S3-Leitlinie und TLC-Sucrose-Octasulfat
Die aktua­li­sierte S3-Leitli­nie nimmt auch Bezug auf TLC-Sucrose-Octasul­fat (TLC-NOSF).

Die Festle­gung solcher Standards erfolgt unter Beach­tung der einschlä­gi­gen Fachver­öf­fent­li­chun­gen, der Inhalte von Richt­li­nien bestimm­ter Insti­tu­tio­nen (zum Beispiel: G‑BA) und syste­ma­tisch entwi­ckel­ten, wissen­schaft­lich begrün­de­ten Entschei­dungs­hil­fen (Leitli­nien, Exper­ten­stan­dards) durch das jewei­lige Fachge­biet selbst.

Wissen­schaft­li­cher Hinter­grund

Im Bereich der Wundver­sor­gung prägt seit dem Jahr 2012 vor allen Dingen die S3-Leitli­nie „Lokal­the­ra­pie schwer­hei­len­der und/oder chroni­scher Wunden aufgrund von periphe­rer arteri­el­ler Verschluss­krank­heit, Diabe­tes melli­tus oder chroni­scher venöser Insuf­fi­zi­enz“ das diagnos­ti­sche und thera­peu­ti­sche Quali­täts­ni­veau aus.

Die wissen­schaft­li­chen Quali­täts­emp­feh­lun­gen wurden von der Deutschen Gesell­schaft für Wundhei­lung und Wundbe­hand­lung e.V. (DGfW) unter Betei­li­gung von 22 ärztli­chen und nicht­ärzt­li­chen Fachge­sell­schaf­ten aktua­li­siert und zum 11. Septem­ber 2023 im Regis­ter der Arbeits­ge­mein­schaft der Wissen­schaft­li­chen Medizi­ni­schen Fachge­sell­schaf­ten (AWMF) veröf­fent­licht.[1]

Die Inhalte bieten den Angehö­ri­gen der Gesund­heits­fach­be­rufe und der ärztli­chen Profes­sio­nen, die an der Versor­gung und/oder Behand­lung von Patien­ten mit Wunden im Zielge­biet der Leitli­nie betei­ligt sind die Grund­lage zur Findung von Behand­lungs­al­go­rith­men.

Diese Grund­lage sollte dazu genutzt werden, im Behand­lungs­all­tag infor­mierte Entschei­dun­gen zusam­men mit den Betrof­fe­nen zu treffen. Denn nur durch die Kennt­nis der vorhan­de­nen Evidenz kann die Basis für eine profes­sio­nelle und vertrau­ens­wür­dige Wundthe­ra­pie geschaf­fen werden.

TLC-Sucrose-Octasul­fat und Evidenz­lage

Aufgrund der Medizin­pro­dukte-Eigen­schaft der meisten Verband­mit­tel ist in vielen Fällen kein Nachweis der klini­schen Wirksam­keit durch rando­mi­sierte kontrol­lierte Studien erfor­der­lich, sodass die Wahl der in der Lokal­the­ra­pie von Wunden einzu­set­zen­den Verband­mit­tel im Rahmen der ärztli­chen Thera­pie­frei­heit eigen­ver­ant­wort­lich und frei der Entschei­dung der Ärzte obliegt.

Langjäh­rige positiv-erprobte und den Erfolg der Wundbe­hand­lung bestä­ti­gende Anwen­dungs­be­ob­ach­tun­gen bieten dem Arzt hier Orien­tie­rung, um die Sicher­heit von Patien­ten sowie die Wirksam­keit des Präpa­ra­tes bei der Produkt­aus­wahl zu gewähr­leis­ten.

Daneben stehen in einigen Berei­chen aber auch bedeut­same wissen­schaft­li­che Studien zur Verfü­gung, die eine auf hochwer­ti­ger Evidenz basie­rende Handlungs­ent­schei­dung für die tägli­che Arbeits­weise erlau­ben. So konnten anhand mehre­rer klini­scher Studien Aussa­gen mit guter Evidenz für die Wirksam­keit von Wundauf­la­gen mit TLC-Sucrose Octasul­fat auf den Wundhei­lungs­pro­zess getrof­fen werden.

Die inter­na­tio­nale „Explorer“-RCT unter­suchte zuletzt einen Lipido­kol­loid-Wundver­band bei insge­samt 240 erwach­se­nen Patien­ten mit nicht infizier­tem neuroi­schä­mi­schen diabe­ti­schen Fuß-Ulkus (DFU) im Vergleich zu einer vergleich­ba­ren Wundauf­lage ohne den Nano-Oligos­ac­cha­rid-Faktor (NOSF) und führte einen signi­fi­kan­ten Vorteil in Bezug auf die Wundflä­chen­re­duk­tion und den Endpunkt „Komplet­ter Wundver­schluss“ bei modera­ter bis hoher Quali­tät der Evidenz zu Tage.[2]

Die aussa­ge­kräf­tige Gesamt­da­ten­lage über die Wirksam­keit von Wundauf­la­gen mit TLC-Sucrose Octasul­fat, die unter dem Marken­na­men UrgoStart von der Sulzbacher Firma Urgo vertrie­ben werden, hat die Aufnahme in die aktuelle AWMF S3-Leitli­nie der DGfW bewirkt.[3] Dem behan­deln­den medizi­ni­schen Fachper­so­nal wird nun der Einsatz von Wundver­bän­den mit TLC-Sucrose Octasul­fat als mögli­che Behand­lungs­op­tion für das Diabe­ti­sche Fußsyn­drom und das Ulcus cruris venosum empfoh­len.[4]

Beson­dere Merkmale der TLC-NOSF-Matrix

Wundauf­la­gen mit der TLC-NOSF-Matrix sind als Medizin­pro­dukte der Klasse IIb zerti­fi­ziert. Durch die hohe Flüssig­keits­bin­dungs­ka­pa­zi­tät der TLC-NOSF-Matrix wird das Wundex­su­dat unter Gelie­rung in der Wundauf­lage festge­hal­ten.

Die bei chroni­schen Wunden im Überschuss vorlie­gen­den Matrix-Metall­o­pro­tea­sen (MMP) werden dadurch dem Wundum­feld entzo­gen und im hochvis­ko­sen Gel einge­bun­den. Durch diese Konzen­tra­ti­ons­ver­min­de­rung der freien MMPs entsteht ein physio­lo­gi­sches Wundmi­lieu, das zum schnel­le­ren Abhei­len der Wunde beiträgt.

Der physi­ka­li­sche Wirkme­cha­nis­mus trägt über das Wieder­her­stel­len eines natür­li­chen, gesun­den Wundum­fel­des zu einer Vielzahl von positi­ven Effek­ten bei, die in klini­schen Studien bestä­tigt werden konnten.

Fazit

Aufgrund der Produk­tei­gen­schaf­ten der TLC-NOSF-Matrix und des in der S3-Leitli­nie ausge­spro­che­nen Empfeh­lungs­cha­rak­ters nehmen die Wundauf­la­gen mit diesen struk­tu­rel­len Merkma­len im Rahmen der ärztli­chen Verord­nung eine beson­dere Stellung ein.

Beim Einsatz dieser Produkte sollte im Rahmen der Verord­nung die Notwen­dig­keit des Einsat­zes geson­dert heraus­ge­stellt werden. Ziel aller Betei­lig­ten sollte es sein, dem Patien­ten die Wundthe­ra­pie zuzufüh­ren, die dem anerkann­ten Stand der Wissen­schaft und Forschung entspricht.

Quellen:

  1. Deutsche Gesell­schaft für Wundhei­lung und Wundbe­hand­lung e.V. (DGfW) (Hrsg.) (2023). Lokal­the­ra­pie schwer­hei­len­der und/oder chroni­scher Wunden aufgrund von periphe­rer arteri­el­ler Verschluss­krank­heit, Diabe­tes melli­tus oder chroni­scher venöser Insuf­fi­zi­enz. Version 2.1. Stand: 11.09.2023. AWMF-Regis­ter-Nr.: 091/001.
  2. Lázaro-Martí­nez JL, Edmonds M, Rayman G, Apelq­vist J, Van Acker K, Harte­mann A,et al. Optimal wound closure of diabe­tic foot ulcers with early initia­tion of TLC-NOSF treat­ment: post-hoc analy­sis of Explo­rer. Journal of Wound Care. 2019;28(6):358–67.
  3. Überblick und Beschrei­bung der gesam­ten Studi­en­lage in: Hautarzt 2020, 71:791–801: https://doi.org/10.1007/s00105-020–04637‑9, Online publi­ziert: 7. Juli 2020
  4. Deutsche Gesell­schaft für Wundhei­lung und Wundbe­hand­lung e.V. (DGfW) (Hrsg.) (2023). Lokal­the­ra­pie schwer­hei­len­der und/oder chroni­scher Wunden aufgrund von periphe­rer arteri­el­ler Verschluss­krank­heit, Diabe­tes melli­tus oder chroni­scher venöser Insuf­fi­zi­enz. Version 2.1. Stand: 11.09.2023. AWMF-Regis­ter-Nr.: 091/001; S. 27 Punkt E31 (Empfeh­lungs­grad 0), S. 122 Kapitel 6.2 „Die Gruppe der Expert*innen empfiehlt daher mit einem niedri­gen Empfeh­lungs­grad die Anwen­dung beim DFU ohne klini­sche Zeichen einer Wundin­fek­tion und aufgrund der Vorteile bei der Wundflä­chen­re­duk­tion auch beim UCV.