Pflegeausbildung
Wohin führt der Weg der Pflege­aus­bil­dung bei einer Abbre­cher­quote von rund 30 Prozent?

Mehr Menschen für die Pflege zu begeis­tern ist eine der großen Heraus­for­de­run­gen der Gesund­heits­po­li­tik in den kommen­den Jahren. Der größte Schritt dahin wäre sicher­lich die Reduzie­rung der hohen Arbeits­be­las­tung. Im Zuge der Corona­pan­de­mie stiegen viele Pflege­kräfte aus ihrem Beruf aus. Uns auch in der Pflege­aus­bil­dung war ein ähnli­cher Trend zu beobach­ten – bis jetzt?

Hohe Abbre­cher­quo­ten

Jens Reinwardt, Geschäfts­füh­rer der Akade­mie der Gesund­heit Berlin/Brandenburg e.V., erklärte gegen­über dem rbb, dass von den 190.000 derzei­ti­gen Pflege-Auszu­bil­den­den etwa 30 Prozent die Lehre wieder abbre­chen würden. In Zahlen summiert sich das auf knapp 57.000 Ausbil­dungs­ab­bre­cher. Ein Großteil der Auszu­bil­den­den verlas­sen den Pflege­be­ruf sogar schon im ersten Studi­en­se­mes­ter oder im ersten Ausbil­dungs­jahr.

Obwohl der theore­ti­sche Stoff im letzten Jahr vornehm­lich über Online-Seminare vermit­telt wurde, ist die Corona­pan­de­mie nicht der Haupt­grund für die hohe Abbre­cher­quote, sondern vielmehr die hohe Belas­tung schon zu Beginn der Ausbil­dung. Laut Reinwardt würden Pflege-Auszu­bil­dende zu früh in Kranken­häu­ser und Pflege­heime geschickt und müssen dort ein Pensum wie eine ausge­lernte Vollzeit-Pflege­kraft erfül­len.

Man täte gut daran, die Praxis­er­fah­run­gen erst etwas später und unter angemes­se­ner Betreu­ung in die Ausbil­dung einflie­ßen zu lassen. Laut Franz Wagner, ehema­li­ger Präsi­dent des Deutschen Pflege­rats, ist letzte­res eine Folge des bereits existie­ren­den Perso­nal­man­gels. Die eigent­li­che Ausbil­dung kommt zu kurz.

„Der Zeitdruck ist enorm. Man darf sich für das Anlegen eines Kompres­si­ons­strump­fes beispiels­weise nur die vorgschrei­be­nen fünf Minuten nehmen. Oft würgt man den Patien­ten auch in seinem Redefluss ab, weil man zum nächs­ten muss“, sagt die genera­lis­ti­sche Pflege­schü­le­rin Franziska in einer Repor­tage des Bayeri­schen Rundfunks. Es sei deshalb schade, da die Kunden natür­lich ein großes Bedürf­nis haben, mehr Zeit mit der Pflege­kraft zu verbrin­gen und Gesprä­che zu führen.

Dies war auch schon vor der Einfüh­rung der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung so. Der BR berich­tete bereits vor zwei Jahren über den Zeitdruck, unter dem Pflege-Azubis häufig arbei­ten müssen.

Besse­rung durch genera­lis­ti­sche Pflege­aus­bil­dung?

Mit der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung habe man die Quali­tät und Attrak­ti­vi­tät der Ausbil­dung jedoch insge­samt verbes­sern können. Die Inhalte der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung seien laut Franz Wagner insge­samt neuer und umfas­sen­der.

Die genera­lis­ti­sche Pflege­aus­bil­dung gilt seit dem 1. Januar 2020 und bildet Pflege­schü­ler seitdem zu „Pflege­fach­män­nern“ und „Pflege­fach­frauen“ aus. Anders als zuvor werden in der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung die Berei­che der Alten­pflege, der Gesund­heits- und Kranken­pflege sowie die Kinder­kran­ken­pflege zusam­men­ge­legt. Somit ist es Auszu­bil­den­den später möglich, in allen Versor­gungs­be­rei­chen arbei­ten zu können.

Branden­burgs Gesund­heits­mi­nis­te­rin Ursula Nonne­ma­cher (Bündnis 90/Die Grünen) wider­sprach im rbb zugleich den oben genann­ten Zahlen. Bei all denen, die im Jahr 2020 ihre Pflege­aus­bil­dung begon­nen haben, die also von vornher­ein genera­lis­tisch ausge­bil­det werden, beläuft sich die Abbre­cher­quote auf ledig­lich 15,4 Prozent.

Auch das Statis­ti­sche Bundes­amt meldete Ende des letzten Jahres ein gestei­ger­tes Inter­esse am Pflege­be­ruf und einen Zuwachs an Ausbil­dungs­kräf­ten. Mögli­cher­weise hat die Einfüh­rung der genera­lis­ti­sche Pflege­aus­bil­dung den Trend der vielen Berufs­aus­stei­ger tatsäch­lich stoppen können. Durch verbes­serte Ausbil­dungs­be­din­gun­gen und eine größere Vielfalt an Berufs­chan­cen habe man die Attrak­ti­vi­tät der Pflege­aus­bil­dung deutlich steigern können, so das BMFSFJ (Bundes­mi­nis­te­rium für Familie, Senio­ren, Frauen und Jugend).

Es bleibt spannend zu sehen, welche Entwick­lun­gen die Zukunft bringt.

Weitere Infos

Die Ausbil­dung besteht in Deutsch­land aus zwei Teilen. Der oder die „Azubi“ durch­läuft abwech­selnd theore­ti­schen und prakti­schen Unter­richt an einer Pflege­schule und begibt sich zudem für eine prakti­sche Ausbil­dung in eine Pflege­ein­rich­tung. Mehr Infor­ma­tio­nen finden Sie auf der Website der Pflege­aus­bil­dung.