Anzeige
Banner
Ausland
Arbei­ten im Ausland – wenn Bezah­lung, Abenteuer oder einfach nur gute Arbeits­be­din­gun­gen wichtig sind Bild: Denys Kurba­tov / Dream­stime

Schlechte Arbeits­be­din­gun­gen, wenig Wertschät­zung, chroni­sche Unter­be­set­zung auf den Statio­nen, wenig Freizeit durch ständi­ges Einsprin­gen-Müssen, eine eher maue Bezah­lung und ein verbes­se­rungs­wür­di­ges Arbeits­um­feld: Angesichts der meist schwie­ri­gen Bedin­gun­gen auf den Statio­nen denken nicht wenige Pflege­kräfte über eine beruf­li­che Zukunft jenseits des deutschen Gesund­heits­sys­tems nach.

Wie das Statis­ti­sche Bundes­amt 2010 in einer Modell­rech­nung hochrech­nete, sollten binnen zehn Jahren rund 152.000 ausge­bil­dete Pflege­kräfte aus Deutsch­land abgewan­dert sein. Neuere Zahlen oder Berech­nun­gen gibt es nicht – schade, denn dieser Befund wäre hochin­ter­es­sant. Schließ­lich ist die Perso­nal­lü­cke in der Pflege bekannt – und eine zusätz­li­che Abwan­de­rung von ferti­gen Kräften verschlim­mert die Lage noch.

Überwie­gend positive Erfah­run­gen von deutschen Pflegen­den in der Schweiz

Als beliebte Ziellän­der im benach­bar­ten Ausland gelten die Schweiz und Öster­reich, das Verei­nigte König­reich, die Nieder­lande, Norwe­gen und Schwe­den. Allesamt Länder mit einem vergleich­ba­ren oder höheren Lebens­stan­dard wie in Deutsch­land, sowie mit bereits vertrau­ten oder für deutsch­spra­chige Auswan­de­rer relativ leicht zu erler­nen­den Sprachen. Gerade die Schweiz punktet mit einer besse­ren Perso­nal­si­tua­tion und höheren Gehäl­tern. „Ich bin seit neun Jahren in der Schweiz und würde nicht mehr zurück­ge­hen“, zitiert die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) eine ins südli­che Nachbar­land ausge­wan­derte Pflege­rin.

Beson­ders die lukra­ti­vere Vergü­tung, die bessere Perso­nal­be­set­zung und das höhere Ansehen der Pflege im Nachbar­land würden von den deutschen Zugewan­der­ten gelobt. Zu den Schat­ten­sei­ten – nicht nur für zugewan­derte Pflege­kräfte – gehöre die in den vergan­ge­nen Jahren gestie­gene Fremden­feind­lich­keit und ein diffu­ses Gefühl der Ableh­nung. Laut des schwei­ze­ri­schen Bundes­am­tes für Statis­tik machen Deutsche mit rund 310.000 Perso­nen mittler­weils die zweit­größte Gruppe der Wohnbe­völ­ke­rung aus dem Ausland aus – knapp hinter Italien, und vor Portu­gal sowie Frank­reich.

Ausland
Vor allem die Schweiz und Öster­reich gelten als beliebte „Auswan­der­ziele“ für Fachkräfte Bild: Pixabay

Deutsch­lands Nachbar­län­der haben unter­schied­li­che Vorzüge – und Nachteile

Bereits 2017 hatten sich Britta Zander und Reinhard Busse von der Techni­schen Univer­si­tät (TU) Berlin, Fachge­biet Manage­ment im Gesund­heits­we­sen, im Rahmen des deutschen Beitrags zur inter­na­tio­na­len Kranken­haus­stu­die „RN4CAST“ (Regis­tered Nurse Forecas­ting) dem Thema der Abwan­de­rung von Pflege­kräf­ten gewid­met. Auf ihrer Website „Pflege wandert aus“ haben sie anhand der Umfrage-Ergeb­nisse unter Beschäf­tig­ten in Klini­ken aus der Studie die Bedin­gun­gen in der Schweiz, den Nieder­lan­den, Großbri­tan­nien, Norwe­gen und Schwe­den mit jenen in Deutsch­land.

Die Stärken der Länder sind dabei unter­schied­lich: Punktet Norwe­gen mit einem beson­ders niedri­gen Perso­nal-Betreu­ten-Verhält­nis und einem guten Arbeits­um­feld, sind es in der Schweiz vor allem die Gehalts­höhe und die empfun­dene Wertschät­zung als Pflege­kraft. In den Nieder­lan­den dagegen war der Anteil derje­ni­gen am gerings­ten, die Burnout-Symptome bei sich bejah­ten.

„In einigen europäi­schen Ländern, die hierzu­lande als inter­es­sante Ziellän­der für Pflege­kräfte gelten, schätzt das dortige Perso­nal die Situa­tion zum Teil deutlich besser ein als Pflege­kräfte hier“, schreibt Zander in ihrem Fazit. „Anderer­seits lassen sich nicht in allen ‚Wunsch‘-Auswanderungsländern jegli­che Hoffnun­gen und Erwar­tun­gen an bessere Arbeits­be­din­gun­gen erfül­len.“ Immer­hin: In der Gesamt­be­trach­tung schnei­det Deutsch­land im Vergleich zu seinen fünf unter­such­ten Nachbar­län­dern in den Krite­rien zwar insge­samt unter­durch­schnitt­lich, jedoch auch nicht hoffnungs­los schlecht ab.

Ein Arbeits-Auslands­auf­ent­halt auf Zeit kann hilfreich sein

Wer einen beruf­li­chen Wechsel ins Ausland ernst­haft in Erwägung zieht, sollte sich deshalb zuvor gründ­lich infor­mie­ren: Neben den genann­ten „harten Fakto­ren“ sind auch die „weichen“ Krite­rien nicht zu unter­schät­zen: Gefällt einem das jewei­lige Klima – man denke etwa an die heißen Sommer in Südeu­ropa oder die kalten, dunklen Winter in Skandi­na­vien? Liegt einem die Sprache, und ist man zum Lernen oder Auffri­schen bereit? Mag man die Lebens­art, Menta­li­tät oder Kultur im jewei­li­gen Zielland?

Ein guter Tipp, um das auszu­tes­ten, ist ein „Wechsel auf Zeit“ ins Ausland – etwa im Rahmen eines Work-and-Travel-Programms, einem Zeitver­trag, sowie – gerade für jüngere Menschen vor oder kurz nach dem Berufs­ein­stieg – Praktika oder Freiwil­li­gen­diens­ten. Auf zahlrei­chen Porta­len, siehe etwa hier, gibt es Infos über verschie­dene Modelle und Möglich­kei­ten. In einem frühe­ren Artikel-Dossier haben wir uns bereits mit dem Arbeits­markt und den Perspek­ti­ven in Spanien für deutsche Pflege­kräfte beschäf­tigt, sowie den dorti­gen regio­na­len Unter­schie­den in Gehalts­höhe und Arbeits­lo­sen­quote.

Zumin­dest formelle Probleme dürften deutsche Pflege­kräfte, die ins nahe europäi­sche Ausland auswan­dern, nicht bekom­men: Durch die EU-Berufs­an­er­ken­nungs­richt­li­nie 2005/36/EG, die 2005 in Kraft getre­ten ist, haben sich die Mitglieds­län­der verpflich­tet, ihre Berufs­an­schlüsse in vergleich­ba­rer Form gegen­sei­tig anzuer­ken­nen – und auch mit dem Nicht-EU-Land Schweiz existiert ein solches Abkom­men. Jedoch geht es nicht ohne „Papier­kram“: Von Land zu Land unter­schied­lich, müssen Abschlüsse einge­reicht werden, gegebe­nen­falls in die Sprache des Ziellan­des übersetzt und beglau­bigt. Auf dem Weg zum erhoff­ten Arbeits­platz jenseits der deutschen Pflege­mi­sere dürfte das Hinder­nis aber überwind­bar sein.