Cannabis
Canna­bis in Deutsch­land – ein zähes Ringen um die Freigabe

Die Canna­bis-Entkri­mi­nal­sie­rung in Deutsch­land kommt: Am Mittwoch hat Bundes-Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) in Beglei­tung des Landwirt­schafts­mi­nis­ters Cem Özdemir (Grüne) den überar­bei­te­ten Plan für die weitge­hende Canna­bis­le­ga­li­sie­rung vorge­stellt.

Diese ist ein großer Schritt und eine Abkehr von der bishe­ri­gen Illega­li­tät des Erwerbs, Besit­zes und der Weiter­gabe von Canna­bis­pro­duk­ten – aller­dings fällt die Freigabe von Haschisch und Marihuana bei weitem nicht so umfang­reich aus wie bisher geplant. Und klar ist: Ein Genuss­mit­tel „wie jedes andere“ wird Canna­bis auch weiter­hin nicht sein. Das Gesetz könnte, bei zeitna­hem Beschluss im Bundes­tag, im Jahr 2024 in Kraft treten.

Die Kernpunkte: Maximal 25 Gramm an Canna­bis-Produk­ten darf man zukünf­tig legal besit­zen und bei sich mitfüh­ren. Außer­dem ist der Besitz von „drei weibli­chen blühen­den Pflan­zen pro volljäh­ri­ger Person“ zum Eigen­an­bau erlaubt – nur die weibli­chen Canna­bis­pflan­zen enthal­ten THC.

Die Freimen­gen gelten hierbei nur ab 18 Jahren – für Minder­jäh­rige bleibt der Besitz von THC-halti­gen Produk­ten oder Canna­bis­pflan­zen illegal.

„Canna­bis Social Clubs“ zum Anbau und Erwerb sollen kommen

Eine Möglich­keit zum Erwerb von Canna­bis-Erzeug­nis­sen soll es über sogenannte „Canna­bis Social Clubs“ geben. Diese noch zu gründen­den Vereine bauen Canna­bis zum Eigen­kon­sum an; maximal 500 Mitglie­der dürfen einem solchen Verein angehö­ren.

Vorge­se­hen ist, dass Über-21-Jährige bis zu 25 Gramm auf einmal, maximal jedoch 50 Gramm im Monat – jeweils zum Selbst­kos­ten­preis des Vereins – erwer­ben dürfen. Für Menschen zwischen 18 und 21 Jahren reduziert sich die monat­lich zuläs­sige Menge auf 30 Gramm. Auch hier müssen Minder­jäh­rige außen vor bleiben.

Die Mitglie­der der Clubs sollen dabei möglichst aktiv in die Vereins­ar­beit einbe­zo­gen werden; eine Beauf­tra­gung Dritter mit dem Canna­bis-Anbau ist unzuläs­sig. Der Konsum von Canna­bis inner­halb der Clubräume selbst soll nicht erlaubt sein, ebenso wie die dortige Abgabe etwa von Alkohol und Tabak.

Ebenso müssen sie Jugendschutz‑, Präven­ti­ons- und Sucht­be­auf­tragte aus ihren Reihen ernen­nen; sie sollen für ihre Aktivi­tä­ten nicht werben dürfen und ihre Räumlich­kei­ten einbruchs­si­cher ausstat­ten – was dies konkret an Schutz­vor­rich­tun­gen bedeu­ten wird, ist noch offen.

Eine Abgabe in lizen­zier­ten Geschäf­ten soll es in einem zweiten Schritt, und vorerst nur wissen­schaft­lich beglei­tet in regio­na­len Modell­pro­jek­ten, geben. Hierzu ist nach der parla­men­ta­ri­schen Sommer­pause ein zweiter Geset­zes­ent­wurf geplant. Dies ist zugleich der entschei­dende Unter­schied zu den vorhe­ri­gen Plänen der Ampel­ko­ali­tion, Canna­bis allge­mein und flächen­de­ckend über lizen­zierte Händler, oder Apothe­ken, abzuge­ben.

Werden Perso­nen unter 18 Jahren mit Canna­bis-Produk­ten erwischt, bleiben auch sie zwar straf­frei, sollen aber zur Teilnahme an Präven­ti­ons­pro­gram­men verpflich­tet werden. Außer­dem soll in der Öffent­lich­keit der Canna­bis-Konsum nahe Schulen oder Kinder­gär­ten verbo­ten sein; in Fußgän­ger­zo­nen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.

Im Gegen­zug sollen frühere Verur­tei­lun­gen wegen Besit­zes oder Eigen­an­baus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflan­zen auf Antrag aus dem Bundes­zen­tral­re­gis­ter gelöscht werden können; laufende Ermitt­lun­gen wegen dieser Tatbe­stände werden einge­stellt.

Der Nicht­rau­cher­schutz soll um Canna­bis-haltige Rauch­wa­ren erwei­tert werden; auch die Regelun­gen für die Teilnahme am Straßen‑, Schiffs- und Luftver­kehr für THC-Konsu­men­ten stehen zur Überar­bei­tung an.

Ampel­ko­ali­tion: Bishe­rige restrik­tive Politik ist geschei­tert

Ziel bleibe weiter­hin, die Quali­tät zu kontrol­lie­ren, die Weiter­gabe verun­rei­nig­ter Sub­stanzen zu verhin­dern, den Jugend­schutz sowie den Gesund­heits­schutz für Konsu­men­tin­nen und Konsu­menten bestmög­lich zu gewähr­leis­ten sowie den Schwarz­markt einzu­däm­men, erklärte das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit.

„Die bishe­rige Canna­bis-Politik ist geschei­tert. Jetzt müssen wir neue Wege gehen“, so Lauter­bach. „Deswe­gen wagen wir die kontrol­lierte Abgabe von Canna­bis an Erwach­sene in klaren Grenzen und drängen den Schwarz­markt zurück, flankiert durch Präven­ti­ons­maß­nah­men für Jugend­li­che. Der Gesund­heits­schutz steht dabei im Vorder­grund.“

Auch Özdemir sowie Bundes-Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) beton­ten das Schei­tern der bishe­ri­gen restrik­ti­ven Politik, welche Ressour­cen bei den Straf­ver­fol­gungs-Behör­den binde, sowie Konsu­men­ten den Dealern – und ihren mögli­cher­weise verun­rei­nig­ten Produk­ten – auslie­fere.

Außer­dem werde durch die Illega­li­tät von Canna­bis­pro­duk­ten eine Präven­tion und die Hilfe für Konsu­men­ten bei vorhan­de­nen Abhän­gig­kei­ten erschwert. Ein erklär­tes Ziel der Neure­ge­lung sei es, dem Schwarz­markt den Boden zu entzie­hen.

EU-Recht stand wohl weiter­ge­hen­der Regelung entge­gen

Ursprüng­lich hatte die Bundes­re­gie­rung eine noch weitrei­chen­dere Legali­sie­rung von Canna­bis angestrebt; es war eines der Koali­ti­ons­vor­ha­ben und insbe­son­dere eine Forde­rung der drei Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen der Ampel-Parteien.

Hierzu hatte die Koali­tion im vergan­ge­nen Oktober ein Eckpunk­te­pa­pier vorge­legt. Dieses hätte jedoch wohl im Wider­spruch zu EU-Recht gestan­den, das einen restrik­ti­ven Umgang mit Canna­bis vorschreibt – unter anderem Verkauf, Verschaf­fung und Abgabe von Canna­bis­pro­duk­ten zu unter­bin­den.