Laut einem Bericht von Spiegel Online wird es ab Mai 2018 für Ärzte möglich sein, ihre Patienten ausschließlich online zu behandeln. Bisher war, aufgrund des Fernbehandlungsverbotes, die Behandlung via Tablet und Co. nämlich nur möglich, wenn sich Arzt und Patient schon einmal tatsächlich real getroffen hatten. Nun soll sich das ändern; die Bundesärztekammer (BÄK) soll dafür beim nächsten Ärztetag das Verbot lockern und damit die Weichen für mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen legen.
Jahrelang haben sich Ärzte und Datenschutz-Experten gegen eine solche Form der Behandlung ausgesprochen. Bisher war die rein digitale Behandlung nur in wenigen Ausnahmefällen beziehungsweise in einigen Modell-Projekten möglich. Das Aufheben des Verbots könnte die momentan drastische Unterversorgung in ländlichen Regionen entspannen, denn nach wie vor zieht es junge Ärzte in Großstädte, während die ländlichen Regionen über Ärztemangel klagen. Durch eine Online-Visite könnte man dieser Entwicklung etwas gegenwirken.
Neue Perspektive für die Wundversorgung?
Durch die Lockerung des Verbots eröffnen sich neue Möglichkeiten in der Behandlung von Patienten mit chronischen Wunden. Älteren Menschen, die aufgrund von Schmerzen oder eingeschränktem Bewegungsvermögen nicht in der Lage sind, den langen Weg zu der Arztpraxis zu gehen, kann jetzt mit einer Visite via Tablet geholfen werden. Der behandelnde Arzt hätte nämlich nach wie vor die Möglichkeit, den Behandlungsverlauf einer Wunde zu beurteilen und auf Fragen seiner Patienten einzugehen.
Ein Modellprojekt im Laurentiusheim (Gohfeld) zeigt, dass es möglicht ist – der dortige Bereichsleiter nimmt einer Bewohnerin ihren Verband ab und kontaktiert über das System Elvi (Elektronische Visite) einen Chirurgen. Mit einer separaten Kamera kann der Pfleger das Bein der Bewohnerin aus verschiedenen Winkeln darstellen, während der behandelnde Arzt aus der Ferne über den Heilungsprozess urteilt. Für die Visite wird natürlich vorher ein Termin gemacht – digital versteht sich. Und das Projekt scheint zu wirken.
Aus der Entscheidung der BÄK ergeben sich zwar neue Perspektiven, allerdings gibt es auch noch offene Fragen. Zwar ist der Ärztemangel in ländlichen Regionen ein Problem, gibt es aber überhaupt eine digitale Infrastruktur um eine flächendeckende Online-Versorgung zu gewährleisten? Wer auf dem Land Urlaub gemacht hat, oder in die Großstadt gezogen ist, kennt es nämlich: das langsame Internet. In manchen Gegenden ist das Verschicken einer E‑Mail teilweise ein mühsames und zähes Unterfangen – wie soll dann erst eine Videoübertragung möglich sein? Und diese muss auch in einer guten Qualität gestreamt werden, damit sich der behandelnde Arzt einen guten Überblick über die Wunde verschaffen kann.
Auch wenn einige Fragen offen sind, bleibt es spannend zu beobachten, wie die Digitalisierung auch im deutschen Gesundheitswesen langsam Gestalt annimmt.
Quelle: Neue Westfälische, Spiegel Online, Paul Hartmann AG
1 Kommentar
Die chronische Wunde eignet sich wunderbar via Tele Medizin behandelt zu werden. Die absolut wichtigste Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Beteiligten die Kompressionstherapie beherrschen. Und die Diagnostik erfolgt ist!
Man sollte schnellstens darüber nachdenken, dass Flege Experten Doppler Untersuchungen erlernen dürfen und auch anwenden. Warum sollte das nicht gehen?! Dann kann der Wundbehandlung vor dem ersten Kompressionsverband Den Dopplerdruck messen und es schleichen sich keine gefährlichen Fehler ein.