Rat und Tat in allen Gesundheitsfragen, Ernährungsberatung, Vermittlung zu spezialisierten Ärzten und Kliniken oder Hilfe bei psychischen Problemen, oder einfach mal Zeit für ein Gespräch – und das alles niedrigschwellig, mehrsprachig und aus einer Hand: Nach dem Erfolg der Pilotprojekte für „Gesundheitskioske“ in ausgewählten deutschen Großstädten will Bundes-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das Modell bundesweit etablieren. Hierzu plant der Minister entsprechende Initiativen, eine konkrete Ausgestaltung dessen gibt es jedoch noch nicht.
Seit Mitte bis Ende vergangenen Jahren gibt es die ersten dieser Einrichtungen. Eines haben sie alle gemein: Sie liegen in Stadtteilen mit niedrigem Sozialprestige, hoher Arbeitslosigkeit und hohem Migranten-Anteil. Deswegen ist Mehrsprachigkeit, etwa Angebote auf Englisch, Französisch, Türkisch, Polnisch oder Arabisch, absoluter Standard, ebsnso wie die Zentralität und gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer Hilfe oder Rat benötigt, kann einfach vorbeikommen.
Das Konzept soll die Lücke schließen zwischen dem bloßen Nichtstun bei gesundheitlichen Problemen und dem Arztbesuch, der vielen eine zu hohe Schwelle ist.
Zumal allermeist niedergelassene Ärzte in sozial schwächeren Stadtteilen viel dünner gesät und Termine deshalb schwieriger zu bekommen sind als in „wohlhabenden“ Vierteln derselben Stadt, wo Privatpatienten, die Bereitschaft zu Zusatzleistungen und weniger gravierende gesundheitliche Probleme einige der Standortfaktoren sind – das gilt erst recht für Fachärzte. Vielerorts arbeiten für die neuen Angebote städtische Stellen mit gesetzlichen Krankenkassen und Ärztenetzwerken zusammen, oft begleitet von einer wissenschaftlichen Evaluierung.
Gesundheitskiosk: Städtische „Problemviertel“ besonders im Fokus
Die ersten Gesundheitskioske hatten in den Hamburger Stadtteilen Billstedt, Horn und Mümmelmannsberg eröffnet, in Essen-Altenessen und ‑Katernberg sowie in Köln-Chorweiler – dort unter dem sehr schönen Namen „Die Kümmerei“. Im April 2022 kam eine Einrichtung in Aachen-Rothe Erde hinzu, die sich zugleich mit mobilen Angeboten um die komplette Euregio, dem Gebiet um die Regionalmetropole am deutsch-belgisch-niederländischen Dreiländereck kümmern will.
„Diese Konzepte haben sich als sehr wirksam erwiesen“, so Lauterbach zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Gesundheitskioske stehen zur Seite bei der Terminvereinbarung mit Ärzten oder Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), oder auch beim Übersetzen von Texten mit gesundheitlichem Bezug.
Auch von Nutzen sein sollen sie, falls sich ab dem kommenden Herbst die Coronapandemie nochmals zuspitzen sollte. Die Impfquoten in sozial schlechtergestellten Stadtteilen hatten sich als niedriger, die Inzidenzen als höher erwiesen (ein Beispiel dafür aus Köln siehe hier). Experten vermuten, dass die mangelnde Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund eine Ursache hierfür sein könnte. Die Gesundheitskioske könnten, in der jeweiligen Landes- und Umgangssprache der Menschen vor Ort, Hilfe leisten, sie zum Impfen zu motivieren, so die Hoffnung.
Cannabis-Legalisierung soll bereits Anfang 2023 kommen
Zugleich kündigte Lauterbach an, noch in der zweiten Jahreshälfte einen Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung vorzulegen. Die Legalisierung von THC-haltigen Produkten, die im Koalitionsvertrag verankert ist, ist eine der schillernden Vereinbarungen des Ampel-Bündnisses.
Der Schaden einer Nicht-Legalisierung etwa durch den Verkauf von verunreinigtem Material scheine größer zu sein als eine kontrollierte Abgabe, erläuterte Lauterbach im Gespräch mit der FAZ. Laut Bundes-Justizminister Marco Buschmann (FDP) sei es denkbar, dass die Legalisierung dann im Frühjahr 2023 in Kraft trete. Von der Legalisierung versprechen sich die Befürworter zudem Steuereinnahmen, eingesparte Ressourcen bei Polizei und Justiz durch die wegfallende Verfolgung von Cannabis-Delikten. Hier haben wir noch mehr zu den Pros und Contras einer Legalisierung.