Als noch vor wenigen Jahren der damalige Bayri­sche Gesund­heits- und heutige Finanz­mi­nis­ter Markus Söder (CSU) verkün­dete, dass der Freistaat den Plan verfolge eine Pflege­kam­mer einzu­füh­ren – als erstes Bundes­land überhaupt -, war das Echo in der gesund­heits­po­li­ti­schen Landschaft riesig. Vor allem aufsei­ten der profes­sio­nel­len Pflege wurde die Meldung beinah eupho­risch zu einem „Meilen­stein“ erklärt.

Das war im Jahr 2011. Seitdem wurde viel disku­tiert und gestrit­ten, die Eupho­rie legte sich, Söder wurde durch Partei­kol­le­gin Melanie Huml abgelöst und das bayeri­sche Vorha­ben geriet derart ins Stocken, dass das Land seine einstige Vorrei­ter­rolle in der bundes­weit geführ­ten Pflege­kam­mer-Diskus­sion an andere abgeben musste (wie zum Beispiel Rhein­land-Pfalz oder zuletzt Schles­wig-Holstein).

Keine Pflicht­mit­glied­schaft in Bayern

Kritik am bayeri­schen Modell – auch als „Pflegering“ bekannt – kommt vor allem aus Richtung der Pflege­ver­bände. Insbe­son­dere wird bemän­gelt, dass das Konzept keine Pflicht­re­gis­trie­rung vorsieht. „Eine wirkungs­volle Standes­ver­tre­tung hat aber nur dann ein demokra­ti­sches Votum und kann für die Berufs­gruppe sprechen, wenn alle Pflege­fach­per­so­nen Mitglied sind, daher ist eine Regis­trie­rung aller Pflege­fach­per­so­nen Grund­vor­aus­set­zung für eine schlag­kräf­tige Organi­sa­tion“, so Dr. Marliese Bieder­beck, Geschäfts­füh­re­rin des DBfK Südost e.V.

Auch der Bayeri­sche Landes­pfle­ge­rat (BLPR), in dem die 15 Pflege­ver­bände in Bayern zusam­men­ge­schlos­sen sind, sieht in einer „Inter­es­sen­ver­tre­tung auf freiwil­li­ger Basis trotz der Organi­sa­ti­ons­form als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts keine ernst­zu­neh­mende Alter­na­tive zu einer Vertre­tung aller beruf­lich Pflegen­den in einer Pflege­kam­mer.“ Die Berufs­ver­bände kriti­sier­ten zudem, dass bei der Konstruk­tion des Pflegerings ein zu hohes Gewicht auf die Inter­es­sen­la­gen der Träger und Arbeit­ge­ber gelegt würde.

Gründungs­kon­fe­renz ohne Pflege­ver­bände

Bislang hält die Landes­re­gie­rung jedoch am Konzept des Pflegerings fest – daran haben auch Demons­tra­tio­nen vor der Staats­kanz­lei nichts ändern können. Die Pflege­ver­bände haben sich deshalb schon frühzei­tig für ein Fernblei­ben von der Gründungs­kon­fe­renz ausge­spro­chen, deren konsti­tu­ie­rende Sitzung gestern in München statt­fand.

Bayerns Gesund­heits- und Pflege­mi­nis­te­rin Melanie Huml, die den Vorsitz der Sitzung führte, ist dennoch vom Erfolg des Pflegerings überzeugt: „Mit diesem Konzept nutzen wir die wesent­li­chen Vorteile einer klassi­schen Kammer, ohne gleich­zei­tig die Pflege­kräfte mit Pflicht­mit­glied­schaft und Pflicht­bei­trä­gen zu belas­ten. Das ist für viele Betrof­fene wichtig.“ Der ‚bayeri­sche Weg‘ könne deshalb auch Vorbild für andere Bundes­län­der sein, so Huml weiter.

Nach Angaben des Minis­te­ri­ums unter­stüt­zen vier von fünf Wohlfahrts­ver­bän­den, die Gewerk­schaft ver.di und die meisten Einrich­tungs­trä­ger das Konzept der Minis­te­rin. Huml betonte: „Ich freue mich, dass auch sechs Pflege­kräfte in der Gründungs­kon­fe­renz vertre­ten sind. Dagegen ist es schade, dass der Landes­pfle­ge­rat die Einla­dung zu der Sitzung ausge­schla­gen hat. Er kann aber jeder­zeit zu uns kommen und doch noch mitar­bei­ten.“ Gelegen­heit gäbe es dazu in einer zweiten Sitzung, die für Mitte März geplant ist. Nach einer abschlie­ßen­den Beratung im April 2016 ist dann die Einlei­tung des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens vorge­se­hen.