Karriere im Berufsleben - eine Behinderung soll dabei kein Hinderniss sein.
Karriere im Berufs­le­ben – eine Behin­de­rung soll dabei kein Hinder­niss sein. Bild: © Viaches­lav Iacob­chuk | Dreamstime.com

#1: Beset­zung freier Arbeits­plätze durch Menschen mit Behin­de­rung

Nach § 164 Absatz 1 des Neunten Buchs Sozial­ge­setz­buch (nachfol­gend abgekürzt mit SGB IX) ist der Arbeit­ge­ber im öffent­li­chen Dienst verpflich­tet zu überprü­fen, ob eine freie Arbeits­stelle durch einen schwer­be­hin­der­ten Menschen besetzt werden kann. Dabei hat er insbe­son­dere die bei der Agentur für Arbeit gemel­de­ten Menschen mit Behin­de­rung zu berück­sich­ti­gen. Der Arbeit­ge­ber muss sich bei der Agentur erkun­di­gen, ob es einen fachlich geeig­ne­ten Bewer­ber für die freie Stelle gibt.

Auch eine neu ausge­schrie­bene Stelle im Betrieb ist vom Arbeit­ge­ber bei der Agentur für Arbeit zu vermel­den. Nimmt der Arbeit­ge­ber diese Pflich­ten nicht wahr, so kann die Perso­nal­ab­tei­lung seine Zustim­mung für einen statt­des­sen gewähl­ten Bewer­ber nach § 99 Absatz 2 des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz verwei­gern.

Findet sich ein Bewer­ber mit Behin­de­rung, so muss der Arbeit­ge­ber diesen auch zum Vorstel­lungs­ge­spräch einla­den. Voraus­ge­setzt, der Bewer­ber bringt die entspre­chen­den Quali­fi­ka­tio­nen mit. Dies regelt § 165 SGB IX.

Des Weite­ren besagt § 154 SGB IX , dass der Arbeit­ge­ber bei durch­schnitt­lich mindes­tens 20 Arbeits­plät­zen pro Monat, wenigs­tens 5 Prozent davon mit schwer­be­hin­der­ten Menschen beset­zen muss.

In diesem Fall entspricht dies einem behin­der­ten Mitar­bei­ter auf 20 Beschäf­tigte. Passiert dies nicht, so muss der Arbeit­ge­ber für jeden unbesetz­ten Platz eine Ausgleichs­ab­gabe zahlen (§ 160 SGB IX):

(2) Die Ausgleichs­ab­gabe beträgt je unbesetz­tem Pflicht­ar­beits­platz<

  1. 125 Euro bei einer jahres­durch­schnitt­li­chen Beschäf­ti­gungs­quote von 3 Prozent bis weniger als dem gelten­den Pflicht­satz,
  2. 220 Euro bei einer jahres­durch­schnitt­li­chen Beschäf­ti­gungs­quote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent,
  3. 320 Euro bei einer jahres­durch­schnitt­li­chen Beschäf­ti­gungs­quote von weniger als 2 Prozent.

§ 160 Absatz 2 SGB IX

Die entspre­chen­den Daten sind jährlich an die Agentur für Arbeit zu vermit­teln. Erkenn­bar ist, dass es sich hierbei um recht moderate Summen handelt.

#2: Zusätz­li­cher Urlaub für Schwer­be­hin­derte

Schwer­be­hin­derte Arbeit­neh­mer haben grund­sätz­lich einen Anspruch auf ein paar Urlaubs­tage mehr im Jahr. Dies regelt § 208 SGB IX. Die Anzahl der zusätz­li­chen Tage ist abhän­gig davon, wie viele Arbeits­tage die Pflege­kraft norma­ler­weise pro Woche absol­viert.

Arbei­tet die behin­derte Pflege­kraft an 5 Tagen die Woche, so stehen ihr jährlich 5 zusätz­li­che Urlaubs­tage zu. Bei einer 3‑Tage-Woche wären es 3 zusätz­li­che freie Tage etc. Die Zahl kann sich sogar noch erhöhen, wenn tarif­li­che, betrieb­li­che oder sonstige Urlaubs­re­ge­lun­gen im Betrieb gelten.

#3: Freistel­lung von Mehrar­beit

§ 207 SGB IX besagt, dass eine schwer­be­hin­derte Arbeits­kraft auf Verlan­gen von der Mehrar­beit freige­stellt werden muss. Mehrar­beit heißt in diesem Fall, dass die Person die tägli­che Maximal­ar­beits­zeit von 8 Stunden ( in Anleh­nung an § 3 Satz 1 ArbZG) überschrei­tet.

Schwer­be­hin­derte Kräfte haben in diesem Fall die Wahl: Sie dürfen auf ihren Wunsch auch Überstun­den leisten, können aber auf Verlan­gen ebenso darauf verzich­ten.

#4: Beson­de­rer Schutz vor Kündi­gun­gen

Will der Arbeit­ge­ber das Arbeits­ver­hält­nis zwischen den beiden Parteien kündi­gen, so muss dieser sich nach § 168 SGB IX die Zustim­mung des Integra­ti­ons­am­tes beschaf­fen. Dazu ist ein schrift­li­cher Antrag mit Angaben zum Arbeit­neh­mer, zum Betrieb und zur Art der Kündi­gung von Nöten. Anschlie­ßend holt sich das Amt eine Stellung­nahme des Betriebs­ra­tes sowie der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung ab.

Auch der betrof­fene Mitar­bei­ter wird zur Äußerung gebeten. Das Integra­ti­ons­amt prüft nur, ob die Kündi­gung im Zusam­men­hang mit der Behin­de­rung des Mitar­bei­ters steht. Wider­spricht das Amt dem Vorha­ben des Arbeit­ge­bers, so ist die Kündi­gung sofort unwirk­sam. Gibt es jedoch die Zustim­mung, so hat dieser einen Monat Zeit, um die Kündi­gung zu erklä­ren (siehe §§ 170 und 171 SGB IX).

Der Arbeit­ge­ber selbst muss die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung im Vorfeld der Kündi­gungs­ab­gabe anhören, sonst ist die Kündi­gung im Sinne des § 178 Absatz 2 Satz 3 SGB IX ebenfalls ungül­tig.

Ob sich der Arbeit­ge­ber zuerst an das Integra­ti­ons­amt oder an die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung wendet, obliegt nach einem Urteil des BAG vom 13. Dezem­ber 2018 – 2 AZR 378/18 gänzlich ihm.