder ein neuer Kollege eingestellt wird, für Erleichterung sorgen.
Sollte sich abzeichnen, dass auch in einem solchen Gespräch keine Bereitschaft besteht, den Angestellten entgegenzukommen, sollte auch ein Jobwechsel nicht ausgeschlossen werden.
Neben langfristig wirksamen Maßnahmen können oft aber auch kleine Veränderungen für Erleichterung sorgen. Für den Weg zur Arbeit das Fahrrad nutzen oder die Wiederaufnahme von Hobbies können schnell für kurzfristigen Ausgleich sorgen. Langfristig kann auch die Mitarbeit in einer Gewerkschaft oder in einer politischen Initiative bestärkend wirken.
Ein solches Engagement kann das Gefühl nehmen, dem Druck und Stress hilflos ausgeliefert zu sein, denn für eine langfristige Verbesserung braucht es eine Politik, der die Gesundheit der Bevölkerung nicht egal ist.