Die neue Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (PflAPrV) wurde kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedet. Sie ist einer der noch fehlenden Bausteine des Pflegeberufegesetzes gewesen, das im Juli 2017 verkündet worden ist und im Wesentlichen die generalistische Umstrukturierung der Pflegeberufeausbildungen beinhaltet. Noch ist die Verordnung nicht in Zement gegossen, sie bedarf noch der Zustimmung seitens des Deutschen Bundesrates. Zeit also für Gesundheitsexperten, die neue Verordnung gründlich unter die Lupe zu nehmen und entsprechend darauf zu reagieren.
So hat beispielsweise der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) unmittelbar nach Bekanntgabe der Verordnung ein Statement abgegeben. Der Verband begrüße grundsätzlich die Inhalte der neuen Verordnung und sieht wichtige Teile der vom Verband getätigten Stellungnahme zum Referentenentwurf berücksichtigt. Zugleich merkte DBfK-Präsidentin Prof. Christel Bienstein jedoch an, dass die zu vermittelnden Kompetenzen den Anforderungen im Beruf entsprechen müssen – das gelte insbesondere für die Ausbildung zum Altenpfleger bzw. zur Altenpflegerin.
Expertenanhörung: Warnung vor Qualitätsverlust in der Alten- und Kinderkrankenpflege
An diesem Punkt setzten nun auch zahlreiche andere Gesundheitsexperten an und warnen vor einem erheblichen Qualitäts- und Fachwissenverlust in der Alten- sowie in der Kinderkrankenpflege. In einer öffentlichen Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses in Berlin gaben die Sachverständigen ihre Meinung kund.
So sprach beispielsweise der Deutsche Pflegerat (DPR) von einer „Abwertung der Altenpflegeausbildung, die sich in den Kompetenzbeschreibungen zeigt“. Demnach seien sogenannte Vorbehaltstätigkeiten nur an der Seite einer Pflegefachkraft möglich, was nicht zur Steigerung der Attraktivität des Altenpflegeberufes führen werde, ebenso wenig wie zu einer besseren Bezahlung. Diesem Kritikpunkt haben sich auch andere Experten angeschlossen, darunter unter anderem die Pflegewissenschaftlerin Barbara Knigge-Demal. Schließlich würden viele ältere Menschen unter chronischen Erkrankungen leiden, entsprechendes Fachwissen und vor allem die Ausübung pflegerischer Tätigkeiten unter Verantwortung der Altenpflegefachkräfte sei von existenzieller Bedeutung. Die „Absenkung des Anspruchsniveaus“ werde gravierende Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung alter Menschen haben, betonte die Pflegewissenschaftlerin weiter.
Hingegen sieht der Arbeitgeberverband BDA in der Verordnung eine sinnvolle und zukunftsträchtige Modernisierung für die Altenpflegeausbildung. Die Kompetenzanforderungen seien angemessen und auch für einen breiteren Personenkreis geeignet.
Probleme im Bereich der Kinderkrankenpflege merkte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) an. Die Gewährleistung der Pflichteinsätze in der Kinderkrankenpflege sei nicht gegeben, da den rund 6.650 Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege etwa 130.000 Auszubildende in der Kranken- und Altenpflege gegenüberstehen würden. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) kritisierte, dass nur ein verpflichtender Vertiefungseinsatz in der pädiatrischen Versorgung im Rahmen der generalistischen Ausbildung noch nicht zur eigenständigen Pflege von Säuglingen und Kindern befähige.
Mitwirkende Pflegeexpertinnen unterstützen Teile der Verordnung nicht
Sogar die beiden Pflegeexpertinnen, Ingrid Darmann-Finck und Sabine Muths, die beratend für das Bundesgesundheitsministerium tätig sind und an der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Pflegeberufe mitgewirkt haben, erklärten in einer Stellungnahme gegenüber Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass sie die in Anlage 4 gemachten Veränderungen nicht unterstützen. Sie seien von „substanzieller Bedeutung und dürften erhebliche negative Auswirkungen auf die Ausbildung in der Altenpflege“ haben und somit auch auf die „pflegerische Versorgung von alten Menschen“. Demnach wurden in den Veränderungen Kompetenzen wie die Erschließung und Nutzung pflegewissenschaftlicher Theorien „ersatzlos gestrichen“ und beispielsweise kommunikative Kompetenzen in ihrem Niveau deutlich abgesenkt.
„Die in der vom Kabinett beschlossenen Anlage 4 der PflAPrV aufgeführten Kompetenzen entsprechen nicht mehr ausreichend den Versorgungsanforderungen in der Altenpflege, wodurch auch die Qualität der pflegerischen Versorgung von alten und hochaltrigen Menschen gefährdet ist“, warnen die Dehrmann-Finck und Muths.
Quelle: Deutscher Bundestag, IPP Universität Bremen