Dekubitus nach Sturz und OP
In einem Urteil des OLG Karlsruhe vom 3. April 2014 (9U 123/13) ging eine Klägerin gegen eine verminderte Leistung ihrer Unfall-Zusatzversicherung bei der Beklagten gerichtlich vor.
Ihr Vater brach sich bei einem häuslichen Sturz im Juli 2011 den linken Oberschenkelknochen. Dieser wurde zunächst in der Uniklinik operativ behandelt, später stationär in mehreren Krankenhäusern.
Infolge der Behandlungen entwickelten sich beim Vater Dekubitusgeschwüre an der linken Ferse und am linken Unterschenkel. Dies führte dann sogar zu einer Amputation des Unterschenkels, welche schließlich in eine tödliche Sepsis mündete. Der Vater verstarb.
Die Beklagte musste der Klägerin nach Urteil des LG Waldshut-Tiengen lediglich 50 Prozent der Versicherungsleistung auszahlen, da angenommen wurde, dass die Vorerkrankungen des Vaters ursächlich für seinen Tod waren.
Der Vater litt im Vorfeld bereits an einer Niereninsuffizienz und arterieller Verschlusskrankheit, die jedoch nicht in Bezug zum Unfall und zur Todesursache gestanden haben. Letzten Endes sei er aber an den Folgen des Unfalls gestorben.
Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein – mit Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Leistung wegen einer mitwirkenden Verursachung durch Vorerkrankungen lagen in diesem Fall nicht vor. Schuld am Tod des Vaters war der Unfall, der anschließende Dekubitus und die Sepsiserkrankung. Die Klägerin erhielt die volle Versicherungszahlung in Höhe von 52.000 Euro.
Hinweis: Eine versicherungsvertragsrechtlich relevante „mitwirkende Verursachung des Todes durch Vorerkrankungen“ ist nur anzunehmen, wenn feststeht, dass der (unfallbedingte) Tod des Versicherungsnehmers ohne die Vorerkrankungen nicht eingetreten wäre. Hierbei ist ein Beweis nach § 286 Absatz 1 ZPO erforderlich.
Dekubitus: Defintion, Entstehung, Folgen
Unter einem Dekubitus versteht man eine Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes aufgrund von längerer Druckbelastung. Dabei ist vor allem die Durchblutung der Haut gestört.
Der Unfall des Vaters im obigen Fall habe den Krankenhausaufenthalt gezwungenermaßen erfordert. Ohne den Unfall wäre der Dekubitus und die tödliche Sepsis demnach nicht entstanden.
Dekubitusgeschwüre können bei älteren Menschen auch ohne den Einfluss von Vorerkrankungen auftreten. Grund dafür kann, wie auch in diesem Fall, das ständige und lange Liegen im Krankenhaus sein.
Bei jedem Dekubitusgeschwür besteht zudem grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass sich eine tödlich verlaufende Sepsis entwickeln kann. Es ist zwar möglich oder wahrscheinlich, dass die arterielle Verschlusskrankheit des Vaters für das Auftreten der Druckgeschwüre mitursächlich war. Eine eindeutige Feststellung war hierzu jedoch nachträglich nicht mehr möglich.
Es ist anzunehmen, dass die Verursachung der Dekubitusgeschwüre auch ohne Vorerkrankungen bei dem 75-Jährigen nicht wesentlich anders verlaufen wäre.
Wie erkenne ich eine Sepsis?
Eine Sepsis, oder auch Blutvergiftung, beschreibt eine Entzündungsreaktion des Körpers auf eine Infektion, die sich über das Blut auf den ganzen Körper ausbreitet. Ursächlich für eine Blutvergiftung sind häufig Bakterien.
Die Anwesenheit der Keime im Blut ist jedoch nicht der Hauptgrund für eine Sepsis-Erkrankung. Vielmehr ist es die Immunreaktion des Körpers, der den bakteriellen Befall nicht beseitigen kann.
Das Vorhandensein von Bakerien im Blut bedeutet jedoch noch lange keine Blutvergiftung. Kleine Mengen an Bakterien sind mitunter normal und kein Problem für das Immunsystem. Erst wenn der Erregerbefall deutlich höher wird, besteht ernsthafte Gefahr.
Typische Anzeichen einer Blutvergiftung sind:
- eine stark erhöhte oder niedrige Körpertemperatur
- ein stark erhöhter Pulsschlag
- eine erhöhte Atemfrequenz
- eine starke Zu- oder Abnahme weißer Blutkörperchen (Leukozyten) im Blut
Diese Symptome sind erste Anzeichen einer Sepsis. Man spricht hierbei jedoch zunächst von einer SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome).
Eine Sepsis ist erst dann erreicht, wenn eine Infektion die Immunabwehr des Körpers nachweislich angreift. Kommt es infolge dessen zu Organversagen, spricht man von einer schweren Sepsis.
Ist aufgrund der Entzündungsreaktion lediglich der Blutdruck nicht mehr intakt bzw. abfallend, spricht man von einem septischen Schock.
Wie behandelt man eine Sepsis?
Bei einer einfachen Sepsis reicht es in der Regel aus, die Infektionsquelle mittels Antibiotika zu bekämpfen.
Bei einem schwereren Verlauf ist ein Aufenthalt auf der Intensivstation nahezu unausweichlich, da auch die Funktion der Organe stetig beobachtet werden muss. Zusätzlich zu Antibiotikum können folgende Maßnahmen zur Bekämpfung greifen:
- Infusion als Flüssigkeitsersatz oder Nährlösungen, wenn Patienten nicht mehr Essen können
- Transfusion, also Ersatz von Blutzellen und Plasma
- Unterstützung beeinträchtigter Organe, zum Beispiel durch künstliche Beatmung oder Dialyse
- gerinnungshemmende Medikamente zur Thrombosevorbeugung
- optional blutzuckersenkende Insulintherapie
Gefahren durch Sepsis
Ohne eine Behandlung nimmt der Kampf des Körpers gegen die Erreger der Blutvergiftung ein bitteres Ende. Schäden an Organen und Gefäßen sind die Folge. Der Verlauf der Sepsis ist dabei abhängig vom auslösenden Bakterium, dem Alter und Wohlbefinden des Patienten.
Ist die Durchblutung lebenswichtiger Organe nicht mehr gewährleistet, kann es zu einem Herz-Kreislauf-Versagen (septischer Schock) kommen. Bei ersten Anzeichen einer Sepsis sollte man demnach dringend zum Arzt gehen. Je früher das Problem bekämpft wird, desto höher stehen die Chancen auf eine Komplettheilung.
Jedoch kann es auch nach einer erfolgreichen Therapie zu Folgeschäden wie Nervenschäden, Muskelschwäche, Stress oder Depressionen kommen. Auch hier ist bei ersten Anzeichen sofort ein Arzt zu informieren.
Bleibt eine Behandlung aus, oder kann sie bei bestimmten Patienten nicht erfolgreich vollzogen werden, führt die Blutvergiftung in der Regel zum Tod.
Da eine Sepsis, wie auch im obigen Sachverhalt häufig aus einem Dekubitus hervorgeht, gilt es, diesem bereits vorzubeugen:
Dekubitusprophylaxe und ‑Behandlung
Zur Prophylaxe eines Dekubitus ist eine regelmäßige Bewegung und Mobilisation enorm wichtig. Zudem sollte die Haut und das Gewebe mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden. Der Einsatz von Medikamenten oder medizinischen Hilfsmitteln zur Vorbeugung eines Dekubitus ist in der Regel gründlich abzuwägen und zu begründen.
Essenziell für die Heilung eines Dekubitus ist die Beseitigung der Ursache – also der Druckverminderung. Bei bettlägerigen Patienten kommen daher spezielle Dekubitus-Matratzen oder spezielle Betten zum Einsatz. Die regelmäßige Umlagerung von Patienten kann ebenfalls helfen.
Ist die Druckentlastung erfolgreich, so kann die Dekubituswunde heilen.