Wie weit geht der Arbeitsschutz?
Impfkosten und Arbeitsschutz: gehört das zusammen? Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dass es seinen Mitarbeitenden gut geht. Er muss für die Sicherheit und die Gesundheit des Personals Sorge tragen und deshalb auch bestimmte Maßnahmen ergreifen. Damit das tatsächlich passiert, gibt es ein eigenes Gesetz dafür.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) schreibt dem Arbeitgeber hier einige Grundpflichten vor. So ist es dem Arbeitgeber nicht möglich einfach irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen und zu behaupten, diese würden der Sicherheit und Gesundheit des Personals dienen.
Es muss auch nachweislich die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft werden. Gegebenenfalls müssen die Maßnahmen angepasst werden. Das langfristige Ziel ist die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für die Beschäftigten immer weiter zu verbessern.
Kosten für Schutzmaßnahmen
Damit das reibungslos abläuft, müssen die Maßnahmen auf die Art der Tätigkeit und die Zahl der Beschäftigten abgestimmt sein. Dazu muss eine geeignete Organisation und ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Außerdem müssen die Maßnahmen so in die betrieblichen Strukturen eingebunden sein, dass sie für die Beschäftigten ohne Komplikationen wahrgenommen werden können.
§ 3 Absatz 3 ArbSchG sieht hierbei explizit vor, dass Kosten für die Maßnahmen nicht den Beschäftigten auferlegt werden dürfen. Aber gilt das auch für die Impfkostenübernahme durch Arbeitgeber?
Ist eine Erstattung der Impfkosten durch den Arbeitgeber möglich?
Angenommen in einer Pflegeeinrichtung gebe es ein erhebliches Gesundheitsrisiko durch das Hepatitits-B-Virus. Zum Eigenschutz müsste sich das gesamte Personal gegen den Erreger impfen lassen. Muss der Einrichtungsträger in diesem Fall die Kosten der Impfung für alle Angestellten übernehmen?
Wie bereits dargestellt regelt § 3 ArbSchG die Frage der Kostenübernahme für Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Allerdings gibt es hierbei keine konkrete Vorgabe über die Art und den Umfang der entsprechenden Schutzmaßnahmen.
Für eine Gefährdung durch das Hepatitis-B-Virus wäre neben dem Arbeitsschutzgesetz zusätzlich die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften und insbesondere die „Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 250“ (TRBA) hinzuzuziehen.
Punk 10 „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ der TRBA legt hierbei Folgendes fest:
Impfungen sind als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge den Beschäftigten anzubieten, soweit das Risiko einer Infektion tätigkeitsbedingt und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht ist und der oder die Beschäftigte nicht bereits über einen ausreichenden Immunschutz verfügt.
Die Bestimmungen der TRBA konkretisieren in ihrem Anwendungsbereich hierbei die Vorgaben der Biostoffverordnung. In § 2 Absatz 14 BioStoffV ist explizit erwähnt, dass „Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ Arbeitsstätten sind, „in denen Menschen stationär medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden oder ambulant medizinisch oder behandelt werden“.
Daraus ergibt sich also, dass der Arbeitgeber immer dann eine Impfung anbieten muss, wenn durch die Tätigkeit ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht und dass dies wohl auch zutrifft auf das Hepatitis-B-Virus und auf Einrichtungen zur Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen zu.
Das heißt, die Kostenerstattung der Impfung kann in einigen Fällen tatsächlich durch den Arbeitgeber erfolgen. Dafür muss der Arbeitgeber prüfen, welche Mitarbeitenden inwieweit gefährdet sind.
Das Infektionsrisiko ist entscheidend
Der Arbeitgeber muss also im Bilde sein, welche Tätigkeiten mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden sind. Er muss hierfür die sogenannten „Expositionsbedingungen“ überprüfen und ermitteln, welche Maßnahmen einen geeigneten Schutz bieten.
Die TRBA haben in § 3 „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ eine Tabelle über das Vorkommen und die Übertragung einiger relevanter Infektionserreger mit Tätigkeitsbeispielen aufgeführt. Das beinhaltet auch einige Beispielszenarien für das Hepatitis-B-Virus aber auch für andere Erreger.
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass der Hepatitis-B-Virus hauptäschlich über Blut verbreitet wird und das dies vor allem in den Tätigkeitsbereichen „Operationen; Legen parenteraler Zugänge; Blutentnahmen“ passieren kann. Bei der Liste handelt es sich jedoch nur um Beispiele und keine vollständige Aufführung aller tatsächlich möglichen Infektionsszenarien.
In der Regel betrifft ein erhöhtes Infektionsrisiko mit dem Hepatitis-B-Virus Tätigkeiten, bei denen es in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, ‑ausscheidungen oder ‑gewebe kommen kann, beziehungsweise auf Tätigkeiten, die mit einer erhöhten Verletzungsgefahr (zum Beispiel Nadelstichverletzungen) oder der Gefahr von Verspritzen und Aerosolbildung einhergehen.
Wem können Impfkosten konkret erstattet werden?
Für die Frage, wem die Kosten im dargestellten Fall für die Impfung übernommen werden, bedeutet das Folgendes: Nach Abwägung eines erhöhten Infektionsrisikos für die verschiedenen Tätigkeiten in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, ist es nachvollziehbar, dass Ärztinnen und Ärzten oder dem Pflegepersonal im Stationsdienst die Kosten für eine Hepatitis-B-Impfung übernommen werden.
Demgegenüber müssen Angestellte im Verwaltungs- oder Wirtschaftsbereich weniger mit einem erhöhten Infektionsrisiko rechnen. Dementsprechend muss der Arbeitgeber ihnen auch nicht unbedingt eine Impfung anbieten und die Kosten dafür übernehmen.