Post-Vac-Syndrom
Im Fokus der Wissen­schaft: das Post-Vac-Syndrom

Zunächst ist nicht jede Reaktion des Körpers auf eine Corona-Impfung gleich eine Kompli­ka­tion oder gar das Post-Vac-Syndrom. Deshalb gilt es grund­le­gende Begriffe zu trennen. Das Robert Koch-Insti­tut unter­schei­det zwischen Impfre­ak­tion, Impfkom­pli­ka­tion und Impfschä­den.

Impfre­ak­tion, ‑kompli­ka­tion und ‑schaden

Schutz­imp­fun­gen lösen Immun­re­ak­tio­nen im Körper aus. Als Impfre­ak­tio­nen treten deshalb des Öfteren Schmer­zen, Rötun­gen und Schwel­lun­gen an der Einstich­stelle auf. Aber auch Allge­mein­re­ak­tio­nen wie Fieber, Unwohl­sein, Müdig­keit und Kopf- oder Muskel­schmer­zen können auftre­ten.

Diese Beschwer­den klingen in der Regel nach wenigen Tagen ab und sind ledig­lich ein Zeichen dafür, dass der Körper auf die Impfung reagiert und das Immun­sys­tem Antikör­per gegen das Virus bildet.

Impfkom­pli­ka­tion hinge­gen gehen über das übliche Ausmaß einer Impfre­ak­tion hinaus und sind schwere Neben­wir­kun­gen, die den Gesund­heits­zu­stand der betrof­fe­nen Person deutlich belas­ten. Sie sind deshalb melde­pflich­tig und müssen dokumen­tiert werden.

In § 6 Absatz 1 des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes (IfSG) ist dies geregelt: Allein der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfre­ak­tion hinaus­ge­hen­den gesund­heit­li­chen Schädi­gung ist nament­lich melde­pflich­tig. Dies geschieht meist über die Ärztin­nen und Ärzte direkt an die Gesund­heits­äm­ter.

Bei Impfschä­den kommt die zeitli­che Kompo­nente ins Spiel. Sehr selten können Impfkom­pli­ka­tio­nen so schwer­wie­gend sein, dass länger­fris­tige gesund­heit­li­che oder wirtschaft­li­che Folgen für Betrof­fene auftre­ten können.

Nach § 2 IfSG versteht man unter einem Impfscha­den „die gesund­heit­li­che und wirtschaft­li­che Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfre­ak­tion hinaus­ge­hen­den gesund­heit­li­chen Schädi­gung durch die Schutz­imp­fung (…)“.

Post-Vac-Syndrom und Post-Covid-Syndrom

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass nach einer Corona-Impfung (Post-Vac-Syndrom) ähnli­che körper­li­che Schädi­gun­gen und Beschwer­den auftre­ten können wie nach einer Corona-Infek­tion. Beim Post-Covid-Syndrom – also nach einer Corona-Infek­tion – können unter­schied­li­che Organe wie Herz, Lunge, Nerven­sys­tem, Blut und Immun­sys­tem oder auch die Psyche betrof­fen sein. Die Unikli­nik Marburg führt folgende Symptome es Post-Covid-Syndroms an:

  • Fatigue
  • Müdig­keit
  • Konzen­tra­ti­ons- und Gedächt­nis­stö­run­gen
  • vermin­derte körper­li­che Belast­bar­keit
  • Abgeschla­gen­heit
  • Luftnot
  • Schlaf­stö­run­gen
  • Schwin­del
  • Geruchs- und Geschmacks­stö­run­gen
  • Herzra­sen
  • Muskel­schmer­zen
  • Gelenk­schmer­zen
  • Kopfschmer­zen

Was nun die Unter­schiede zwischen Post-Vac-Syndrom, Post-Covid oder gar Long-Covid sind, ist schnell erklärt. Von Long-Covid spricht man, wenn die Beschwer­den länger als vier Wochen anhal­ten.

Sollten die Beschwer­den sogar länger als 12 Wochen anhal­ten, spricht man von Post-Covid. Prinzi­pi­ell handelt es sich bei dem Post-Vac-Syndrom und Post/­Long-Covid um gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gun­gen, die sich in ihrer Sympto­ma­tik stark ähneln.

Prof. Dr. med. Bernhard Schief­fer von der Unikli­nik Marburg sagte im Inter­view mit „netdok­tor“ sogar, dass es zwischen Post-Vac-Syndrom und Long Covid „keine Unter­schiede“ gebe. „Im Gunde handelt es sich um Long Covid – nur eben nicht nach der Infek­tion, sondern aufgrund der Impfung“, so Schief­fer.

Wo finden Betrof­fene Hilfe?

Aus diesem Grund behan­delt die Unikli­nik Marburg in ihrer Post-Covid-Ambulanz Menschen, die sowohl an Long/Post Covid als auch am Post-Vac-Syndrom leiden.

Die Unikli­nik Marburg ist damit die erste Anlauf­stelle für Menschen gewesen, die nach einer Corona-Impfung mit langfris­ti­gen gesund­heit­li­chen Schädi­gun­gen zu kämpfen haben. Neben ihr gibt es mittler­weile auch in der Berli­ner Charité die Möglich­keit für Sprech­stun­den wegen des Post-Vac-Syndroms.

Lange Zeit war das nicht so. Im Inter­view mit der Rechts­de­pe­sche erzählte Herr T., dass er seit seiner Astra­Ze­neca-Impfung gegen das Corona­vi­rus an einer Reihe von körper­li­chen Beschwer­den leidet: Konzen­tra­ti­ons­schwie­rig­kei­ten, Ganzkör­per­schmer­zen, Muskel­schwä­che, Tinni­tus und Erschöp­fung, um nur einige zu nennen. Er und viele andere Betrof­fene waren lange auf der Suche, bevor ihnen weiter­ge­hol­fen werden konnte.

Schon lange werden mehr Anlauf­stel­len gefor­dert, um Betrof­fe­nen Odysseen bei Ärztin­nen und Ärzten zu ersparen.„Wir brauchen mehr spezia­li­sierte Klini­ken, die sich dieser Patien­ten anneh­men und auch zu den Ursachen und zu Thera­pie­an­sät­zen forschen“, sagte Prof. Harald Matthes, Leiter einer Beobach­tungs­stu­die der Berli­ner Charité zu Neben­wir­kun­gen nach einer Corona-Impfung, im Inter­view mit dem MDR.

Ursachen für das Post-Vac-Syndrom

Noch ist das Phäno­men Post-Vac-Syndrom wenig erforscht. Das heißt auch Ärztin­nen und Ärzte müssen dazuler­nen, wie sie mit Patien­tin­nen und Patien­ten mit entspre­chen­der Sympto­ma­tik nach einer Corona-Impfung umgehen sollen.

So fehlt noch eine inter­na­tio­nale Standar­di­sie­rung zur einheit­li­chen Klassi­fi­zie­rung und Regis­trie­rung des Erkran­kungs­bil­des. Darüber hinaus ist noch nicht bekannt, wie genau das Post-Vac-Syndrom oder Long-Covid entste­hen.