Fast 200 Teilnehmer debattierten mit den Referenten Rolf Höfert und Prof. Dr. Volker Großkopf.
Fast 200 Teilneh­mer debat­tier­ten mit den Referen­ten Rolf Höfert und Prof. Dr. Volker Großkopf.

Fast 200 Teilneh­me­rin­nen und Teilneh­mer nutzten die Gelegen­heit, sich über den neues­ten Stand der Wundver­sor­gung zu infor­mie­ren und mit den Referen­ten ihre Fragen im Plenum zu erörtern.

Die Patien­ten­für­sorge und die Verbes­se­rung der Lebens­qua­li­tät der Betrof­fe­nen standen im Vorder­grund der Veran­stal­tung. Statis­ti­ken belegen, dass das Wundma­nage­ment eine Schwach­stelle darstellt – auch in punkto Finan­zen: 4 Millio­nen Menschen leiden an chroni­schen Wunden, für deren Behand­lung 8 bis 9 Milli­ar­den Euro im Jahr aufge­wen­det werden müssen – Tendenz steigend.

„Dekubi­tus-Prophy­laxe ist nicht verord­nungs­fä­hig“, erklärte Rolf Höfert, Geschäfts­füh­rer des Deutschen Pflege­ver­ban­des (DPV). Etwa 800.000 Patien­ten seien jährlich von dem Problem Dekubi­tus betrof­fen.

Prof. Dr. Volker Großkopf von der Katho­li­schen Fachhoch­schule Köln erklärte den hinsicht­lich Wundver­sor­gung und ‑behand­lung kompli­zier­ten und komple­xen Haftungs­be­reich zwischen Arzt und Pflege­kraft. Während der Arzt für die ordnungs­ge­mäße Diagnose sowie die Delega­tion der entspre­chen­den Maßnah­men haftet, steht die Pflege­kraft für die sach- und fachge­rechte Durch­füh­rung in haftungs­recht­li­cher Verant­wor­tung. Handelt sie wider besse­res Wissen, kann sie haftungs­recht­lich belangt werden. Ein Problem dabei sei aller­dings, so Großkopf, dass es in der Wundver­sor­gung keine verbind­li­chen Standards existier­ten.

„Einen Dualis­mus zwischen Ärzten und den Wundspe­zia­lis­ten aus der Pflege darf es nicht geben“, forderte Dr. Hartmut Steffens. Gleich­zei­tig räumte er jedoch ein, dass seitens der Ärzte der Versor­gung und Behand­lung von chroni­schen Wunden lange Zeit nicht die ihr zukom­mende Aufmerk­sam­keit beigemes­sen wurde. Kein Wunder also, dass der Pflege­be­reich diesen medizi­ni­schen Sektor für sich erarbei­tete und entspre­chende Kompe­tenz beanspruchte.

Die recht­li­che Lage der Pflege­kraft beleuch­tete Uschi Laag, Diplo­man­din der Katho­li­schen Fachhoch­schule Köln. Proble­ma­tisch sei die Situa­tion vor allem in der Alten­pflege, da es hier kein ärztli­ches Weisungs­recht gibt. Dies entbin­det jedoch nicht von der zivil- und straf­recht­li­chen Haftung – eine recht schwie­rige Position für das Pflege­per­so­nal.

Dr. Elke Mohr vom Medizi­ni­schen Dienst Hamburg referierte über die Stellung sowie die Möglich­kei­ten des MDK. Er kann nur im Auftrag der Kranken- und Pflege­kas­sen tätig werden – und er entschei­det nach Akten­lage. Zugleich darf aber nicht außer Acht gelas­sen werden, dass die Empfeh­lun­gen des MDK für den behan­deln­den Arzt nicht bindend sind.

Für Werner Sellmer, Fachapo­the­ker für klini­sche Pharma­zie, stellt die chroni­sche Wunde ein eigenes Krank­heits­bild dar. Daher darf Wundver­sor­gung und ‑behand­lung nicht mit Verzweif­lungs­the­ra­pien und drasti­schen Wirkstof­fen arbei­ten, sondern muss vielmehr ein feinglied­ri­ges Wundma­nage­ment anbie­ten. Was genau das ist, steht aller­dings bislang nicht fest. Leitli­nien existie­ren nicht, und eine lokale Wundfi­bel, wie sie der Landes­be­trieb Kranken­häu­ser in Hamburg erarbei­tet hat, hilft nur parti­ell.

Dr. Hartmut Steffens fordert einen positi­ven Skepti­zis­mus, der eigent­lich für alle Berei­che des Gesund­heits­we­sens gilt. „Wir irren uns empor“, zitierte er den Philo­so­phen und Wissen­schafts­theo­re­ti­ker Karl Popper.