Im Frühjahr 2016 wurde nach langjäh­ri­gen Vorbe­rei­tun­gen der Entwurf eines Geset­zes zur Reform der Pflege­be­rufe von Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) unter­zeich­net. Darin enthal­ten ist die Umstruk­tu­rie­rung auf eine genera­lis­ti­sche Erstaus­bil­dung der Pflege­be­rufe. Das erwar­tete Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren und eine Verab­schie­dung des Geset­zes lassen seither jedoch auf sich warten. Für vier Pflege­ex­per­tin­nen, die bei der Entwick­lung des Geset­zes­ent­wur­fes mitge­wirkt haben, war dies Anlass, um sich in einem offenen Brief und einer Stellung­nahme an die Bundes­kanz­le­rin zu wenden.

Darin wird der Appell laut, dass die Reform geret­tet werden müsse und dringen­der Handlungs­be­darf bestehe: „Die Ausbil­dungs­re­form ist eine notwen­dige Konse­quenz des sozio­de­mo­gra­fi­schen Wandels, und sie dient der langfris­ti­gen und dauer­haf­ten Sicher­stel­lung der pflege­ri­schen Versor­gung der Bevöl­ke­rung. Wenn sie jetzt schei­tert, stehen wir für längere Zeit mit leeren Händen da!“ Auch Pflege­schu­len und Hochschu­len haben sich bereits auf die Reform einge­stellt und unmit­tel­bar nach Vorlie­gen des Geset­zes­ent­wur­fes Arbeits­pläne und Grund­kon­zepte für die erwar­tete Reform angefer­tigt.

Die Pflege­be­ru­fe­re­form hält viele Innova­ti­ons­po­ten­tiale bereit

Vor allem wird kriti­siert, dass die Pflege­be­rufs­re­form auf die sogenannte Genera­lis­tik (die Zusam­men­füh­rung der bestehen­den drei Berufe für Alten‑, Kinder- und Kranken­pflege zu einem neuen Pflege­be­ruf) reduziert würde, vielmehr gebe es noch weitere Innova­ti­ons­po­ten­tiale, die mit der Reform einher­ge­hen.

Dazu zählen die Exper­tin­nen unter anderem folgende Aspekte auf:

  • die Sicher­stel­lung einer angemes­se­nen pflege­ri­schen Versor­gung der gesam­ten Bevöl­ke­rung und die Ausrich­tung der pflege­ri­schen Erstaus­bil­dung auf die Pflege von Menschen aller Alters­grup­pen
  • die hohe Verant­wor­tung durch Festle­gung vorbe­hal­te­ner Tätig­kei­ten für die Pflegen­den und die daraus folgende Garan­tie des beson­de­ren Schut­zes der zu pflegen­den Menschen
  • die Möglich­keit eines Pflege­stu­di­ums und gestie­gene Ansprü­che an wissen­schaft­li­che Kompe­ten­zen
  • die Erwei­te­rung des Kompe­tenz­pro­fils um die Ausübung heilkund­li­cher Tätig­kei­ten

Außer­dem sehen die Exper­tin­nen die Notwen­dig­keit, dass sich der Versor­gungs­be­darf mittels der Reform an die sozio­de­mo­gra­fi­schen und epide­mio­lo­gi­schen Wandlun­gen anpas­sen muss. Auch inter­na­tio­nale gesehen sei ein hochschu­li­sches Ausbil­dungs­ni­veau längst Standard, sodass hier nachge­zo­gen werden muss. Zuletzt wird der dringende Handlungs­be­darf damit begrün­det, dass Ausbil­dungs-und Studi­en­in­ter­es­sierte sichere Infor­ma­tio­nen für ihre Berufs­wahl­ent­schei­dung benöti­gen.

Die Notwen­dig­keit einer genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung

Bei den Exper­tin­nen handelt es sich um Ingrid Darmann-Finck, Barbara Knigge-Demal und Gertrud Hunde­n­born sowie Sabine Muths.

In dem Artikel „Für die allge­meine Pflege verant­wort­lich sein“ von Prof. Hunde­n­born erläu­tert die Exper­tin vom Deutschen Insti­tut für angewandte Pflege­for­schung e.V. (DIP) aus Köln in der Ausgabe November/Dezember 2015 der Rechts­de­pe­sche die Hinter­gründe, Entwick­lun­gen und Perspek­ti­ven der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung. Sie führt darin fünf Argumen­ta­ti­ons­ebe­nen auf, nach denen sie die Notwen­dig­keit einer genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung begrün­det sieht.

Zusam­men­fas­send hält sie fest, „dass eine genera­lis­ti­sche Erstaus­bil­dung im Pflege­be­ruf eine notwen­dige Anpas­sung an die verän­der­ten gesell­schaft­li­chen Problem­la­gen und Heraus­for­de­run­gen in der pflege­ri­schen Versor­gung der Bevöl­ke­rung darstellt. Darüber hinaus nimmt sie die langjäh­ri­gen europäi­schen Strate­gien auf und erleich­tert die beruf­li­che Mobili­tät inner­halb Europas.“