Forderung
Das Bundes­kanz­ler­amt im Regie­rungs­vier­tel in Berlin-Mitte Bild: wal_172619 / Pixabay

Bürokra­tie belas­tet Betriebe in ohnehin angespann­ter Wirtschafts­lage

Die Liste der im vergan­ge­nen Jahr erlas­se­nen Gesetze der Bundes­re­gie­rung, aber auch der Europäi­schen Kommis­sion, ist lang. Sehr lang.

Was das gerade für mittel­stän­di­sche Betriebe bedeu­tet, wird erst klar, wenn man sich die Umset­zungs­pflich­ten anschaut, die sie zu stemmen haben. Viele davon betref­fen jede einzelne Stufe der Liefer­kette bis hin zu den Gesund­heits­ein­rich­tun­gen selbst.

Es ist daher nicht überra­schend, dass gerade aus dem Mittel­stand die Forde­rung nach einer Bürokra­tie­ent­las­tung immer lauter wird. Das Wort Bürokra­tie geistert immer häufi­ger durch die Medien. Aber bedeu­tet es konkret?

Schauen wir uns ein paar Beispiele an: Aktuell heiß disku­tiert wird das so genannte Liefer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten-Gesetz bzw. die entspre­chende europäi­sche Richt­li­nie dazu, die CSRD. Das Ziel des Geset­zes ist nachvoll­zieh­bar – Menschen­rechte und Umwelt­schutz sollen entlang der gesam­ten Liefer­kette beach­tet und durch­ge­setzt werden.

Aktuell müssen nach dem deutschen Liefer­ket­ten­ge­setz alle Unter­neh­men ab 1.000 Mitar­bei­te­rIn­nen entspre­chende Maßnah­men einfüh­ren, Das bedeu­tet:

  • Berichts­pflich­ten
  • Dokumen­ta­ti­ons­pflich­ten
  • Präven­ti­ons­maß­nah­men
  • Einrich­tung eines Risiko­ma­nage­ments.

Der Entwurf der europäi­schen Richt­li­nie CSRD würde diese Pflich­ten auch auf kleinere Unter­neh­men mit mehr als 250 Mitar­bei­tern auswei­ten.

Nachweis­pflich­ten zusätz­li­che Belas­tung

All diese Nachweis­pflich­ten sind eine zusätz­li­che Belas­tung, es müssen teilweise neue Mitar­bei­te­rIn­nen einge­stellt werden, die sich nur damit beschäf­ti­gen.

Der DTV setzt sich hier für eine einfa­che, unbüro­kra­ti­sche und standar­di­sierte Bericht­erstat­tung ein, insbe­son­dere für die kleine­ren und im europäi­schen Markt tätigen Unter­neh­men, die ohnehin wenig Einfluss auf die inter­na­tio­na­len Liefer­ket­ten haben und an die europäi­schen Gesetze gebun­den sind.

Ende 2023 wurde zudem das Energie­ef­fi­zi­enz­ge­setz verab­schie­det. Auch aus diesem Gesetz ergeben sich weitere Belas­tun­gen: Je nach Unter­neh­mens­größe müssen sie Energie­ma­nage­ment­sys­teme einfüh­ren mit den dazuge­hö­ri­gen Berichts­pflich­ten: das Durch­füh­ren von inter­nen und exter­nen Audits, Messun­gen von Abwärme in der Produk­tion, eine Wirtschaft­lich­keits­be­rech­nung und Inves­ti­tio­nen in Energie­spar­maß­nah­men – all das wird viel Geld und Perso­nal­auf­wand, bei überschau­ba­rem Effekt/fragwürdigem Nutzen kosten. Auch die Gesund­heits­ein­rich­tun­gen selbst!

Ebenfalls im vergan­ge­nen Jahr trat das Hinweis­ge­ber­schutz­ge­setz in Kraft. Es verpflich­tet Unter­neh­men mit mehr als 50 Beschäf­tig­ten, ein inter­nes Hinweis­ge­ber­sys­tem einzu­rich­ten, durch das Mitar­bei­te­rIn­nen vertrau­lich Verstöße gegen Gesetze oder andere verbind­li­che Regelun­gen melden können.

Diese Beschäf­tig­ten werden so vor Repres­sa­lien geschützt. Sicher­lich ein gutes (lobens­wer­tes?) Ziel, aller­dings sind die Rechts­ver­stöße in Unter­neh­men in der Regel nicht so zahlreich und die Unter­neh­mens­struk­tu­ren oft nicht so, dass es eines solch aufwen­di­gen Systems bedarf. Dennoch: Alle Unter­neh­men haben nun diesen zusätz­li­chen Aufwand oder müssen ein System extern einkau­fen.

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Beate Schäfer, Präsi­den­tin des DTV

Aufwand steigt und steigt

Dies sind nur drei Beispiele dafür, wie durch neue Gesetze der bürokra­ti­sche Aufwand für die meisten Unter­neh­men stetig gewach­sen ist. Es gibt noch viele weitere.

Auch die Gesund­heits­ein­rich­tun­gen sind wie ihre Dienst­leis­ter davon betrof­fen. Und das in einer Situa­tion, in der ohnehin die Bürokra­tie und die damit verbun­dene Belas­tung in der Pflege und Medizin schon enorm hoch sind. Entlas­tung ist nicht in Sicht, weitere Gesetze auch für dieses Jahr geplant.

Der DTV fordert daher einen Stopp der weite­ren Bürokra­tie-Belas­tung und den Abbau so mancher überflüs­si­ger Gesetze und Vorschrif­ten.

In einer wirtschaft­li­chen Lage, die man – gerade für den Gesund­heits­sek­tor – als deutlich angespannt bezeich­nen kann, sollten solche zusätz­li­chen exter­nen Belas­tun­gen deutlich reduziert werden. Zum Wohle des Pflege­per­so­nals, der Patien­ten, aber auch der gesam­ten Gesund­heits­wirt­schaft.

Das vor vielen Jahren einmal propa­gierte Ziel des „one in, one out“ – also dass beim Erlas­sen einer neuen Vorschrift eine alte wegfal­len muss – ist vollstän­dig in Verges­sen­heit geraten und Brüssel und Berlin wettei­fern inzwi­schen um die schär­fe­ren und schnel­le­ren Gesetze. Das lähmt die Wirtschaft und schadet dem für Deutsch­land so wichti­gen Mittel­stand.

Ohne Fach- und Arbeits­kräfte droht ein Pflege- und Versor­gungs­not­stand

Dem Gesund­heits­we­sen fehlt es an Fach- und Arbeits­kräf­ten. Das ist nun seit Jahren hinläng­lich bekannt. Und es fehlt an Geld. Und auch den texti­len Dienst­leis­tern fehlen inzwi­schen Arbeits­kräfte.

Die Bundes­ar­beits­agen­tur rechnet selbst bei konstan­ter Migra­tion und steigen­den Erwerbs­quo­ten – beispiels­weise durch mehr Frauen in Arbeit – dennoch mit einer Abnahme der Erwerbs­per­so­nen um 6 Prozent.

Zwar werden gerade für die Pflege enorme Anstren­gun­gen getätigt, um in verschie­de­nen Ländern der Erde Pflege­kräfte zu gewin­nen. Dennoch ist es ein Wettlauf mit der Demogra­fie in Deutsch­land. Und den texti­len Dienst­leis­tern geht es ebenso.

Gerade die bürokra­ti­schen Hürden bei der Einstel­lung von Arbeits- und Fachkräf­ten aus dem Ausland sind in Deutsch­land immer noch enorm.

Das neue Fachkräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­setz geht zwar in die richtige Richtung. Gerade für das Gesund­heits­we­sen und ihre Zulie­fe­rer muss aber noch mehr getan werden, um die Lücken zu füllen. So muss beispiels­weise die Visum-Vergabe deutlich schnel­ler werden – in einigen Ländern warten quali­fi­zierte Fachkräfte monate­lang auf ihr Visum.

Außer­dem sollten Arbeits­agen­tu­ren Einrich­tun­gen und Dienst­leis­ter aktiv bei der Fachkräf­te­ge­win­nung im Ausland unter­stüt­zen. Um die immer größe­ren Lücken in der Beleg­schaft zu füllen, brauchen die Einrich­tun­gen ebenso wie die Unter­neh­men jetzt dringend Quali­fi­zie­rungs­pro­gramme, schnel­lere Integra­tion in den Arbeits­markt, aber auch mehr Betreu­ungs­an­ge­bote.

In Ausbil­dungs­pro­gramme und ‑einrich­tun­gen muss der Staat deutlich stärker inves­tie­ren, insbe­son­dere auch in deren Digita­li­sie­rung.

Die Auszu­bil­den­den von heute sind die Moder­ni­sie­rungs- und Trans­for­ma­ti­ons­fach­kräfte der Zukunft. Fachkräf­te­si­che­rung ist ein gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Auftrag. Denn Voraus­set­zung für alle anderen Trans­for­ma­tio­nen– Klima­wende, Energie­wende, Verkehrs­wende – ist eine Bildungs­wende hin zu gleich­wer­ti­ger gesell­schaft­li­cher Anerken­nung von beruf­li­cher und akade­mi­scher Bildung – auch in der Pflege und im Handwerk.

Sichere Energie­ver­sor­gung und Inves­ti­tio­nen in die Energie­infra­struk­tur

Die vergan­ge­nen Jahre haben gezeigt, dass die Energie­preise in Deutsch­land ein Fallstrick für die indus­trie­ori­en­tierte deutsche Wirtschaft sein können.

Die Energie­preise hierzu­lande sind deutlich höher als in vielen, auch angren­zen­den Ländern. Zwar schrei­tet der Ausbau der erneu­er­ba­ren Energien voran, aller­dings müssen wir in den kommen­den Jahren noch sehr viel mehr tun, um zu einer verläss­li­chen und wettbe­werbs­fä­hi­gen Energie­ver­sor­gung zu kommen. Sowohl durch den Aufbau von Speicher­ka­pa­zi­tä­ten, den Aufbau von Wasser­stoff­kraft­wer­ken für eine wetter­un­ab­hän­gige Versor­gung und insbe­son­dere einen Ausbau der notwen­di­gen Netzstruk­tur für die Energie­ver­sor­gung, beispiels­weise in bessere Strom­netze.

Der DTV fordert eine Kraft­werks­stra­te­gie inklu­sive des Neubaus wasser­stoff-fähiger Gaskraft­werke und verläss­li­che Rahmen­be­din­gun­gen für eine sichere Energie­ver­sor­gung auch der Wäsche­reien, die auf bezahl­bare Energie dringend angewie­sen sind, um die Hygiene auch in Zukunft sicher­stel­len zu können.

Kreis­lauf­wirt­schaft nicht nur denken, sondern auch umset­zen

Gerade dort, wo bereits nachhal­tige und kreis­lauf­ori­en­tierte Geschäfts­mo­delle bestehen, sollte der Staat als Vorbild agieren. Schon heute könnten in vielen Berei­chen recycling­fä­hige statt Wegwerf-Produk­ten ausge­schrie­ben werden.

Der Textil­ser­vice ist dafür das beste Beispiel: Mit seinem Product-as-a-service Modell bietet er ein großes Poten­zial nicht nur der Ressour­cen­ein­spa­rung, sondern auch einen wirkli­chen Kreis­lauf der Produkte zu errei­chen. Ausschrei­bun­gen im texti­len Bereich sollten daher wo immer möglich, solche Produkte bevor­zu­gen. In Italien gibt es inzwi­schen ein Gesetz, das besagt, dass bei einer öffent­li­chen Ausschrei­bung das Mehrweg­pro­dukt der Einweg­lö­sung immer vorge­zo­gen werden muss, beispiels­weise im Bereich der OP-Texti­lien.

Ein strin­gen­tes Umset­zen von Kreis­lauf­wirt­schaft würde das Geschäfts­mo­dell der texti­len Dienst­leis­ter stärken. Denn sie sorgen dafür, dass Texti­lien so lange wie möglich genutzt, repariert und dann gesam­melt einem Recycling zugeführt werden. Berge an Einweg­pro­duk­ten würden so ersetzt, für deren Produk­tion und Trans­port aus aller Welt erheb­lich mehr CO2 entsteht.

Forde­rung: Rahmen­be­din­gun­gen schaf­fen

In all diesen Punkten ist die Politik gefor­dert, die entspre­chen­den Rahmen­be­din­gun­gen zu schaf­fen – aber auch, die Einrich­tun­gen und Unter­neh­men von unnöti­ger Bürokra­tie wo immer möglich zu entlas­ten, statt immer neue Gesetze aus der Taufe zu heben. Für die es immer mehr Beschäf­tigte in Behör­den geben muss statt beispiels­weise in den Gesund­heits­ein­rich­tun­gen und bei den texti­len Dienst­leis­tern, denen die Arbeits­kräfte zuneh­mend fehlen.

Von Beate Schäfer