Gesundheitskiosk
Bundes­mi­nis­ter für Gesund­heit, Karl Lauter­bach (SPD) Bild: BMG/Thomas Ecke

Rat und Tat in allen Gesund­heits­fra­gen, Ernäh­rungs­be­ra­tung, Vermitt­lung zu spezia­li­sier­ten Ärzten und Klini­ken oder Hilfe bei psychi­schen Proble­men, oder einfach mal Zeit für ein Gespräch – und das alles niedrig­schwel­lig, mehrspra­chig und aus einer Hand: Nach dem Erfolg der Pilot­pro­jekte für „Gesund­heits­ki­oske“ in ausge­wähl­ten deutschen Großstäd­ten will Bundes-Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) das Modell bundes­weit etablie­ren. Hierzu plant der Minis­ter entspre­chende Initia­ti­ven, eine konkrete Ausge­stal­tung dessen gibt es jedoch noch nicht.

Seit Mitte bis Ende vergan­ge­nen Jahren gibt es die ersten dieser Einrich­tun­gen. Eines haben sie alle gemein: Sie liegen in Stadt­tei­len mit niedri­gem Sozial­pres­tige, hoher Arbeits­lo­sig­keit und hohem Migran­ten-Anteil. Deswe­gen ist Mehrspra­chig­keit, etwa Angebote auf Englisch, Franzö­sisch, Türkisch, Polnisch oder Arabisch, absolu­ter Standard, ebsnso wie die Zentra­li­tät und gute Erreich­bar­keit mit öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln. Wer Hilfe oder Rat benötigt, kann einfach vorbei­kom­men.

Das Konzept soll die Lücke schlie­ßen zwischen dem bloßen Nichts­tun bei gesund­heit­li­chen Proble­men und dem Arztbe­such, der vielen eine zu hohe Schwelle ist.

Zumal aller­meist nieder­ge­las­sene Ärzte in sozial schwä­che­ren Stadt­tei­len viel dünner gesät und Termine deshalb schwie­ri­ger zu bekom­men sind als in „wohlha­ben­den“ Vierteln dersel­ben Stadt, wo Privat­pa­ti­en­ten, die Bereit­schaft zu Zusatz­leis­tun­gen und weniger gravie­rende gesund­heit­li­che Probleme einige der Stand­ort­fak­to­ren sind – das gilt erst recht für Fachärzte. Vieler­orts arbei­ten für die neuen Angebote städti­sche Stellen mit gesetz­li­chen Kranken­kas­sen und Ärzte­netz­wer­ken zusam­men, oft beglei­tet von einer wissen­schaft­li­chen Evalu­ie­rung.

Gesund­heits­ki­osk: Städti­sche „Problem­vier­tel“ beson­ders im Fokus

Die ersten Gesund­heits­ki­oske hatten in den Hambur­ger Stadt­tei­len Billstedt, Horn und Mümmel­manns­berg eröff­net, in Essen-Alten­es­sen und ‑Katern­berg sowie in Köln-Chorwei­ler – dort unter dem sehr schönen Namen „Die Kümme­rei“. Im April 2022 kam eine Einrich­tung in Aachen-Rothe Erde hinzu, die sich zugleich mit mobilen Angebo­ten um die komplette Euregio, dem Gebiet um die Regio­nal­me­tro­pole am deutsch-belgisch-nieder­län­di­schen Dreilän­der­eck kümmern will.

„Diese Konzepte haben sich als sehr wirksam erwie­sen“, so Lauter­bach zur Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung. Die Gesund­heits­ki­oske stehen zur Seite bei der Termin­ver­ein­ba­rung mit Ärzten oder Medizi­ni­schen Versor­gungs­zen­tren (MVZ), oder auch beim Überset­zen von Texten mit gesund­heit­li­chem Bezug.

Auch von Nutzen sein sollen sie, falls sich ab dem kommen­den Herbst die Corona­pan­de­mie nochmals zuspit­zen sollte. Die Impfquo­ten in sozial schlech­ter­ge­stell­ten Stadt­tei­len hatten sich als niedri­ger, die Inziden­zen als höher erwie­sen (ein Beispiel dafür aus Köln siehe hier). Exper­ten vermu­ten, dass die mangelnde Anspra­che von Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund eine Ursache hierfür sein könnte. Die Gesund­heits­ki­oske könnten, in der jewei­li­gen Landes- und Umgangs­spra­che der Menschen vor Ort, Hilfe leisten, sie zum Impfen zu motivie­ren, so die Hoffnung.

Canna­bis-Legali­sie­rung soll bereits Anfang 2023 kommen

Zugleich kündigte Lauter­bach an, noch in der zweiten Jahres­hälfte einen Geset­zes­ent­wurf zur Canna­bis-Legali­sie­rung vorzu­le­gen. Die Legali­sie­rung von THC-halti­gen Produk­ten, die im Koali­ti­ons­ver­trag veran­kert ist, ist eine der schil­lern­den Verein­ba­run­gen des Ampel-Bündnis­ses.

Der Schaden einer Nicht-Legali­sie­rung etwa durch den Verkauf von verun­rei­nig­tem Material scheine größer zu sein als eine kontrol­lierte Abgabe, erläu­terte Lauter­bach im Gespräch mit der FAZ. Laut Bundes-Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) sei es denkbar, dass die Legali­sie­rung dann im Frühjahr 2023 in Kraft trete. Von der Legali­sie­rung verspre­chen sich die Befür­wor­ter zudem Steuer­ein­nah­men, einge­sparte Ressour­cen bei Polizei und Justiz durch die wegfal­lende Verfol­gung von Canna­bis-Delik­ten. Hier haben wir noch mehr zu den Pros und Contras einer Legali­sie­rung.