Fakt #1
Checklisten können dabei helfen, Fehler zu vermeiden und die Patientensicherheit in hochkomplexen Arbeitsgebieten zu erhöhen. Im medizinischen Umfeld gibt es vielfältige Gelegenheiten, bei denen eine Checkliste von einem oder mehreren Mitarbeitern eingesetzt werden kann. Dabei unterstützt sie auch die Entwicklung eines (gemeinsamen) Situationsbewusstseins.
Wichtig ist, dass der Einsatz gezielt erfolgt, nicht für alle Prozesse sind Checklisten sinnvoll: sie sollen dort zum Einsatz gelangen, wo große Risiken bestehen und eine Standardisierung eine Hilfe und Entlastung darstellt.
Fakt #2
Für die Ausbildung, Praxis und vor allen Dingen für das Training der Checklistenanwendung ist eine Einteilung in drei Typen sinnvoll, die sich auf die konkrete Anwendungssituation bezieht: Normalbetrieb (zum Beispiel Vorbereitung Medikamente, Gerätecheck, Patientenübergaben, Team Time Out), Problemsituation (zum Beispiel tatsächliche oder vermutete Fehlfunktion eines Gerätes, beginnende Zustandsverschlechterung eines Patienten) und Notfallsituation (zum Beispiel maligne Hyperthermie, geburtshilfliche Notfälle, Reanimation).
Fakt #3
Die Planung, Einführung und Aufrechterhaltung einer Checkliste ist keine triviale Angelegenheit, sondern eine komplexe Intervention im Umfeld der Organisationskultur. Bei der Entwicklung sollte – soweit zutreffend – eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Vorgehensweise gewählt werden. Die Inhalte einer Checkliste sollen eine spezifische Situation bzw. Aufgabenstellung abdecken, überflüssige oder mehrfache Inhalte gehören ebenso zu den „Todsünden“ wie die Erstellung ohne Einbeziehung der klinischen Mitarbeiter oder gar ohne Training und Bewertung einer neuen Checkliste nach einer Testphase. Leitungskräfte müssen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden, indem sie selber Checklisten konsequent anwenden und deren Anwendung bei allen Mitarbeitern einfordern.
Fakt #4
Ein gutes Design einer Checkliste ist ein schlichtes Design mit klarer Struktur. Zur Gestaltung gibt es vielfältige Hinweise und Empfehlungen, die insbesondere aus der Luftfahrtindustrie kommen. Hier eine Auswahl wichtiger Fragen zum Checklistendesign: Einfacher und logischer Aufbau? Einfache Wortwahl und einfache Satzstruktur? Passt die Checkliste auf eine Seite? Verwendung von Farben nur in absolut erforderlichem Umfang? Schrifttyp ohne Serifen? Texthervorhebung mittels Großbuchstaben? Schwarze Schrift auf hellem Hintergrund?
Checklisten können in unterschiedlichen Formaten vorliegen, so zum Beispiel ausgedruckt (und gegebenenfalls laminiert), als Poster an einer Wand oder elektronisch im Krankenhausinformationssystem, in mobilen Geräten oder eigens für diesen Zweck vorgesehenen Geräten.
Fakt #5
Der Einsatz einer Checkliste erzielt seine Wirkung, wenn sie die Kommunikation fördert. Ein stilles Abarbeiten ist nicht sinnvoll und kontraproduktiv. Gerade bei der Anwendung durch eine Einzelperson besteht die Gefahr, einzelne Punkte zu übersehen. Es ist wichtig, zu hören, was man sagt! Eine Checkliste dient in erster Linie nicht der rechtlichen Absicherung, auch wenn die Versuchung bestehen mag, eine vollständig abgehakte Checkliste der Patientenakte beizulegen. Der Fokus und die Funktion der Checkliste werden damit jedoch geändert. Neue Fragen der Verantwortlichkeit werden aufgeworfen, welche die korrekte Verwendung der Checkliste nicht fördern. Es ist nicht das Abhaken der Checkliste, was die Patientensicherheit erhöht, sondern die gemeinsam durchgeführten Kontrollen und die strukturierte Kommunikation. Dies bestätigte eine Befragung (O’Connor et al. 20013) von Chirurgen, Anästhesisten und Pflegekräften, die die Erforderlichkeit von Unterschriften auf der sogenannten „chirurgischen Sicherheitscheckliste“ als eine der größten Barrieren für deren Einsatz bewerteten.
Prof. Dr. Andreas Becker ist Professor für Krankenhausmanagement an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen und erster öffentlich bestellter und vereidigter „Sachverständiger für Qualitäts- und Risikomanagement in Krankenhäusern“