Patientensicherheit
Am 17. Septem­ber ist Welttag der Patien­ten­si­cher­heit. Bild: © Attila BarabA!s | Dreamstime.com

Anläss­lich des Welttags der Patien­ten­si­cher­heit (World Patient Safety Day) am 17. Septem­ber plädiert die Deutsche Gesell­schaft für Chirur­gie dafür, vor wichti­gen Opera­tio­nen häufi­ger Zweit­mei­nun­gen einzu­ho­len. Zugleich sollen Patien­ten den Mut haben, Fragen zu stellen und ihre Beden­ken zu äußern.

Mit einem anderen Aspekt der Patien­ten­si­cher­heit beschäf­tigt sich der Bundes­ver­band Medizin­tech­no­lo­gie: Er tritt für eine bessere Hände­hy­giene in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen ein, um Kranken­haus-Infek­tio­nen verhin­dern zu helfen.

Chirur­gen-Verband: zu viele OPs

In Deutsch­land werde im inter­na­tio­na­len Vergleich zu viel operiert, so die Deutsche Gesell­schaft für Chirur­gie (DGCH). „Die Gründe dafür liegen häufig im ökono­mi­schen Druck, der mit dem Errei­chen bestimm­ter Mindest­men­gen-Vorga­ben oder Fallzah­len verbun­den ist“, so DGCH-General­se­kre­tär Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen.

Um dem entge­gen­zu­steu­ern, ist es notwen­dig, häufi­ger ärztli­che Zweit­mei­nun­gen vor größe­ren Opera­tio­nen einzu­ho­len. Seit 2019 haben Patien­ten deshalb einen gesetz­li­chen Anspruch auf ein geregel­tes ärztli­ches Zweit­mei­nungs­ver­fah­ren, das von den Kranken­kas­sen übernom­men werden muss.

Diese Verfah­ren können eine Reihe an planba­ren Eingrif­fen und Opera­tio­nen betref­fen, deren Liste immer wieder erwei­tert wird – zuletzt im Juli dieses Jahres um Eingriffe am Hüftge­lenk; ab Oktober ist eine für den Patien­ten kosten­lose Zweit­mei­nung auch bei geplan­ten Eingrif­fen an Aorten-Aneurys­men (Erwei­te­run­gen der Haupt­schlag­ader) möglich. Bei diesen Fällen würden in Deutsch­land 40 Prozent außer­halb der Leitli­nie operiert. Norma­ler­weise ist hier eine OP erst ab 5,5 Zenti­me­tern Aorten-Ausdeh­nung vorge­se­hen.

Mehr ärztli­che Zweit­mei­nun­gen einho­len

„Patien­tin­nen und Patien­ten mit rechts­sei­ti­gen Unter­bauch­schmer­zen werden in Deutsch­land viel häufi­ger operiert als in anderen Ländern“, nennt DGCH-Präsi­dent Profes­sor Dr. med. Udo Rolle ein weite­res Beispiel.

Während eine akute Blind­darm­ent­zün­dung sofort operiert werden muss, kann bei einer unkom­pli­zier­ten Appen­di­zi­tis als Alter­na­tive auch eine Behand­lung mit Antibio­tika in Betracht gezogen werden.

Ein struk­tu­rier­tes gesetz­li­ches Recht auf Zweit­mei­nung bewahre Patien­ten unter Umstän­den vor unnöti­gen Risiken, gebe der Chirur­gie mehr Indika­ti­ons-Sicher­heit und entlaste insge­samt das Gesund­heits­sys­tem von Kosten.

„Dies sollte der Fall sein vor allem für schwer­wie­gende und lebens­ver­än­dernde Opera­tio­nen etwa an Bauch­spei­chel­drüse, Speise­röhre oder Mastdarm“, meint Schmitz-Rixen. „Das wäre ein wichti­ger Beitrag zur Patien­ten­si­cher­heit, sofern es sich nicht um akute Erkran­kun­gen handelt, die sofort behan­delt werden müssen“, ergänzt der Verbands­prä­si­dent Rolle.

Patien­ten sollten sich deshalb nicht scheuen, sich über Diagnose und Behand­lung zu infor­mie­ren, Fragen zu stellen, Beden­ken zu äußern und ihre Meinung kundzu­tun, appel­liert Rolle.

Hände­hy­giene gezielt fördern hilft Klinik-Anste­ckun­gen verhin­dern

Auch stren­gere Hygie­ne­maß­nah­men in Einrich­tun­gen des Gesund­heits­we­sens können zu einer besse­ren Patien­ten­si­cher­heit führen. Auf das Thema Hände­hy­giene in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen macht der Bundes­ver­band Medizin­tech­no­lo­gie (BVMed) aufmerk­sam.

„Ein Drittel der nosoko­mia­len, also Behand­lungs-assozi­ier­ten, Infek­tio­nen gilt als vermeid­bar. Wir brauchen deshalb ein Bündel an Hygie­ne­maß­nah­men und Anstren­gun­gen aller Betei­lig­ten. Denn jeder hat ein Recht, vor gefähr­li­chen und im Zweifel lebens­be­droh­li­chen Infek­tio­nen geschützt zu werden“, so BVMed-Geschäfts­füh­rer und Vorstands­mit­glied Dr. Marc-Pierre Möll. Nosoko­miale Infek­tio­nen sind Infek­tio­nen durch Mikro­or­ga­nis­men.

Als konkrete Schritte schlägt der Verband unter anderem die gezielte Erfas­sung und Veröf­fent­li­chung von Daten zu nosoko­mia­len Infek­tio­nen vor; mehr Ressour­cen für quali­fi­zierte Hygie­ne­fach­kräfte sowie spezi­fi­sche Produkte seien bereit­zu­stel­len und zu sichern.

In Einrich­tun­gen müsse primär­prä­ven­ti­ver Denkan­satz herrschen und alle Akteure gemein­sam agieren. Weiter brauche es innova­tive, auch digitale Lösungs­an­sätze für einen effizi­en­te­ren Infek­ti­ons­schutz und zur Erhöhung der Compli­ance, also der Anwen­dungs­treue.

„Infek­ti­ons­prä­ven­tion ist von großer Bedeu­tung und kann beitra­gen, in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen Infek­tio­nen zu verhin­dern und damit sogar Leben retten“, so BVMed-Hygie­ne­ex­per­tin Miriam Rohloff. Deshalb sei es gut, dass beispiels­weise der gestie­gene Hygie­ne­auf­wand in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen künftig über einen separa­ten Zuschlag vergü­tet werde.

Seit 2019 weltwei­ter Aktions­tag

Der Welttag der Patien­ten­si­cher­heit wurde 2019 von der Weltge­sund­heits-Organi­sa­tion (WHO) ausge­ru­fen. Dieses Jahr steht er unter dem Motto „Sichere Diagnose. Richtige Behand­lung. Gemein­sam für Diagno­se­si­cher­heit“.

In Deutsch­land koordi­niert das Aktions­bünd­nis Patien­ten­si­cher­heit (APS) die Aktivi­tä­ten zum Welttag; ruft bundes­weit Mitar­bei­tende und Insti­tu­tio­nen im Gesund­heits­we­sen auf, sich mit Aktio­nen rund um den 17. Septem­ber zu betei­li­gen.

Hierzu finden an weit mehr als 200 Kranken­häu­sern und weite­ren Einrich­tun­gen in Deutsch­land und Öster­reich sowohl interne als auch externe Veran­stal­tun­gen statt. Um ein Signal für mehr Patien­ten­si­cher­heit zu setzen, erleuch­ten einige der teilneh­men­den Häuser ihre Fassa­den in Orange.