Wer unterliegt einer Schweigepflicht?
Die Verschwiegenheitspflicht – synonym Schweigepflicht genannt – leitet sich aus strafrechtlichen (§ 203 StGB) und arbeitsrechtlichen Kriterien (zum Beispiel § 3 Absatz 1 TVöD) ab. Sie stellt eine Verpflichtung für bestimmte Berufsgruppen dar, fremde Geheimnisse und oder Betriebs-/Geschäftsgeheimnisse nicht an andere Dritte weiterzugeben.
Auch Datenschutzgründe nach der DSGVO führen zu einer Schweigepflicht. Das bezieht sich vor allem auf den Schutz persönlicher Daten. Nach Artikel 4 Nummer 1 DSGVO sind personenbezogene Daten, „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“.
Wer kann nach Strafgesetzbuch einer Schweigepflicht unterliegen:
- Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker
- Angehörige anderer Heilberufe (für die es eine staatliche Ausbildung gibt)
- Psychologen (mit staatlich anerkannter Abschlussprüfung)
- Juristen, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
- Ehe‑, Familien‑, Erziehungs- oder Jugendberater
- Mitglieder von anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen
- Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen
- Mitarbeitende einer Unfall- oder Krankenversicherung
Zu Angehörigen anderer Heilberufe zählen die Pflegenden, sofern sie eine staatliche Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz absolviert haben. Dazu zählen nicht Angehörige medizinischer Assistenzberufe.
Aber Achtung: Auch diese unterliegen der Schweigepflicht gemäß § 203 Absatz 3 Satz 2 StGB als berufsmäßig tätige Gehilfen.
Welche Strafen drohen bei Missachtung der Schweigepflicht?
Beschäftigten einer Gesundheitseinrichtung – auch Pflegende – sind also zu Stillschweigen über Patientendaten und einrichtungsinterne Angelegenheiten verpflichtet. Wer sich dem widersetzt kann nach den vorgenannten Normen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden.
Daneben können auch zivilrechtliche Sanktionen drohen. Das kann dann passieren, wenn im Zusammenhang mit einer Schweigepflichtverletzung, Äußerungen getätigt werden, die für die Patienten ruf- oder kreditschädigend sind.
Die in der Menschenwürde und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnde Wahrung des Patientengeheimnisses ist als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Absatz 2 BGB anerkannt und kann über den zivilrechtlichen Weg als Geldersatzleistung gegenüber dem Schädiger geltend gemacht werden.
Gleichfalls kann die Offenlegung von Betriebsinterna auf der tatbestandlichen Ebene einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen, wenn hierdurch das sogenannte Recht am „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ beeinträchtigt wird.
Diese Eigenschaft wird von der Rechtssprechung prinzipiell auch den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zugerechnet.
Wann entfällt die Schweigepflicht?
Eine Verschwiegenheitspflicht sorgt allerdings nicht dafür, dass Angestellte keine Handlungsmöglichkeiten haben, um gegen Missstände in der eigenen Einrichtung vorzugehen.
Es gibt nämlich Fälle, in denen die Schweigepflicht entfallen kann. Angestellte können immer dann gegen die Schweigepflicht verstoßen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an einer öffentlichen Mitteilung haben.
Sollten zum Beispiel tatsächlich nachhaltige Verstöße gegen Hygienevorschriften in der eigenen Einrichtung auftreten oder es immer wieder zu Behandlungsfehlern kommen, kann ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit vorliegen.
So könnte durch einen Verstoß gegen die Schweigepflicht verhindert werden, dass weitere Patientinnen und Patienten durch die Missstände zu Schaden kommen.
Die Schweigepflicht kann auch dann entfallen, wenn andere gesetzliche Offenbarungspflichten gegeben sind. So zum Beispiel bei der Anzeige geplanter Straftaten.
Nach § 138 StGB macht sich jeder strafbar, der er es unterlässt, das Vorhaben oder die Ausführung der dort aufgeführten Straftaten nicht rechtzeitig der Behörde oder dem Bedrohten Anzeige zu erstatten. Hier können bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe drohen.
Eine spezielle Handhabung ist auch in Fällen von Kindeswohlgefährdung vorgesehen. Das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KGG) sieht in Paragraf 4 die Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung vor.
So sollen unter anderem Angehörige von Heilberufen (Ärzte, Pflegefachpersonen etc.), Psychologen, Sozialarbeiter und ‑pädagogen notwendige Informationen an das Jugendamt weiterleiten.
Auch der rechtfertigende Notstand gemäß § 34 StGB kann von der Schweigepflicht entbinden. Das ist dann möglich, wenn die Verletzung der Schweigepflicht dazu führt, dass eine gegenwärtige oder nicht anders abwendbare Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder eines anderen Rechtsguts abgewendet wird.
Wie verhält man sich richtig bei rechtswidrigen Zuständen in der eigenen Einrichtung?
Doch auch wenn ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit oder andere Rechtfertigungsgründe vorliegen, muss dennoch ein „schonender“ Weg der Einwirkung gewählt werden. Das bedeutet, dass innerbetriebliche Wege vorzuziehen sind.
So sollten Angestellte bei Missständen zunächst versuchen, über den Dienstvorgesetzten Schritte einzuleiten und sich später dann an die Personalvertretung oder die Geschäftsführung wenden.
Ist dieses Vorgehen nicht erfolgreich, können Angestellte die Öffentlichkeit aufsuchen. Auch über die Staatsanwaltschaft oder die Medien kann Öffentlichkeit hergestellt werden.