In naher Zukunft kann die Visite beim Arzt online geschehen
In naher Zukunft kann die Visite beim Arzt online gesche­hen, ohne dass es jemals zum realen Kontakt gekom­men ist. Bild: Andrey Popov | Dreamstime.com

Laut einem Bericht von Spiegel Online wird es ab Mai 2018 für Ärzte möglich sein, ihre Patien­ten ausschließ­lich online zu behan­deln. Bisher war, aufgrund des Fernbe­hand­lungs­ver­bo­tes, die Behand­lung via Tablet und Co. nämlich nur möglich, wenn sich Arzt und Patient schon einmal tatsäch­lich real getrof­fen hatten. Nun soll sich das ändern; die Bundes­ärz­te­kam­mer (BÄK) soll dafür beim nächs­ten Ärzte­tag das Verbot lockern und damit die Weichen für mehr Digita­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen legen.

Jahre­lang haben sich Ärzte und Daten­schutz-Exper­ten gegen eine solche Form der Behand­lung ausge­spro­chen. Bisher war die rein digitale Behand­lung nur in wenigen Ausnah­me­fäl­len bezie­hungs­weise in einigen Modell-Projek­ten möglich. Das Aufhe­ben des Verbots könnte die momen­tan drasti­sche Unter­ver­sor­gung in ländli­chen Regio­nen entspan­nen, denn nach wie vor zieht es junge Ärzte in Großstädte, während die ländli­chen Regio­nen über Ärzte­man­gel klagen. Durch eine Online-Visite könnte man dieser Entwick­lung etwas gegen­wir­ken.

Neue Perspek­tive für die Wundver­sor­gung?

Durch die Locke­rung des Verbots eröff­nen sich neue Möglich­kei­ten in der Behand­lung von Patien­ten mit chroni­schen Wunden. Älteren Menschen, die aufgrund von Schmer­zen oder einge­schränk­tem Bewegungs­ver­mö­gen nicht in der Lage sind, den langen Weg zu der Arztpra­xis zu gehen, kann jetzt mit einer Visite via Tablet gehol­fen werden. Der behan­delnde Arzt hätte nämlich nach wie vor die Möglich­keit, den Behand­lungs­ver­lauf einer Wunde zu beurtei­len und auf Fragen seiner Patien­ten einzu­ge­hen.

Ein Modell­pro­jekt im Lauren­ti­us­heim (Gohfeld) zeigt, dass es möglicht ist – der dortige Bereichs­lei­ter nimmt einer Bewoh­ne­rin ihren Verband ab und kontak­tiert über das System Elvi (Elektro­ni­sche Visite) einen Chirur­gen. Mit einer separa­ten Kamera kann der Pfleger das Bein der Bewoh­ne­rin aus verschie­de­nen Winkeln darstel­len, während der behan­delnde Arzt aus der Ferne über den Heilungs­pro­zess urteilt. Für die Visite wird natür­lich vorher ein Termin gemacht – digital versteht sich. Und das Projekt scheint zu wirken.

Aus der Entschei­dung der BÄK ergeben sich zwar neue Perspek­ti­ven, aller­dings gibt es auch noch offene Fragen. Zwar ist der Ärzte­man­gel in ländli­chen Regio­nen ein Problem, gibt es aber überhaupt eine digitale Infra­struk­tur um eine flächen­de­ckende Online-Versor­gung zu gewähr­leis­ten? Wer auf dem Land Urlaub gemacht hat, oder in die Großstadt gezogen ist, kennt es nämlich: das langsame Inter­net. In manchen Gegen­den ist das Verschi­cken einer E‑Mail teilweise ein mühsa­mes und zähes Unter­fan­gen – wie soll dann erst eine Video­über­tra­gung möglich sein? Und diese muss auch in einer guten Quali­tät gestreamt werden, damit sich der behan­delnde Arzt einen guten Überblick über die Wunde verschaf­fen kann.

Auch wenn einige Fragen offen sind, bleibt es spannend zu beobach­ten, wie die Digita­li­sie­rung auch im deutschen Gesund­heits­we­sen langsam Gestalt annimmt.

Quelle: Neue Westfä­li­sche, Spiegel Online, Paul Hartmann AG