Hilfsmittel
Viele Menschen sind zur Bewäl­ti­gung des tägli­chen Lebens auf (Pflege-)Hilfsmittel angewie­sen. Bild: Arne9001/Dreamstime

Die Hilfs­mit­tel­richt­li­nie wurde vom G‑BA gemäß § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 des Fünften Buches Sozial­ge­setz­buch (SGB V) beschlos­sen und soll eine nach den Regeln der ärztli­chen Kunst und unter Berück­sich­ti­gung des allge­mein anerkann­ten Standes der medizi­ni­schen Erkennt­nisse ausrei­chende, zweck­mä­ßige und wirtschaft­li­che Versor­gung der Versi­cher­ten mit Hilfs­mit­teln sicher­stel­len.

Sie ist sowohl für die Versi­cher­ten als auch für die an der vertrags­ärzt­li­chen Versor­gung teilneh­men­den Ärzte sowie Kranken­kas­sen und Leistungs­er­brin­ger verbind­lich.

Was sind Hilfs­mit­tel und wer hat Anspruch darauf?

Als Hilfs­mit­tel gelten Geräte oder Sachmit­tel, die zum Errei­chen eines thera­peu­ti­schen Ziels von den Leistungs­trä­gern abgege­ben werden, wie zum Beispiel

  • Brillen,
  • Hörge­räte,
  • Prothe­sen oder
  • ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel.

Auch Inhala­ti­ons­ge­räte oder bestimmte Sprit­zen gehören dazu, genauso wie alle Zubehör­teile, ohne die die Basis­pro­dukte nicht funktio­nie­ren.

Damit die Kranken­kasse die Kosten übernimmt, muss das Hilfs­mit­tel erfor­der­lich sein, um

  • den Erfolg der Behand­lung sicher­zu­stel­len,
  • eine drohende Behin­de­rung abzuwen­den,
  • Fakto­ren auszu­glei­chen, die die Erfül­lung von Grund­be­dürf­nis­sen des tägli­chen Lebens verhin­dern,
  • den Ausbruch einer Krank­heit oder deren Verschlim­me­rung zu verhin­dern,
  • eine gesund­heit­li­che Schwä­che zu besei­ti­gen, die abseh­bar zu einer Krank­heit führen würde,
  • eine Gefähr­dung der gesund­heit­li­chen Entwick­lung eines Kindes abzuwen­den und
  • Pflege­be­dürf­tig­keit zu vermei­den.

Eine weitere Voraus­set­zung für die Kosten­über­nahme ist, dass die Hilfs­mit­tel weder allge­meine Gebrauchs­ge­gen­stände des tägli­chen Lebens noch durch Rechts­ver­ord­nung nach § 34 Absatz 4 SGB V ausge­schlos­sen sind, also vom Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit als Hilfs­mit­tel von gerin­gem oder umstrit­te­nem thera­peu­ti­schen Nutzen oder gerin­gem Abgabe­preis bestimmt wurde.

Außer­dem können Hilfs­mit­tel nur dann zulas­ten der Kranken­kas­sen verord­net werden, wenn sie unter die Leistungs­pflicht der gesetz­li­chen Kranken­kas­sen fallen.

Ebenfalls werden Hilfs­mit­tel nicht von den Kassen übernom­men, wenn es sich um Leistun­gen der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung (SGB VII) oder Leistun­gen nach dem Bundes­ver­sor­gungs­ge­setz handelt.

Abgese­hen von den Hilfs­mit­teln selbst besteht auch ein Anspruch auf notwen­dige Änderun­gen, Wartung, Instand­set­zung und Ersatz­be­schaf­fung. Die Schulung in der Benut­zung von Hilfs­mit­teln ist ebenfalls abgedeckt.

Sonder­fall Pflege­hilfs­mit­tel

Bei Hilfs­mit­teln für pflege­be­dürf­tige Menschen gelten beson­dere Regeln. Der Ansprech­part­ner für Pflege­hilfs­mit­tel ist die gesetz­lich Pflege­ver­si­che­rung. Eine Grund­vor­aus­set­zung für den Anspruch auf Kosten­über­nahme ist der Pflege­grad, mit dem die Pflege­be­dürf­tig­keit festge­stellt wird.

Als Pflege­hilfs­mit­tel gelten alle Geräte und Sachmit­tel, die im Rahmen der häusli­chen Pflege notwen­dig sind, diese erleich­tern und zur Linde­rung der Beschwer­den bezie­hungs­weise einer höheren Selbst­stän­dig­keit der pflege­be­dürf­ti­gen Person beitra­gen. Darun­ter können zum Beispiel ein Pflege­bett oder eine Gehhilfe fallen.

Alle Geräte, die dauer­haft instal­liert sind – wie zum Beispiel ein Treppen­lift – gelten nicht mehr als Hilfs­mit­tel.

Anspruch haben Menschen, die ambulant gepflegt werden. Darun­ter fallen neben der eigenen Wohnung auch das betreute Wohnen. Leistun­gen im Rahmen einer statio­nä­ren Betreu­ung, also in einer Pflege­ein­rich­tung oder einem Kranken­haus, fallen in die Zustän­dig­keit der Kranken­kas­sen.

Hilfs­mit­tel beantra­gen: Das ist wichtig

Der erste Schritt bei der Antrag­stel­lung ist eine ärztli­che Verord­nung. Beson­ders bei der ersten Stellung eines Hilfs­mit­tel­an­trags ist das Rezept immer notwen­dig. In der Verord­nung muss die medizi­ni­sche Notwen­dig­keit des Hilfs­mit­tels begrün­det sein – je präzi­ser, desto besser. Auch die Diagnose, die Anzahl und je nach Hilfs­mit­tel die Menge pro Tag oder Monat sollten nicht fehlen.

Wenn der Patient ein spezi­el­les Hilfs­mit­tel einset­zen will, sollte dieses in der Verord­nung konkret aufge­führt sein, am besten unter Angabe der zehnstel­li­gen Positi­ons­num­mer aus dem Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis:

Darüber hinaus muss begrün­det werden, warum nur dieses Hilfs­mit­tel in Frage kommt – zum Beispiel weil bereits andere Produkte auspro­biert wurden.

Mit der Verord­nung kann man bei der eigenen Kranken­kasse den Hilfs­mit­tel­an­trag stellen. Laut § 13 Absatz 3a SGB V muss diese bei der Beant­wor­tung eine Frist von drei Wochen einhal­ten.

Wird dür die Entschei­dung ein Gutach­ten benötigt, zum Beispiel vom Medizi­ni­schen Dienst, verlän­gert sich diese Frist auf insge­samt fünf Wochen. Falls die Kranken­kasse diese Fristen nicht einhal­ten kann, ist sie verpflich­tet, das dem Antrag­stel­ler unver­züg­lich mitzu­tei­len – wenn sie die Frist ohne Rückmel­dung verstrei­chen lässt, gilt der Antrag als geneh­migt.

Nicht immer geht der Hilfs­mit­tel­an­trag an die Kranken­kasse

Obwohl in den meisten Fällen wahrschein­lich die Kranken­kasse zustän­dig sein wird, können – je nach Lage des Falls und Zweck des Hilfs­mit­tels – auch andere Kosten­trä­ger in Frage kommen. Für die Folgen eines Arbeits­un­falls oder einer bestä­tig­ten Berufs­krank­heit übernimmt beispiels­weise die Unfall­ver­si­che­rung die Kosten­trä­ger­schaft, geht es um die Einglie­de­rung ins Arbeits­le­ben, kommen sowohl Renten­ver­si­che­rung als auch die Agentur für Arbeit in Frage.

Aller­dings sind die Kosten­trä­ger selbst verpflich­tet, den Hilfs­mit­tel­an­trag an die zustän­dige Stelle weiter­zu­lei­ten. Wenn das versäumt wird, muss der Antrag bei dem Kosten­trä­ger weiter­be­ar­bei­tet werden, bei dem er gestellt wurde.

Abgelehnter Hilfsmittelantrag
Bei einem abgelehn­ten Hilfs­mit­tel­an­trag steht der Rechts­weg offen. Bild: Zerbor/Dreamstime

Wenn der Hilfs­mit­tel­an­trag abgelehnt wurde

Wenn die Kranken­kasse den Hilfs­mit­tel­an­trag frist­ge­recht abgelehnt hat, kann der Leistungs­emp­fän­ger dem wider­spre­chen. Der Wider­spruch muss inner­halb von einem Monat nach Zugang der Ableh­nung erfolgen. Das kann ohne Begrün­dung gesche­hen.

Wichtig ist, dass der Wider­spruch schrift­lich erfol­gen muss – Telefon oder E‑Mail sind nicht ausrei­chend – und das Akten­zei­chen des Kassen­be­scheids enthält. Empfeh­lens­wert ist es, den Brief per Einschrei­ben an die Kranken­kasse zu schicken.

Ist der Wider­spruch frist­ge­recht erledigt, kann man mit ärztli­cher Unter­stüt­zung begrün­den, warum das Hilfs­mit­tel bewil­ligt werden sollte. Hierzu können neben den bereits einge­reich­ten Unter­la­gen auch weitere Gutach­ten heran­ge­zo­gen werden. Je detail­lier­ter die Begrün­dung erfolgt, desto besser. Die Kranken­kasse hat nach Eingang der Begrün­dung drei Monate Zeit, um zu entschei­den.

Sollte auch der Wider­spruch abgelehnt werden, bleibt nur die Klage vor dem Sozial­ge­richt. Diese muss schrift­lich inner­halb eines Monats nach Zugang der Ableh­nung erfol­gen und sollte per Einschrei­ben geschickt werden. Das Ableh­nungs­schrei­ben sollte eine Rechts­mit­tel­be­leh­rung enthal­ten, die das zustän­dige Sozial­ge­richt benennt. Wenn diese Rechts­be­leh­rung fehlt, verlän­gert sich die Klage­frist auf ein Jahr.

Für das Gerichts­ver­fah­ren vor dem Sozial­ge­richt fallen keine Gebüh­ren an. Klagende haben das Recht auf Akten­ein­sicht und dürfen sich grund­sätz­lich selbst vor Gericht vertre­ten.

Aller­dings ist aufgrund der komple­xen Thema­tik eine juris­ti­sche Beratung und idealer­weise ein Rechts­bei­stand empfeh­lens­wert. Anlauf­stel­len für eine Rechts­be­ra­tung sind zum Beispiel:

Menschen, die sich keine anwalt­li­che Vertre­tung leisten können, haben nach § 114 ZPO Anspruch auf Prozess­kos­ten­hilfe. Diese kann vom manda­tier­ten Anwalt direkt mit der Klage beantragt werden.