- 1. Intro
- 2. Entscheidung
Sachverhalt
Die 1957 geborene Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Krankenschwester“. Sie schloss im Jahr 1976 in Aschersleben (Sachsen-Anhalt) ihre Ausbildung mit dem Abschluss „examinierte Krankenschwester“ ab und erhielt die Berechtigung, den Beruf der Krankenschwester auszuüben. Seitdem arbeitete sie durchgehend, im Wesentlichen als Krankenschwester, teilweise auch als (stellvertretende) Stationsleitung. Und zwar in verschiedenen Kliniken und Gesundheits- bzw. Pflegeeinrichtungen. Im Jahr 1986 schloss sie eine Weiterbildung zur Stationsschwester erfolgreich ab. Unter dem 21.5.1990 ist ihr von der Bezirksregierung in B.-Stadt die Erlaubnis erteilt worden, die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ zu führen.
Im Dezember 2018 wurde sie von ihrer Arbeitgeberin wegen des Vorwurfs abgemahnt, sie habe in Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben zwei Patientinnen geschlagen und genötigt bzw. sie vorsätzlich körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt. Die Vorwürfe waren Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Die Klägerin bestritt diese und führte aus, sie habe zu keinem Zeitpunkt körperliche Gewalt gegenüber Patienten angewendet.
Körperverletzung in Ausübung der krankenpflegerischen Arbeit
Mit Schreiben vom 1.10.2019 kündigte die Arbeitgeberin das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos. Sie zog die fristlose Kündigung aber zurück, nachdem die Klägerin eine Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Seit dem 15.11.2019 ist die Klägerin im Archiv der Arbeitgeberin eingesetzt.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 16.7.2019 wurde die Klägerin wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen verurteilt. Soweit auch eine Verurteilung wegen einer tateinheitlich begangenen Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und Abs. 2 StGB in Betracht kam, wurde das Verfahren gemäß § 154a StPO auf den Vorwurf der Körperverletzung beschränkt.
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angesehen: Die Klägerin habe am 13.12.2017 gemeinsam mit Frau R., einer Schwesternschülerin, Dienst auf der chirurgischen Station des Klinikums gehabt. In einem Krankenzimmer habe die damals 84-jährige Patientin Frau L. gelegen. Diese sei zwar zeitweise desorientiert gewesen, habe jedoch mit Hilfe noch selbstständig die Toilette aufsuchen können. Als die Klägerin das Zimmer der Patientin betreten hat, habe diese zu verstehen gegeben, dass sie dringend auf die Toilette müsse. Statt darauf einzugehen, habe die Klägerin zu ihr gesagt, sie müsse jetzt zu Bett gehen, und versucht, ihr mit Gewalt das Oberteil auszuziehen.
Eskalation im Patientenzimmer
Als die Patientin erneut versuchte aufzustehen, habe die Klägerin sie an den Handgelenken festgehalten und sich so vor sie gestellt, dass sie das Bett nicht habe verlassen könne. Die Patientin soll deutlich gesagt haben, dass die Klägerin sie loslassen solle. Daraufhin habe die Zeugin, Frau R., angeboten, mit der Patientin auf die Toilette zu gehen. Dies habe die Klägerin untersagt und zu der Patientin gesagt: „Wenn Du nicht machst, was ich Dir sage, kette ich Dich an das Bett. Du hast zu machen, was ich Dir sage!“. Als die Patientin versucht habe, die Klägerin wegzudrücken, habe die Klägerin sie mit dem Unterarm auf die Schulter und die Taille geschlagen und versucht, sie ins Bett zurückzudrücken.
Auf erneute Intervention der Zeugin Frau R. wurde diese aus dem Patientenzimmer geschickt, um einen Toilettenstuhl zu holen. Als die Frau R. nach wenigen Minuten zurück ins Zimmer gekommen sei, habe die Patientin Frau L. an der Hand und an der rechten Wange geblutet, offenbar weil die Klägerin sie geschlagen hatte. Die Patientin habe gegenüber Frau R. erklärt: „Die böse Schwester darf mich nicht anfassen, sie darf mich nicht schlagen!“. Daraufhin habe die Klägerin das Blut abgewischt und gesagt: „Ach, das ist doch nichts, da ist doch gar nichts!“. Die Patientin habe durch die Schläge der Klägerin Schmerzen erlitten, was diese jedenfalls billigend in Kauf genommen habe.
Weiterer Sachverhalt zurückgestellt
Ein zusätzlicher Strafbefehl wegen des Vorwurfs einer weiteren vorsätzlich begangenen Körperverletzung aus dem Jahr 2017 in Zusammenhang mit der Patientin Frau M. wurde aufgrund des Einspruchs der Klägerin nicht rechtskräftig. Hier wurde ihr zur Last gelegt, die weitgehend bewegungsunfähige und erblindete Patientin Frau M. beim Umbetten grob angefasst zu haben. Als diese in Reaktion hierauf um sich geschlagen und geschrien habe, soll die Klägerin ihr auf das Gesäß geschlagen haben. Dies habe sich wiederholt, als die Patientin zurückgeschlagen habe, bis die Klägerin mit den Worten „Jetzt ist aber genug!“ fünfmal hintereinander auf das Gesäß der Patientin geschlagen habe, sodass deren Widerstand gebrochen gewesen sei. Hinsichtlich dieses Vorwurfs wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die im Übrigen zu erwartende Strafe zunächst vorläufig eingestellt.
Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
Mit Schreiben vom 26.9.2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er ein Verfahren zum Widerruf der Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Krankenschwester zu führen, gegenüber der Klägerin eingeleitet habe, weil ihre berufsrechtliche Zuverlässigkeit möglicherweise nicht länger festzustellen sei. Nach Anhörung der Klägerin widerrief der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Krankenschwester zu führen. Sie begründete dies unter Bezugnahme auf die im Strafurteil enthaltenen Feststellungen im Wesentlichen damit, dass sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, aus dem sich ihre Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergebe.
Die Klägerin hat Klage gegen den Bescheid erhoben.
Lesen Sie auf Seite 2 die Entscheidung des Urteils