Ist der Dienst­plan unumstöß­lich? Bild: Photo 87593833 © Gpoint­stu­dio – Dreamstime.com

Oftmals verfü­gen Einrich­tun­gen des Gesund­heits­sek­tors über einen bunten Perso­nal­mix aus Fach- und Hilfs­kräf­ten, Auszu­bil­den­den sowie aus Teil- und Vollzeit­ar­bei­ten­den. Für jeden dieser Arbeit­neh­mer ergeben sich Beson­der­hei­ten in der Dienst­plan­ge­stal­tung, die je nach Größe der Einrich­tung sehr komplex werden können. Plötz­li­che Krank­heits­aus­fälle sollten zwar einkal­ku­liert werden, dennoch durch­bre­chen sie jedes Mal den ursprüng­lich geplan­ten Arbeits­ab­lauf. Nicht selten entste­hen auf diese Weise Problem­si­tua­tio­nen: Schich­ten werden plötz­lich getauscht, die neue Dienst­ein­tei­lung erscheint willkür­lich oder der krank­heits­be­dingte Arbeits­aus­fall wird als Überstun­den­ab­bau gewer­tet. Welche Rechte greifen in solchen Situa­tio­nen für Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer? Der Kölner Rechts­an­walt Hubert Klein liefert Antwor­ten auf grund­le­gende recht­li­che Fragen zum Thema Dienst­plan­ge­stal­tung.

Rechts­de­pe­sche: Ein Fallbei­spiel aus der Praxis: Eine Pflege­kraft ist aus Krank­heits­grün­den verhin­dert ihrer Arbeit nachzu­kom­men. Die Schich­ten müssen vertre­tungs­weise von einem Arbeits­kol­le­gen übernom­men werden. Darf der Arbeit­ge­ber im Anschluss an den krank­heits­be­ding­ten Arbeits­aus­fall die Pflege­kraft für zusätz­li­che Schich­ten eintei­len, sodass von dieser die „versäum­ten“ Stunden sozusa­gen nachge­holt werden?

Klein: Um diese Frage zu beant­wor­ten, ist das sogenannte arbeit­ge­ber­sei­tige Weisungs­recht von Bedeu­tung, geregelt durch § 106 Gewer­be­ord­nung (GewO). Die Vorschrift besagt, dass der Arbeit­ge­ber unter anderem ein Weisungs­recht zur Festle­gung der Arbeits­zeit hat. Wichtig zu wissen ist, dass das Weisungs­recht bezüg­lich der Dienst­plan­ge­stal­tung nur einmal ausge­übt werden kann – heißt: Wenn der Dienst­plan einmal final und verbind­lich festge­legt worden ist, dann hat der Arbeit­ge­ber damit sein Weisungs­recht gebraucht und sozusa­gen auch „verbraucht“. Die zeitli­che Folge des Arbeits­ab­lau­fes ist damit konkre­ti­siert. Aus dieser arbeits­ver­trag­li­chen Festschrei­bung kommt der Arbeit­ge­ber einsei­tig „nicht mehr raus“. Auch mit der Eintei­lung zum „Frei“ verbraucht der Arbeit­ge­ber übrigens sein Weisungs­recht.

Rechts­de­pe­sche: Kann der Arbeit­ge­ber denn die durch Krank­heit versäum­ten Schich­ten in späte­ren als „frei“ geplan­ten Schich­ten nachho­len lassen oder die ausfal­len­den Schich­ten zum Überstun­den­ab­bau verrech­nen?

Klein: Nein. Ein Krank­heits­aus­fall darf weder als Überstun­den­ab­bau gewer­tet werden, noch kann sich daraus ein nachträg­li­ches Arbeits-Soll ergeben. Die Zeit der Dienst­leis­tung ist seit verbind­li­cher Festschrei­bung des Dienst­plans festge­legt. Die Konse­quenz des unver­schul­de­ten krank­heits­be­ding­ten Ausfalls war schon seit jeher über § 616 BGB geregelt und ist im heuti­gen Entgelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EntgFG) konkre­ter bestimmt. Wenn die Arbeit ausfällt, weil jemand unver­schul­det krank wurde, entsteht ein Recht auf Entgelt­fort­zah­lung (§ 3 EntgFG). Man wird also weiter­hin während einer Krank­heit bezahlt, ohne dass die Schich­ten nachge­holt werden müssen oder Überstun­den verrech­net werden dürfen.

Rechts­de­pe­sche: Noch eine andere, letzte Frage: Wenn man den Eindruck hat, dass der Dienst­plan der Kolle­gen deutlich angeneh­mer getak­tet ist als der eigene – gibt es beson­dere Regelun­gen dazu, wie „fair“ die Schicht­auf­tei­lung unter den Arbeit­neh­mern gestal­tet sein muss?

Klein: Der Arbeit­ge­ber muss den Dienst­plan nach billi­gem Ermes­sen gestal­ten (§ 106 GewO), er hat also eine gewisse gerechte Vertei­lung einzu­hal­ten. Er darf nicht willkür­lich immer nur densel­ben Arbeit­neh­mer für die „unbelieb­ten“ Schich­ten, wie beispiels­weise zu Weihnach­ten oder Silves­ter, eintei­len. Die Schicht­ge­stal­tung darf also nicht einsei­tig erfol­gen. Will ein Arbeit­neh­mer gegen seine Eintei­lung vorge­hen, muss er wegen des „breiten“ Weisungs­rechts des Arbeit­ge­bers hier schon eine deutli­che Schief­lage bewei­sen können.

Gute Erfolgs­aus­sich­ten hat man mehr oder weniger erst, wenn man den Arbeit­ge­ber bei einsei­tig-willkür­li­cher Eintei­lung ertappt. Und wenn keine schied­li­che Umstel­lung des Dienst­plans erfolgt, bleibt nur vorläu­fi­ges Weiter­ar­bei­ten und die Willkür­lich­keit der Arbeits­ein­tei­lung beim Arbeits­ge­richt feststel­len zu lassen. Einsei­tige Arbeits­ver­wei­ge­rung kann erheb­li­che Konse­quen­zen, zumin­dest eine Abmah­nung, wenn nicht gar eine Kündi­gung nach sich ziehen.

Zur Person: Hubert Klein ist Rechts­an­walt in Köln mit Arbeits­schwer­punk­ten in Medizin‑, Arbeits- und Straf­recht. Er ist Lehrbe­auf­trag­ter und freibe­ruf­li­cher Dozent an mehre­ren Hochschu­len und Fortbil­dungs­in­sti­tu­tio­nen und Fachau­tor im Gesund­heits­recht.