Ziel der Konferenz war es, verstärkt über die Wirtschaftlichkeit und Versorgungsqualität von hydroaktiven Wundauflagen zu informieren. BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt zog das Fazit: „Wir brauchen strukturierte, interdisziplinäre, zertifizierte Wundambulanzen mit einer adäquaten versicherungstechnischen Vergütung.“
Dr. Wolf-Rüdiger Klare und Dr. Michaela Knestele, beide Leiter von Wundzentren, verdeutlichten, dass die chronische Wunde ein Spezialgebiet sei, in dem sich nicht jeder niedergelassene Arzt auskennen könne. Deshalb müsse die Zusammenarbeit verbessert werden, damit niedergelassene Ärzte Problemfälle früher in Wundzentren überweisen.
In die gleiche Richtung argumentierte Dr. Alfred David vom MDK Nordrhein: „Nach einem bestimmten Zeitpunkt gehört eine chronische Wunde in ein Wundzentrum.“ Hier für eine Verbesserung zu sorgen sei die Aufgabe der organisierten Ärzteschaft.
Chronische Wunden: Ein medizinisches und ökonomisches Problem
Mehr als 4 Millionen Menschen in Deutschland haben eine chronische Wunde, zum Beispiel einen diabetischen Fuß oder einen Dekubitus (Druckgeschwür), so Daniela Piossek, Referatsleiterin Krankenversicherung beim BVMed. Damit diese Wunden abheilen, müsse man sowohl die Grunderkrankung als auch die Wunde selbst gezielt therapieren. Dies erfordere ein funktionierendes Zusammenspiel zwischen behandelndem Arzt, Pflegekraft oder Wundtherapeut, Patient und Produkteinsatz. Chronische Wunden seien aber nicht nur ein medizinisches, sondern durch die hohen Kosten für die Krankenkassen auch ein ökonomisches Problem. Moderne Wundversorgungsprodukte bieten hier die Möglichkeit, nicht nur die Versorgungsqualität zu verbessern, sondern auch Kosten einzusparen.
Leitliniengerechte Wundversorgung messbar machen
Nach Ansicht von Prof. Dr. Matthias Augustin, Leiter der Hochschulambulanz für Wunden am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, ist der Stellenwert einer qualitätsorientierten Versorgung chronischer Wunden in Deutschland noch zu gering. Schaue man sich die Behandlungsleitlinien für chronische Wunden an, seien durchaus internationale Standards vorhanden.
Aber wie kann man in der Praxis messbar machen, ob eine leitliniengemäße Behandlung vorliegt? Mit einem Projektteam erstellte Prof. Augustin aus einer Leitlinie 20 prüfbare klinische Qualitätsindikatoren, beispielsweise Schmerzanamnese, Gefäßstatus, feuchte Wundbehandlung oder Nachsorge bei Abheilung. Der nächste Schritt sei die Nutzenbewertung nach Aspekten wie Morbidität, Lebensqualität und Therapiefolgen. „Perspektive Nummer eins bei der Nutzenbewertung muss der Patient sein!“, so Prof. Augustin.
Anständige Vergütung geforderz
Die Krankenkassensicht schilderte Volker Heuzeroth von der BKK Taunus. Die Kosten für die beiden Wundarten Ulcus cruris und Dekubitus würden zulasten der GKV bei jährlich 2 bis 2,5 Milliarden Euro in Deutschland liegen. Die Krankheitsfolgekosten kämen noch hinzu, würden aber bislang noch nicht berücksichtigt. Der Lösungsansatz der BKK Taunus bezüglich der Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden bestehe in einem Vertrag zur Integrierten Versorgung (IV).
Dazu Heuzeroth: „Wir brauchen Strukturqualität. Wir brauchen die Experten, den Facharzt, die Pflegekräfte – und die müssen anständig vergütet werden. Und wir müssen informieren und weiterbilden, auch das ist die Aufgabe der Krankenkasse!“ Der IV-Vertrag laufe seit 2005. Mittlerweile seien sieben weitere Betriebskrankenkassen beigetreten, und künftig solle die Pflegekasse bei der Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden in Einrichtungen der stationären Pflege mit eingebunden werden. Fazit: „Die moderne Wundversorgung ist wirtschaftlich.“
Wundversorgung als interdisziplinäres Aufgabengebiet
Dr. Michaela Knestele, Leiterin der chirurgischen Wund- und Fußambulanz der Kreiskliniken Kaufbeuren-Ostallgäu, stellte die Rolle der Wundambulanzen in der Praxis dar. Jeder niedergelassene Arzt brauche einen Grundstandard an Wissen über die Versorgung von chronischen Wunden, müsse aber frühzeitig die Spezialisten in Wundzentren kontaktieren. „Den Hausärzten werden dabei die Patienten nicht weggenommen. Sie sollen nach wie vor zum Hausarzt gehen. Es muss interdisziplinär zusammengearbeitet werden.“
Die Wundambulanz sehe ihre Hauptaufgabe in der Koordination des vielschichtigen Therapieverlaufs. Zum Leistungsspektrum gehören die Abheilung einer chronischen Wunde, Einleitung und Durchführung der Diagnostik, Festlegung und Koordination der Therapieformen sowie die Sicherung des Therapieerfolges. Seit 2006 gebe es mit der AOK Bayern einen Integrierten Versorgungsvertrag. Bislang seien in dessen Rahmen 226 Patienten versorgt worden, und 70 Prozent der offenen Wunden seien bereits abgeheilt.