Auch zum CSD sollte man sich als Pflegekraft keine künstlichen Fingernägel zulegen. Auch wenn es schick in Regenbogenfarben aussieht.
Auch zum CSD sollte man sich als Pflege­kraft keine künst­li­chen Finger­nä­gel zulegen. Auch wenn es schick in Regen­bo­gen­far­ben aussieht. Bild: © Evgeni­j­broz­mann auf Dreamstime.com

Das Arbeits­ge­richt (ArbG) Aachen hat entschie­den, dass angestell­ten Helfern im sozia­len Dienst eines Alten­heims das Tragen von langen, künst­li­chen, lackier­ten Finger- oder Gelnä­geln im Dienst unter­sagt werden kann (Az.: 1 Ca 1909/18).

Die Kläge­rin ist als Helfe­rin im sozia­len Dienst eines von der Arbeit­ge­be­rin betrie­be­nen Alten­heims beschäf­tigt. Mit der Anwei­sung ihrer Arbeit­ge­be­rin, die ihr das Tragen ihrer Gelnä­gel im Dienst unter­sagte, war die Kläge­rin nicht einver­stan­den. Sie machte geltend, dass die Anwei­sung sich auch auf ihr persön­li­ches Erschei­nungs­bild in der Freizeit auswirke und sie deshalb in ihrem allge­mei­nen Persön­lich­keits­recht verletze. Die Arbeit­ge­be­rin verwies darauf, dass das Verbot der Gelnä­gel aus Gründen der Hygiene zum Schutz der Bewoh­ner zwingend erfor­der­lich sei.

Die Klage hatte vor dem Arbeits­ge­richt Aachen keinen Erfolg

Nach Auffas­sung des Arbeits­ge­richts muss das Inter­esse der Kläge­rin an der freien Gestal­tung ihres äußeren Erschei­nungs­bil­des hinter dem Inter­esse der Arbeit­ge­be­rin, die Gesund­heit und das körper­li­che Wohlbe­fin­den der ihr anver­trau­ten Bewoh­ner bestmög­lich zu schüt­zen, zurück­tre­ten.

Zurecht habe sich die Arbeit­ge­be­rin auch auf die Empfeh­lun­gen des Robert Koch-Insti­tuts gestützt, nach denen aus Hygie­nege­sichts­punk­ten in Klini­ken, Praxen, Pflege­ein­rich­tun­gen und anderen medizi­ni­schen Arbeits­be­rei­chen ausschließ­lich natür­li­che und kurz geschnit­tene Finger­nä­gel getra­gen werden sollten. Denn unter anderem behin­dere Nagel­lack die Sicht­be­ur­tei­lung der Nägel, auf künst­li­chen Nägeln sei die Bakte­ri­en­dichte höher, sie beein­träch­tig­ten den Erfolg der Hände­hy­giene und erhöh­ten die Perfo­ra­ti­ons­ge­fahr für Einmal­hand­schuhe.

Pflegenden kann das Tragen von langen, künstlichen oder lackierten Finger- oder Gelnägeln untersagt werden.
Pflegen­den kann das Tragen von langen, künst­li­chen oder lackier­ten Finger- oder Gelnä­geln unter­sagt werden. Bild: © Mladen Bozick­ovic | Dreamstime.com

Gelnä­gel-Verbot ist im Rahmen des Direk­ti­ons­rechts

Die Anwei­sung, keine Gelnä­gel tragen zu dürfen, fällt in das arbeit­ge­ber­sei­tige Direk­ti­ons­recht gemäß § 106 Satz 2 GewO. Demnach kann der Arbeit­ge­ber gegen­über den Arbeit­neh­mern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeits­leis­tung nach billi­gem Ermes­sen näher bestim­men. In dem Weisungs­recht ist nicht nur die Konkre­ti­sie­rung der Haupt­leis­tungs­pflicht inbegrif­fen, sondern auch die Bestim­mung sonsti­ger Tätig­kei­ten oder Maßnah­men, die mit der eigent­li­chen Arbeits­tä­tig­keit zusam­men­hän­gen. Dazu zählt beispiels­weise auch die Vorschrei­bung zum Tragen der Dienst­klei­dung.

Ob die Dienst­an­wei­sung im Rahmen billi­gen Ermes­sens liegt, war von dem Gericht gemäß § 315 Absatz 3 BGB zu prüfen. Wie das Gericht entschied, wurde dieser Spiel­raum einge­hal­ten.

Hygie­ni­sche Risiken von lackier­ten und künst­li­chen Nägeln

Lackierte und künst­li­che Nägel können ein hygie­ni­sches Risiko darstel­len, da unter ihnen Bakte­rien und andere Krank­heits­er­re­ger gedei­hen können. Hygie­ne­ex­per­ten und Infek­tio­lo­gen weisen darauf hin, dass diese Nägel die Wirksam­keit der Handhy­giene beein­träch­ti­gen und das Risiko von Kreuz­kon­ta­mi­na­tio­nen in Pflege­ein­rich­tun­gen erhöhen.

Geschichte und Entwick­lung des Verbots in der Pflege

Die Beschrän­kun­gen im Hinblick auf lackierte und künst­li­che Nägel im Gesund­heits­we­sen haben sich im Laufe der Zeit entwi­ckelt. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, wie sich die Hygie­ne­stan­dards gewan­delt haben. Inter­na­tio­nal gibt es unter­schied­li­che Ansätze, mit einigen Ländern, die strik­tere Regeln als andere haben.

Auswir­kun­gen des Verbots auf die Pflege­kräfte

Viele Pflege­kräfte haben gemischte Gefühle bezüg­lich des Verbots. Während einige die hygie­ni­schen Beden­ken verste­hen, fühlen sich andere in ihrer persön­li­chen Ausdrucks­frei­heit einge­schränkt. Alter­na­ti­ven wie unauf­fäl­li­ger Nagel­lack oder gepflegte Natur-Nägel werden als Kompro­miss­lö­sun­gen disku­tiert.

Quelle: ArbG Aachen

Fazit

Das Arbeits­ge­richt Aachen bestä­tigte, dass Pflege­kräf­ten das Tragen von langen, künst­li­chen oder lackier­ten Finger­nä­geln unter­sagt werden kann, um Hygie­ne­stan­dards in Pflege­ein­rich­tun­gen zu wahren. Dieses Verbot basiert auf Empfeh­lun­gen des Robert Koch-Insti­tuts und ist im Rahmen des Direk­ti­ons­rechts des Arbeit­ge­bers. Die Entschei­dung betont die Priori­tät der Gesund­heit und des Wohlbe­fin­dens der Bewoh­ner, die über dem persön­li­chen Ausdruck der Pflege­kräfte steht.

FAQ

Warum dürfen Pflege­kräfte keine künst­li­chen oder lackier­ten Nägel tragen?

Aus Hygie­ne­grün­den, da künst­li­che Nägel eine höhere Bakte­ri­en­dichte aufwei­sen und den Erfolg der Hände­hy­giene beein­träch­ti­gen können.

Hat ein Gericht entschie­den, dass solche Nägel im Pflege­be­reich verbo­ten sind?

Ja, das Arbeits­ge­richt Aachen hat entschie­den, dass das Tragen von langen, künst­li­chen oder lackier­ten Nägeln im Pflege­be­reich unter­sagt werden kann.

Gibt es eine recht­li­che Grund­lage für das Verbot von Gelnä­geln im Pflege­be­reich?

Ja, das Verbot fällt unter das Direk­ti­ons­recht des Arbeit­ge­bers gemäß § 106 GewO und wurde vom Gericht als angemes­sen betrach­tet.

Welche Rolle spielt das persön­li­che Erschei­nungs­bild der Pflege­kraft in dieser Entschei­dung?

Obwohl das persön­li­che Erschei­nungs­bild der Pflege­kräfte wichtig ist, muss es hinter den Inter­es­sen der Gesund­heit und des Wohlerge­hens der Bewoh­ner zurück­ste­hen.

Sind kurze und natür­li­che Nägel in Pflege­ein­rich­tun­gen die Norm?

Ja, gemäß den Empfeh­lun­gen des Robert Koch-Insti­tuts sollten in medizi­ni­schen Arbeits­be­rei­chen ausschließ­lich natür­li­che und kurz geschnit­tene Finger­nä­gel getra­gen werden.