Dame mit Kopftuch. (Symbolbild)
Dame mit Kopftuch. (Symbol­bild) Bild: © Jasminko Ibrako­vic | Dreamstime.com

Prinzi­pi­ell kann der Arbeit­ge­ber im Rahmen seines Weisungs­rechts Regeln für die Beklei­dung der bei ihm beschäf­tig­ten Arbeit­neh­mer festle­gen (§ 106 Satz 1 und 2 GewO). So kann das Tragen einer bestimm­ten Beklei­dung – ohne beson­dere vertrag­li­che Verein­ba­rung – eine arbeits­leis­tungs­be­zo­gene Neben­pflicht des Arbeit­neh­mers darstel­len, die der Arbeits­pflicht nahekommt.

Beklei­dungs­ob­lie­gen­hei­ten können sich aber auch direkt aus der Tätig­keits­be­schrei­bung im Arbeits­ver­trag als Teil der Haupt­leis­tungs­pflicht des Arbeit­neh­mers ergeben. Dabei darf der Arbeit­ge­ber jedoch gemäß § 1 des Allge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­set­zes (AGG) nieman­den aufgrund seiner Rasse oder ethni­schen Herkunft, Religion oder Weltan­schau­ung benach­tei­li­gen.

Vor diesem Hinter­grund beschäf­tigt das sogenannte „musli­mi­sche Kopftuch“ die bundes­deut­sche Gerichts­bar­keit seit Jahren. Je nach Beruf der betrof­fe­nen Muslima werden von den Richtern unter­schied­li­che Grund­rechts­po­si­tio­nen und Inter­es­sen­la­gen abgewo­gen:

  • So sah das Bundes­ar­beits­ge­richt beispiels­weise in einer Entschei­dung aus dem Jahre 2014 das Tragen eines Kopftu­ches – als Symbol der Zugehö­rig­keit zum islami­schen Glauben – einer in einer Einrich­tung der Evange­li­schen Kirche tätigen Arbeit­neh­me­rin (hier: Kranken­schwes­ter) mit der arbeits­ver­trag­li­chen Verpflich­tung zu neutra­lem Verhal­ten als nicht verein­bar an. (BAG vom 24.9.2014 – 5 AZR 611/12). In einem ähnli­chen Fall fällte auch das Landes­ar­beits­ge­richt Hamm 2018 ein Urteil, wir berich­te­ten darüber: „Kirch­li­ches Kranken­haus kann Kopftuch verbie­ten“
  • In einem frühe­ren Fall wurde das Tragen eines Kopftu­ches durch eine Verkäu­fe­rin islami­schen Glaubens trotz gegen­tei­li­ger Weisung hinge­gen als gerecht­fer­tigt angese­hen. (BAG vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01)
  • Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt gelangte demge­gen­über bei der Prüfung einer Verfas­sungs­be­schwerde von einer Rechts­re­fe­ren­da­rin, die als Ausdruck ihrer indivi­du­el­len Glaubens­über­zeu­gung das Kopftuch während der Sitzungs­ver­tre­tung im Gerichts­saal trug, zu einer diffe­ren­zier­ten Auffas­sung. Weder die Berufs­frei­heit (Artikel 12 Absatz 1 GG) noch die Glaubens­frei­heit (Artikel 4 Absatz 1 GG) der Referen­da­rin seien durch das Trage­ver­bot beschränkt. (BVerfG vom 27.6.2017 – 2 BvR 1333/17)
  • Gestützt wird die Karls­ru­her Rechts­po­si­tion durch zwei Urteile des Europäi­schen Gerichts­hof (EuGH) vom 14.3.2017, in denen zum Ausdruck gebracht worden ist, dass das Verbot, ein islami­sches Kopftuch zu tragen, das sich aus einer inter­nen Regel eines priva­ten Unter­neh­mens ergibt, die das sicht­bare Tragen jedes politi­schen, philo­so­phi­schen oder religiö­sen Zeichens am Arbeits­platz verbie­tet, keine unmit­tel­bare Diskri­mi­nie­rung wegen der Religion oder Weltan­schau­ung im Sinne der europäi­schen Vorschrif­ten darstellt. (EuGH vom 14.3.2017 – C‑157/15 und C‑188/15)

Eine pauschale Übertra­gung der Recht­mä­ßig­keit des Kopftuch­ver­bots kann hieraus aber nicht gefol­gert werden. Am Ende wird immer eine indivi­du­elle Abwägung der verfas­sungs­recht­li­chen Positio­nen, gemes­sen am jewei­li­gen Einzel­fall, vorzu­neh­men sein.

Eine auf hygie­ni­sche Aspekte begrün­dete Ableh­nung des Kopftu­ches im Gesund­heit­dienst dürfte schei­tern: Die Deutsche Gesell­schaft für Kranken­haus­hy­giene (DGKH) hat für das „Tragen von Kopftü­chern bei Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­tern im Gesund­heits­we­sen“ im Rahmen einer Stellung­nahme eine Empfeh­lung sowie Hygiene-Tipps ausge­spro­chen, nach der bei Einhal­tung bestimm­ter Rahmen­be­din­gun­gen keine hygie­ni­schen Beden­ken bestehen. Demnach sollten die Kopftü­cher wie die Berufs­klei­dung täglich und bei Verschmut­zung oder Konta­mi­na­tion sofort gewech­selt und daher idealer­weise vom Arbeit­ge­ber gestellt werden. Zudem müssen sie frei von sicht­ba­ren Verschmut­zun­gen sein und entspre­chend hygie­nisch gerei­nigt werden. Im OP, beim Legen eines ZVK und in Isolier­zim­mern sind Kopftü­cher hinge­gen nicht erlaubt und zum Beispiel durch Einmal­hau­ben zu erset­zen. Für weitere Infor­ma­tio­nen hierzu folgen Sie einfach den Links der jewei­li­gen Empfeh­lun­gen der DGKH.