Fixierung
Fixie­rung ist in diesem Fall nötig Bild: © Susanne Neal | Dreamstime.com

Gesetz­li­che Grund­la­gen der Fixie­rung

„Jeder hat das Recht auf Leben und körper­li­che Unver­sehrt­heit. Die Freiheit der Person ist unver­letz­lich“, heißt es in Artikel 2 Absatz 2 Grund­ge­setz für die Bundes­re­pu­blik Deutsch­land. Grund­le­gende Freiheits­rechte sind somit als Menschen­rechte für jede Person in Deutsch­land veran­kert.

Entspre­chend sorgsam muss mit freiheits­ent­zie­hen­den Maßnah­men in der Pflege umgegan­gen werden. Nach § 239 Straf­ge­setz­buch erfül­len eine Fixie­run­gen nämlich den Tatbe­stand einer Freiheits­be­rau­bung. Straf­recht­lich relevant werden Fixie­run­gen, wenn sie ohne Einwil­li­gung oder einer Recht­fer­ti­gung durch­ge­führt wird.

Die Einwil­li­gung muss der Patient selbst geben. Falls das nicht möglich ist, kann die Zustim­mung auch durch einen Betreuer oder Vorsor­ge­be­voll­mäch­tig­ten erfol­gen. Darüber hinaus muss eine Fixie­rung ärztlich angeord­net sein.

Bei unmit­tel­ba­rer Gefähr­dung des Perso­nals durch den Patien­ten kann eine Fixie­rung kurzfris­tig auch ohne ärztli­che Anord­nung oder Einwil­li­gung vollzo­gen werden. Das geschieht dann im Rahmen des recht­fer­ti­gen­den Notstands (§ 34 StGB).

In so einem Fall handelt es sich um eine sogenannte Notstand­fi­xie­rung, die schnellst­mög­lich von einem Arzt zu beurtei­len ist. Dieser muss durch seine Einschät­zung die Fixie­rung alsbald auflö­sen oder offizi­ell weiter führen lassen.

Bei einer Fixie­rung über einen länge­ren Zeitraum hinweg, wenn es keine wirksame Einwil­li­gung des Patien­ten selbst gibt, muss zusätz­lich eine betreu­ungs­ge­richt­li­che Geneh­mi­gung gemäß § 1831 BGB Absatz 2 einge­holt werden.

Wann sind Fixie­run­gen angebracht?

Dieser Paragraf enthält zusätz­lich die Gründe, durch die eine Fixie­rung gerecht­fer­tigt ist:

§ 1831 Freiheits­ent­zie­hende Unter­brin­gung und freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men

(1) Eine Unter­brin­gung des Betreu­ten durch den Betreuer, die mit Freiheits­ent­zie­hung verbun­den ist, ist nur zuläs­sig, solange sie erfor­der­lich ist, weil

    1. aufgrund einer psychi­schen Krank­heit oder geisti­gen oder seeli­schen Behin­de­rung des Betreu­ten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheb­li­chen gesund­heit­li­chen Schaden zufügt, oder2. zur Abwen­dung eines drohen­den erheb­li­chen gesund­heit­li­chen Schadens eine Unter­su­chung des Gesund­heits­zu­stands, eine Heilbe­hand­lung oder ein ärztli­cher Eingriff notwen­dig ist, die Maßnahme ohne die Unter­brin­gung des Betreu­ten nicht durch­ge­führt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychi­schen Krank­heit oder geisti­gen oder seeli­schen Behin­de­rung die Notwen­dig­keit der Unter­brin­gung nicht erken­nen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

Eine Fixie­rung ist also denkbar, wenn der Patient für sich selbst und andere eine Gefahr darstellt. Wichtig ist jedoch, dass vor der Anwen­dung einer freiheits­ent­zie­hende Maßnahme sorgsam abgewägt wird, ob sie tatsäch­lich legitim ist und das mildeste Mittel darstellt.

Sie darf nicht überstürzt getrof­fen werden, wegen Überfor­de­rung oder um die Pflege zu erleich­tern. Das Bundes­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rium kam 2015 zu der Ansicht, dass im Bereich demenz­kran­ker Menschen freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men oft in Fällen erfol­gen, in denen sie gar nicht oder nicht in der vorge­nom­me­nen Dauer erfor­der­lich gewesen wären. In diesen Fällen seien andere Maßnah­men wirksa­mer gewesen.

Welche Arten von freiheits­ent­zie­hen­den Maßnah­men gibt es?

Es gibt eine Reihe von Formen, die zu den freiheits­ent­zie­hen­den Maßnah­men zählen. Grund­sätz­lich können darun­ter alle Vorrich­tun­gen fallen, die die Bewegungs­frei­heit einer Person einschrän­ken.

Zu den mecha­ni­schen Mitteln der freiheits­ent­zie­hen­den Maßnah­men zählen Fixie­run­gen durch Bauch­gurte und Fesseln sowie Fixier­de­cken. Aber auch Bettgit­ter, Vorsatz­ti­sche, Sitzho­sen, das Feststel­len von Rollstuhl­brem­sen oder das Verschlie­ßen von Türen zählen zu den mecha­ni­schen FeM.

Auch Medika­mente können als freiheits­ent­zie­hende Maßnahme genutzt werden. Hier vor allem sedie­rende Medika­mente, die den Bewegungs­drang der Patien­ten einschrän­ken.

Darüber hinaus kann die Bewegungs­frei­heit einge­schränkt werden durch die Wegnahme von Hilfs­mit­teln wie Gehhil­fen, durch Trick­ver­schlüsse, Verbote und Einschüch­te­run­gen oder durch elektro­ni­sche Maßnah­men wie Sensor­mat­ten.

Mittler­weile gibt es einige Alter­na­ti­ven, die angewen­det werden, um freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men zu vermei­den. So kann anstelle eines Bettgit­ters, das Bett abgesenkt oder Matten ausge­legt werden, um Verlet­zun­gen zu vermei­den.

Auch das Anbrin­gen von Geh- und Stehhil­fen kann Stürzen entge­gen­wir­ken. Sehhil­fen, Hüftpro­tek­to­ren, Sturz­helme und Antirutsch­so­cken sind ebenfalls denkbar.

Fixie­rung in der häusli­chen Pflege

In § 1831 Absatz 4 ist geregelt, dass die oben genann­ten Ausfüh­run­gen des Geset­zes nur dann gelten, wenn der Betreute sich in einem Kranken­haus, einem Heim oder einer sonsti­gen Einrich­tung aufhält.

Lange Zeit wurde der Begriff der „sonsti­gen Einrich­tung“ breit ausge­legt, wodurch zumin­dest die häusli­che Pflege durch einen profes­sio­nel­len Pflege­dienst ebenfalls in den Geltungs­be­reich des damali­gen § 1906 BGB fiel (seit einer Reform des Vormund­schafts- und Betreu­ungs­rechts im Jahr 2023 greift § 1831 BGB). Für die häusli­che Pflege durch Angehö­rige galt und gilt dies nach wie vor nicht.

Begrün­det wurde dies damit, dass durch einen profes­sio­nel­len Pflege­dienst­mit­ar­bei­ter die Häuslich­keit für die Dauer der Versor­gung aufge­ho­ben sei. Entspre­chend würden so für die statio­näre und die häusli­che Betreu­ung gleicher­ma­ßen die gesetz­li­chen Voraus­set­zun­gen für freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men gelten.

Auch Entschei­dun­gen des LG Hamburg (BtPrax 1995, S. 31) und des AG Tempel­hof-Kreuz­berg (BtPrax 1998, S. 194f.) stütz­ten lange Zeit diese Auffas­sung. Demnach falle unter den Begriff „sonstige Einrich­tung“ auch die private Wohnung, wenn die Wohnver­hält­nisse denen einer statio­nä­ren Einrich­tung entsprä­chen oder vergleich­bar seien.

Das AG Garmisch-Parten­kir­chen hat sich mit Beschluss vom 28.05.2019 (A XVII 9/18) jüngst gegen diese Auffas­sung gestellt.

Richter­li­che Geneh­mi­gung bei Fixie­rungs­maß­nah­men zu Hause

In diesem Fall ging es um eine 96-jährige bettlä­ge­rige Frau, die seit einigen Jahren von einer 24-Stunden-Pflege­kraft ambulant zu Hause versorgt wurde.

Wieder­holte Male war die Frau aus ihrem Bett gefal­len, weshalb ihr recht­li­cher Betreuer die Anbrin­gung eines Bettgit­ters gericht­lich geneh­mi­gen lassen wollte. Die Frau ist wegen Demenz selbst nicht mehr in der Lage in die Maßnahme einzu­wil­li­gen.

Das Gericht stellte fest, dass die Maßnahme geneh­mi­gungs­frei ist. Die Bestim­mun­gen aus dem damali­gen § 1906 BGB (heute § 1831 BGB), nach denen freiheits­ent­zie­hende Maßnahme nur mit richter­li­cher Geneh­mi­gung zuläs­sig sind, würden auf die häusli­che Pflege durch einen profes­sio­nel­len Pflege­dienst nicht zutref­fen.

„Sonstige Einrich­tung“ gemäß des damali­gen § 1906 BGB müssen folgende Charak­te­ris­tika erfül­len:

  • Sie müssen einen äußeren räumli­chen Rahmen darstel­len
  • Es muss eine Versor­gungs­leis­tung angebo­ten werden
  • Die Versor­gungs­leis­tung muss darauf ausge­legt sein mehrere Perso­nen nachein­an­der zu versor­gen

Diese drei Punkte treffen auf eine Versor­gungs­si­tua­tion im priva­ten Umfeld nicht zu, auch wenn sie von einem profes­sio­nel­len Pflege­dienst vollzo­gen werden.

Das bedeu­tet aller­dings nicht, dass Vorsor­ge­be­voll­mäch­tigte im häusli­chen Umfeld tun und lassen können, was sie wollen. Alle getrof­fe­nen Maßnah­men müssen eine Rechts­grund­lage haben. Sie müssen aller­dings nicht zusätz­lich richter­lich geneh­migt werden.

Sollte der Betreuer eine Maßnahme treffen, die so kein Heim geneh­mi­gen würde, dann muss sein Handeln entspre­chend überprüft werden, gegebe­nen­falls durch einen anderen Vertre­ter.

FAQ

Wann sind Fixie­run­gen gerecht­fer­tigt?

Eine Fixie­rung ist denkbar, wenn der Patient für sich selbst oder andere eine Gefahr darstellt. Sie sollte immer nur das aller­letzte Mittel sein, um eine angemes­sene Versor­gungs­si­tua­tion sicher­zu­stel­len, da sie eine extreme Grund­rechts­ein­schrän­kung bedeu­tet. Deshalb sollte immer abgewägt werden, ob eine Fixie­rung legitim und die mildeste Maßnahme ist.

Braucht es eine richter­li­che Geneh­mi­gung für eine Fixie­rung in der häusli­chen Pflege?

Es gibt keine recht­li­che Regelung für richter­li­che Geneh­mi­gun­gen von Fixie­run­gen für die häusli­che Pflege von Angehö­ri­gen. Was die häusli­che Pflege durch einen profes­sio­nel­len Pflege­dienst angeht, gibt es in der Rechts­spre­chung unter­schied­li­che Entschei­dun­gen. Generell muss das private Umfeld aller­dings bestimmte Krite­rien erfül­len, um als „sonstige Einrich­tung“ im Sinne des § 1831 BGB zu gelten.

Sind Fixie­run­gen gegen den Willen der betrof­fe­nen Person möglich

Generell muss in Fixie­run­gen immer einge­wil­ligt werden. Wenn die betrof­fene Person selbst nicht einwil­li­gen kann, muss ein Betreuer oder Vorsor­ge­be­voll­mäch­tig­ter einwil­li­gen. Dann muss zudem eine richter­li­che Geneh­mi­gung einge­holt werden. Eine kurzfris­tige Fixie­rung ohne Einwil­li­gung ist nur im Rahmen des recht­fer­ti­gen­den Notstan­des gemäß § 34 StGB denkbar.

Fazit

Freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men erfül­len den Tatbe­stand einer Freiheits­be­rau­bung, benöti­gen deshalb eine Einwil­li­gung und müssen entspre­chend ärztlich angeord­net sowie richter­lich geneh­migt werden.

Für Fixie­run­gen im häusli­chen Umfeld gibt es keine eindeu­tige Rechts­spre­chung, was ihre Zuläs­sig­keit angeht. Generell müssen dort alle Maßnah­men durch einen Betreuer oder Vorsor­ge­be­voll­mäch­tig­ten getrof­fen werden.

Die getrof­fe­nen Maßnah­men müssen sich an üblichen Mitteln statio­nä­rer Einrich­tun­gen orien­tie­ren und benöti­gen eine entspre­chende Rechts­grund­lage. Aller­dings müssen sie nicht richter­lich geprüft werden.