Die neue Corona-Warn-App ist erst seit letztem Dienstag (16.6.2020) erhältlich, doch die Downloadzahlen im App-Store und bei Google Play schnellen bereits jetzt rapide in die Höhe. Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurde die App bereits 12 Millionen Mal heruntergeladen (Stand: 24.6.2020).
Die Corona-Warn-App wird vom Robert Koch-Institut für die Bundesregierung herausgegeben. Mit der Software sollen Infektionsketten leichter nachverfolgt und unterbrochen werden können. Die App unterstützt die Arbeit der Gesundheitsämter und hilft zudem bei der Steuerung der Corona-Test-Kapazitäten.
Tracing statt Tracking – Benutzer bleiben anonym
Über Bluetooth tauschen die Smartphones der App-Nutzer zufällige Zahlencodes miteinander aus. Die Codes werden gespeichert und nach 14 Tagen automatisch gelöscht. Ist eine Person nachweislich infiziert, kann sie dies in der App vermerken. Die Personen, die sich zuvor in der Nähe der/des Erkrankten aufgehalten haben, werden daraufhin benachrichtigt und erhalten zusätzlich dazu Ratschläge zum weiteren Vorgehen.
Da es sich lediglich um eine Tracing-App handelt, wird lediglich über die Bluetooth-Funktion des Smartphones erfasst, ob und wann ein relevanter Kontakt stattgefunden hat. Unerkannt bleiben hingegen der Ort des Geschehens sowie die Identität der Nutzer. Es findet also kein Standort-Tracking statt. Die Corona-Warn-App erweist sich damit also als datenschutzfreundlicher als andere Tracking-Tools.
Achtung: Bei Android-Geräten muss seit Android 6.0 (Marshmallow) die grobe Standortermittlung aktiv sein, damit Bluetooth genutzt werden kann. Dadurch könnten theoretisch andere Apps oder Google-Dienste die Standortdaten auswerten. In den Berechtigungen von jeder App ist es jedoch möglich, den Standortzugriff zu deaktivieren.
Die Nutzung der App ist nicht verpflichtend, sondern erfolgt freiwillig. Das RKI weist allerdings darauf hin, dass diese lediglich eine Ergänzung zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers darstellt. Daher bleibt die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter weiterhin relevant, gerade im Hinblick auf Personen ohne Smartphone. Auch die laut Infektionsschutz vorgeschriebenen Meldewege müssen trotz der Corona-App weiterhin befolgt werden.
Bundesregierung in der Kritik
Doch nicht jeder, der ein Smartphone besitzt, kann die App tatsächlich nutzen. Besitzer von Android-Handys benötigen mindestens die Software-Version 6.0 (Marshmallow), Apple-User müssen das Betriebssystem iOS 13.5 auf ihren Geräten installiert haben.
Personen mit einem iPhone 6 können dieses System beispielsweise nicht installieren – und somit die App nicht nutzen. Zudem läuft die App mit einer neueren Bluetooth-LE-Technologie.
Dies sorgt gerade für Kritik an der Regierung, die damit einen großen Teil der Bevölkerung von der Nutzung der App ausschließt. Die netzpolitische Sprecherin der Linken, Anke Domscheidt-Berg sagte bei ZDFheute, dieses Problem müsse grundsätzlich gelöst werden. Schließlich seien gerade ärmere Menschen häufig diejenigen, denen die Nutzung der App verwehrt bleibt. Eine Möglichkeit bestehe zum Beispiel darin, mit einem „Recht auf Reparatur“, ein neueres Bluetooth-Modul in die älteren Geräte einzubauen und sie funktionstauglich zu machen, so Domscheit-Berg.
Klaus Müller, Vorstandsvorsitzender der Verbraucherzentrale des Bundesverbands, verteidigt hingegen die Bundesregierung. Zwar hätten sich viele Menschen beschwert, die App nicht nutzen können, jedoch erfordere dieses nun einmal bestimmte technische Voraussetzungen, die eben nicht alle Handys erfüllen.
Doch nicht nur wegen der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten steht die App in der Kritik. Es bleibt die Frage offen, wie sicher das Programm tatsächlich ist. Kritiker befürchten nach Angaben der Tagesschau, eine Sicherheitslücke bei der in der App enthaltenen Telefon-Hotline identifiziert zu haben. Auch die QR-Codes, die bei einem positiven Test gescannt werden können, würden Hackern eine gewisse Angriffsfläche bieten. Alles in allem schneidet die App bei Datenschützen jedoch sehr positiv ab.
Hinweis: Die Corona-Warn-App wird als Schwerpunktthema auch in der kommenden Ausgabe Juli/August 2020 der Rechtsdepesche aufgegriffen.
Quelle: RKI, Verbraucherzentrale, Bundesregierung