Die Situation auf dem Pflegemarkt könnte sich womöglich bald etwas entspannen. Im Herbst 2019 soll das neue Gesetz durch den Bundestag gehen und zum Ende des Jahres in Kraft treten. Als Teil der „Konzertierten Aktion Pflege“ wurde das Gesetz am Mittwoch, den 19.06., von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil durchs Kabinett gebracht, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einer Pressemitteilung berichtete.
Notwendigkeit lässt sich nicht verleugnen
Die Zahlen der letzten Jahre sprechen eine deutliche Sprache. In der neuesten Destatis-Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes spiegelt sich die immer weiter öffnende Schere zwischen den ansteigenden Pflegebedürftigen und den vorhandenen Pflegefachkräften wider. Ende 2017 betrug die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland etwas mehr als 3,4 Millionen. Zugleich prognostiziert das RWI Essen einen Bedarf von 80.000 Pflegekräften mehr, als noch im Jahr 2015 vorhanden waren. Doch der Beruf schreckt immer noch viele Leute ab. In vielen Fällen werden Pflegekräfte nur sehr schlecht bezahlt. Der Median des durschnittlichen Jahresbruttogehalts liegt nach Angaben des Internetportals Statista in der deutschen Altenpflege liegt aktuell bei knapp 30.000Euro, wobei sich die Löhne noch nach Geschlecht, Alter und Mitarbeiterzahl unterscheiden.
Lohnuntergrenzen sollen kommen
Das neue Gesetz soll den Pflegekräften nach Informationen des BMAS mittels einer Lohnuntergrenze ein höheres Einkommen gewähren. Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen Altenpflegerkräfte in Zukunft mindestens 2.500 Euro pro Monat verdienen, so Spiegel Online. Ziel sei es, in der gesamten Pflegebranche einen allgemeingültigen Tarifvertrag nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz festzulegen. Sollte dies scheitern, gibt es noch einen Plan B: Die Pflegekommission. Diese soll mit dem Gesetz dauerhaft installiert werden und die Mindestlöhne sowie die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte überarbeiten und neu definieren. Beide Maßnahmen sollen die bisherigen Lohnunterschiede zwischen West- und Ostdeutschland ausgleichen und den Beruf deutlich attraktiver machen.
Noch Unklarheiten bei der Finanzierung
Laut des IGES-Instituts für das Gesundheitsministerium liegen die Kosten für Umsetzung der angestrebten Tarifverträge des neuen Gesetzes zwischen 3,1 und 5,2 Milliarden Euro. Die Lösung mit den erhöhten Mindestlöhnen würde deutlich billiger ausfallen. Woher das Geld kommen soll, darüber traf das Arbeitsministerium noch keine Aussage. Sobald ein genauer Betrag feststeht, wird das Gesundheitsministerium ein Finanzierungskonzept vorlegen. Denkbar wären laut Spiegel Online höhere Beiträge zur Rentenversicherung oder Steuergelder.
Kritiker befürchten, dass die Finanzierung des Gesetzes genau diejenigen betrifft, die sich bereits in der Pflege befinden. Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung kommt nach aktuellem Stand auch nur für einen Teil der Kosten auf. Die Betroffenen tragen häufig kanpp 50% der Kosten selbst. Das sind durchschnittlich 1.800 Euro im Monat. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert das Vorgehen des Ministeriums stark. Bereits über ein Drittel der über 800.000 Pflegeedürftigen sind schon jetzt auf Sozialhilfe angewiesen. Man befürchtet einen starken Armutszuwachs durch ansteigenden Kosten für Unterkunft, Versorgung und die Finanzierung der Pflege. Laut Springer Pflege versicherte Hubertus Heil, dass die Mehrkosten nicht von den Pflegeheimbewohnern getragen werden müssen. Auch deren Angehörige müssen erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro für die Pflegekosten aufkommen.
Es bleibt abzuwarten, mit welchen Regelungen das Gesetz in Kraft treten wird.
Quelle: BMAS; Statistisches Bundesamt; RWI Essen; Statista; Springer Pflege; Spiegel Online