Amtsgericht Fixierung
In welchen Fällen ist die Zustim­mung des Betreu­ungs­ge­rich­tes (beim Amtsge­richt) für eine freiheits­ent­zie­hende Maßnahme notwen­dig? Bild: Aldorado10/Dreamstime

Eine Fixie­rung ist Freiheits­be­rau­bung

Die Fixie­rung eines Patien­ten erfüllt zunächst den Tatbe­stand der Freiheits­be­rau­bung gemäß § 239 StGB. Die straf­recht­li­che Relevanz einer freiheits­ent­zie­hen­den Maßnahme ist immer dann gegeben, wenn sie ohne Einwil­li­gung und ohne Recht­fer­ti­gung vollzo­gen wird.

In einigen Fällen sind Fixie­run­gen für eine sichere Versor­gung der Patien­ten jedoch unumgäng­lich. In einer solchen Situa­tion kann auch der betreu­ter Patient der Fixie­rung zustim­men. Die Recht­spre­chung geht hier davon aus, dass für diese Entschei­dung nicht die Geschäfts­fä­hig­keit einer Person, sondern ihr natür­li­cher Wille ausrei­chend ist.

Die Wirksam­keit der Willens­er­klä­rung setzt dann jedoch voraus, dass der Betrof­fene den Wert und die Bedeu­tung seines Freiheits­rechts sowie die Folgen und Risiken seiner Zustim­mung erfas­sen kann.

Liegen diese Voraus­set­zun­gen beim betreu­ten Patien­ten nicht vor, kann eine freiheits­ent­zie­hende Maßnahme straf­recht­li­che Konse­quen­zen für dieje­ni­gen haben, die sie vorge­nom­men haben. Damit es dazu nicht kommt, bedarf es der Zustim­mung durch den Betreuer oder Vorsor­ge­be­voll­mäch­tig­ten.

Ärztli­che Anord­nung nötig

Eine Fixie­rung kann grund­sätz­lich nur mit ärztli­cher Anord­nung umgesetzt werden. Bei akuter Gefähr­dung zum Beispiel durch aggres­sive und alkoho­li­sierte Patien­ten muss das Pflege­per­so­nal jedoch unter Umstän­den die Fixie­rung auch ohne direkte ärztli­che Anord­nung vorneh­men.

Recht­lich abgesi­chert ist eine freiheits­ent­zie­hende Maßnahme ohne ärztli­che Anord­nung zunächst durch den „recht­fer­ti­gen­den Notstand“. Auf dieser Basis darf das Pflege­per­so­nal die Gefahr selbst abschät­zen und tätig werden. Zumin­dest solange bis ein Arzt eintrifft und die Verant­wor­tung für die Maßnahme übernimmt.

Bis dahin handelt es sich um eine sogenannte „Notstands­fi­xie­rung“ (§ 34 StGB). Der Arzt muss die Gefähr­dung schließ­lich bestä­ti­gen und anord­nen, dass die Fixie­rung offizi­ell weiter geführt werden soll.

Wann braucht es eine richter­li­che Geneh­mi­gung?

Erfolgt die freiheits­ent­zie­hende Maßnahme über einen länge­ren Zeitraum oder regel­mä­ßig (mehr als sieben Tage in Folge) bedarf die zustim­mende Willens­er­klä­rung des gesetz­li­chen Vertre­ters zusätz­lich noch der betreu­ungs­ge­richt­li­chen Geneh­mi­gung gemäß § 1831 BGB.

Was mit „länge­rer Zeitraum“ gemeint ist, bleibt in der Rechts­spre­chung unscharf. Seit einem Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2018 muss bei einer Gurtfi­xie­rung ab 30 Minuten von einer länge­ren Fixie­rung ausge­gan­gen werden.

Die Zustim­mung des Betreu­ungs­ge­rich­tes ist immer dann erfor­der­lich, wenn der Betrof­fene sich in einer statio­nä­ren Einrich­tung befin­det.

Hierzu zählen Klini­ken und Alten­pfle­ge­ein­rich­tun­gen jedwe­der Art und Gattung. Nach ständi­ger Rechts­spre­chung findet der Geneh­mi­gungs­vor­be­halt des § 1831 BGB auch auf freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men in geschlos­se­nen Einrich­tun­gen Anwen­dung.

Freiheits­ent­zie­hende Maßnah­men im häusli­chen Umfeld

Inter­es­sant ist in diesem Zusam­men­hang die Frage, ob eine freiheits­ent­zie­hende Unter­brin­gung nach § 1831 BGB auch im häusli­chen Umfeld zur Anwen­dung gelangt. Der Einrich­tungs­be­griff ist vom Schutz­zweck der Norm her weit auszu­le­gen, sodass eine sonstige Einrich­tung auch durch­aus die eigene Wohnung des Betreu­ten sein kann.

Bei einem Einsper­ren des Betreu­ten in seiner eigenen Wohnung greift das Gesetz nur, wenn die freiheits­ent­zie­hende Maßnahme durch den Betreuer selbst erfolgt.

Anders wäre der Sachver­halt nur dann zu beurtei­len, wenn die Pflege und Betreu­ung des Patien­ten durch Famili­en­an­ge­hö­rige vollzo­gen wird. In diesem Fall wäre die freiheits­ent­zie­hende Maßnahme einer gericht­li­chen Überprü­fung entzo­gen. Unange­tas­tet bleibt jedoch die straf­recht­li­che Verant­wor­tung des Angehö­ri­gen für ungerecht­fer­tigte Fixie­rungs­maß­nah­men gemäß § 239 StGB.