Fachkräfte
In Deutsch­land fehlen insge­samt 558.000 Fachkräfte. Das Gesund­heits­we­sen ist beson­ders stark von der Misere betrof­fen Bild: Gerd Altmann, Pixabay

Gleich im ersten Quartal des Jahres 2022 ist die Fachkräf­te­lü­cke um rund 88.000 offene Stellen gestie­gen. Die Stellen­über­hangs­quote, die den Anteil offener Stellen, die nicht mit passend quali­fi­zier­ten Arbeits­lo­sen besetzt werden können, beschreibt, lag im März 2022 bei 45,9 Prozent.

Somit konnte knapp die Hälfte aller offenen Stellen nicht besetzt werden. Beson­ders prekär ist die Situa­tion im Bereich „Gesund­heit, Sozia­les, Lehre und Erzie­hung“ mit der höchs­ten Stellen­über­gangs­quote. Stand März konnten etwa sechs von zehn Stellen nicht passend besetzt werden.

Die Zahl der Arbeits­lo­sen sank im Vergleich zum Vorjah­res­wert im März 2021 saison­be­rei­nigt um etwa 461.000 (minus 16,7 Prozent) auf nun nur noch 2,3 Millio­nen. Damit lag sie nur noch margi­nal über dem Wert zu Beginn der Corona-Krise im März 2020. Im Verlauf des ersten Quartals 2022 sank die Zahl der Arbeits­lo­sen um 4,7 Prozent (etwa minus 113.000). Somit dürfte die Fachkräf­te­si­tua­tion für Unter­neh­men angespann­ter sein denn je, denn dem Höchst­wert an offenen Stellen steht eine deutlich schrump­fende Zahl an Arbeits­lo­sen gegen­über.

Fachkräfte: Mangel auf Rekord­ni­veau

Die Fachkräf­te­lü­cke steigt bereits seit Beginn des Jahres 2021 saison­be­rei­nigt konti­nu­ier­lich an und erreichte im März 2022 ebenfalls einen neuen Höchst­wert. Demnach fehlten im März 2022 saison­be­rei­nigt gut 558.000 Fachkräfte. Damit stieg die Fachkräf­te­lü­cke im ersten Quartal nochmal um gut 88.000 offene Stellen. Für die gab es bundes­weit keine passend quali­fi­zier­ten Arbeits­lo­sen.

In absolu­ten Zahlen fehlten im März 2022 insbe­son­dere Fachkräfte mit einer abgeschlos­se­nen Berufs­aus­bil­dung (saison­be­rei­nigt 345.865 Perso­nen). Je höher das Quali­fi­ka­ti­ons­ni­veau, desto höher ist jedoch der Anteil an offenen Stellen, welche nicht besetzt werden können (Stellen­über­hangs­quote). Daher sind Fachkäfte beson­ders schwer zu finden: Im März 2022 lag die Stellen­über­hangs­quote bei 58,7 Prozent, es gab also für fast sechs von zehn offenen Stellen keine passend quali­fi­zier­ten Arbeits­lo­sen (Fachkräf­te­lü­cke: 136.692). Bei Spezia­lis­tIn­nen waren es 46,9 Prozent (Fachkräf­te­lü­cke: 75.706), bei Fachkräf­ten mit Berufs­aus­bil­dung 42,1 Prozent.

Erneu­ter Stellen­zu­wachs in allen Berufs­be­rei­chen

Im ersten Quartal 2022 stieg die Zahl der offenen Stellen in allen Berufs­be­rei­chen:

  • Am stärks­ten stieg sie im Bereich „Rohstoff­ge­win­nung, Produk­tion und Ferti­gung“ mit 9,7 Prozent.
  • Es folgt der Bereich „Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion, Buchhal­tung, Recht und Verwal­tung“ mit 8,6 Prozent, in dem die offenen Stellen im Vergleich zum Beginn der Corona­pan­de­mie im März 2020 am stärks­ten gestie­gen sind (46,3 Prozent).
  • Die höchste Stellen­über­hangs­quote findet sich im Bereich „Gesund­heit, Sozia­les, Lehre und Erzie­hung“. Hier konnten im März 2022 gut sechs von zehn Stellen nicht mit passend quali­fi­zier­ten Arbeits­lo­sen besetzt werden. Gegen­über dem Vorkri­sen­ni­veau im März 2020 stieg die Zahl der offenen Stellen hier zwar weniger deutlich als in anderen Berufs­be­rei­chen (plus 6,4 Prozent), aller­dings ausge­hend von einem seit länge­rem hohen Ausgangs­ni­veau.

Große Stellen­zu­wächse in Berufen des Luftver­kehrs und der Energie­tech­nik

Betrach­tet man einzelne Berufe, zeigt sich, dass es im ersten Quartal des Jahres 2022 große Stellen­zu­wächse im Bereich des Luftver­kehrs gab. Darun­ter finden sich Luftver­kehrs­kauf­leute (plus 749,3 Prozent), Fachkräfte des techni­schen Luftver­kehrs­be­triebs (plus 169,5 Prozent) sowie Service­fach­kräfte im Luftver­kehr (plus 148,5 Prozent). Der Zuwachs erklärt sich durch die Wieder­auf­nahme des Flugver­kehrs, nachdem dieser zu Pande­mie­be­ginn vollstän­dig einge­bro­chen war.

Der Blick auf die Top-5-Berufe nach Anfor­de­rungs­ni­veau zeigt außer­dem, dass die Fachkraft für regene­ra­tive Energie­tech­nik im ersten Quartal 2022 die größten Stellen­zu­wächse hatte. Mit einem Zuwachs von 878,2 Prozent ist sie Spitzen­rei­ter.

Diese extrem hohe Steige­rung lässt sich auch dadurch erklä­ren, dass es sich um einen Beruf handelt, der im Dezem­ber 2021 bundes­weit ledig­lich zehn offene Stellen und nun 102 verzeich­nete. Auch die Exper­tIn­nen für regene­ra­tive Energie­tech­nik finden sich in den Top-5-Berufen mit dem größten Stellen­zu­wachs in den letzten drei Monaten. Hier stieg die Zahl der offenen Stellen um 53,8 Prozent.

Die mit Abstand meisten Stellen und Beschäf­tig­ten in Berufen der regene­ra­ti­ven Energie­tech­nik gibt es jedoch bei Spezia­lis­tIn­nen mit Bache­lor- oder Fortbil­dungs­ab­schluss. Dies ist noch ein recht junges Berufs­feld, das nicht zwingend eine Ausbil­dung als Fachkraft in der regene­ra­ti­ven Energie­tech­nik voraus­setzt, sondern beispiels­weise auch über eine Berufs­aus­bil­dung im Metall- oder Elektro­be­reich mit anschlie­ßen­der Spezia­li­sie­rung in der regene­ra­ti­ven Energie­tech­nik erreicht werden kann.

Inzwi­schen gibt es bundes­weit 42 Studi­en­an­ge­bote für ein grund­stän­di­ges Bache­lor-Studium in diesem Bereich an Univer­si­tä­ten und Fachhoch­schu­len.

Stellen­rück­gänge vergleichs­weise gering

Trotz des deutlich positi­ven Trends bei den offenen Stellen gibt es auch Berufs­gat­tun­gen, in denen ein Rückgang zu verzeich­nen war. Den größten prozen­tua­len Stellen­rück­gang im ersten Quartal 2022 verzeich­ne­ten Spezialist:innen der Program­mie­rung mit 61,3 Prozent.

Einige der Berufs­gat­tun­gen, die im März 2022 weniger offenen Stellen als noch im Dezem­ber 2021 aufwie­sen, stammen aus dem Bereich

  • Handel und Verkauf, beispiels­weise Verkauf von Lebens­mit­teln (sonstige Spezia­li­sie­rung) (minus 31,6 Prozent)
  • Verkauf (ohne Produkt­spe­zia­li­sie­rung) (minus 26,4 Prozent)
  • Kaufleute im Handel (minus 16,1 Prozent)
  • IT-Vertrieb (minus 13,6 Prozent).

Quelle: IW