Petra Bleckmann fragt: Was ist aus juristischer Sicht zu beachten, wenn ein Patient über ein anwaltliches Schreiben bekannt gibt, dass er Schadensersatzanspüche wegen einer fehlerhaften Behandlung geltend machen will?
Antwort der Redaktion: Nach dem Bekanntwerden eines Schadenfalles bedarf es der Koordination von allen Personen, die am Behandlungsgeschehen beteiligt gewesen sind. In jedem Fall sollte der betroffene Arzt oder die Pflegekraft über den jeweiligen Dienstvorgesetzten unverzüglich den Arbeitgeber über den Vorgang informieren. Diesem obliegt gemäß § 5 Ziffer 2 AHB gegenüber dem Haftpflichtversicherer die schriftliche Bekanntgabe des Haftpflichtschadens spätestens innerhalb von einer Woche.
In keinem Fall darf gegenüber dem Patienten oder dessen Anwalt ein Schuldanerkenntnis abgegeben werden. Dieses Anerkenntnisverbot enthält zugleich das Recht, ein schuldhaftes Verhalten zu leugnen oder keinerlei Erklärungen abzugeben. Wenngleich ein außergerichtliches Gespräch, grundsätzlich geeignet sein mag, den weiteren Geschehensablauf zu deeskalieren, kann die Kontaktaufnahme mit dem geschädigten Patienten oder dessen Vertrauten eine Gratwanderung zwischen Selbstbezichtigung und Selbstverteidigung bedeuten. Daher ist höchste Vorsicht geboten.
Ist zu erwarten, dass die Frage der Fehlerhaftigkeit der Behandlung streitig bleibt oder das Verhältnis zum Patienten nachhaltig gestört ist, sollte ein Gespräch mit dem Patienten gänzlich unterbleiben. Sind dennoch Aussprachen gewünscht, ist anzuraten, dass diese wegen der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten und der Gefahr der Fehlinterpretation stets im Beisein eines Kollegen stattfinden und die Gesprächsstrategie zuvor mit dem Haftpflichtversicherer abgesprochen wurde.
Sofern an dem Schadensereignis ein öffentliches Interesse bestehen sollte, ist zudem ein professioneller Umgang mit der Presse erforderlich. Sinnvollerweise erfolgt die Presseinformation durch eine neutrale, nicht persönlich betroffene Person (Pressesprecher, Rechtsanwalt). Bei allen Meldungen nach außen ist zu beachten, dass nicht ohne weiteres das gesamte Wissen über die Behandlungsumstände preisgegeben werden darf.
Der Anspruch der Öffentlichkeit auf Information (Artikel 5 GG) muss stets sehr sorgfältig gegenüber dem Gebot der Schweigepflicht (§ 203 StGB) abgewogen werden. Im Zweifel genießt das Persönlichkeitsrecht des Patienten (Artikel 1 und Artikel 2 des Grundgesetzes) den Vorrang.