Gerade in den ersten Tagen bei Antritt einer neuen Arbeitsstelle möchte man gut im Team aufgenommen werden, sich wohl fühlen und über seinen neuen Arbeitsplatz informiert werden. Wenn das gelingt, kann auch die Mitarbeiterfluktuation reduziert werden. Das dachte sich auch das Team von ClinicBuddy – eine neu gegründete Initiative, die Einrichtungen und Kliniken unterstützt, dass Pflegekräfte bei Berufsstart optimal aufgenommen und eingearbeitet werden. Was genau hinter der Initiative steckt und wie sie entstanden ist, wollten wir von dem ClinicBuddy-Team genauer wissen und haben dazu Rika von Gierke befragt. Sie ist Ärztin, arbeitet derzeit an der Weiterentwicklung medizinischer Staatsexamina und ist bei ClinicBuddy zuständig für die Konzeptentwicklung insbesondere der medizinischen Inhalte.
Rechtsdepesche: ClinicBuddy ist eine Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, sogenannte Onboarding-Prozesse für Pflegekräfte durchzuführen. Was genau darf man sich darunter vorstellen?
v. Gierke: Onboarding umfasst die organisatorische und inhaltliche Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betrifft in der Regel den Zeitraum zwischen Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages und Ende der Probezeit. Unsere Plattform bietet hierbei drei Komponenten: erstens die Integration am neuen Arbeitsplatz durch Informationen (zum Beispiel zum Team, zu einem typischen Schichtablauf oder zum Leitbild der Klinik), zweitens inhaltliche Schulungen durch auf die Bedürfnisse der Pflegekräfte und die Anforderungen der Station zugeschnittene Online-Kurse und drittens ein begleitendes Feedbacktool. Alle Bereiche sind für neue Pflegekräfte online über PC und Handy erreichbar und werden in Abstimmung mit der Pflegedienstleitung bzw. der Stationsleitung erarbeitet.
Rechtsdepesche: Der erste Eindruck zählt, sagt man so schön. Sehen Sie also fehlende Onboarding-Programme als Ursache für eine hohe Mitarbeiterfluktuation im Bereich der Pflege?
v. Gierke: Ja, wir sehen im mangelnden oder sogar komplett fehlenden Onboarding einen der Hauptgründe für die hohe Fluktuation im Gesundheitswesen. Tatsächlich kündigen 50 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen bereits im ersten Jahr. In unseren Gesprächen mit Pflegekräften hören wir immer wieder, dass insbesondere überfordernde Situationen in den ersten Tagen und Wochen dazu führen, dass Pflegekräfte sich dauerhaft unwohl fühlen.
Rechtsdepesche: ClinicBuddy ist im Rahmen des Hackathon WirVsVirus der Bundesregierung entstanden. War die Corona-Krise der Initialzünder für Sie und Ihre Team-Kollegen, ClinicBuddy zu gründen?
v. Gierke: Ja, unsere ursprüngliche Idee war es, Freiwillige mit Online-Kursen auf ihren Einsatz im Krankenhaus vorzubereiten. Glücklicherweise hat das deutsche Gesundheitssystem die Corona-Krise bislang ohne den flächenmäßigen Einsatz von Freiwilligen bewältigt, sodass wir unsere Plattform weiterentwickelt haben.
Rechtsdepesche: Bieten Sie also auch Onboarding-Programme speziell für Pflegekräfte an, die mit Corona-Patienten arbeiten beziehungsweise die im intensivmedizinischen Bereich tätig sind?
v. Gierke: Aufgrund unserer anfänglichen Idee haben wir zu Beginn einen Schwerpunkt auf die Bereiche Intensivmedizin und Corona gelegt und bieten hierfür spezielle Kurse an. Unser Programm lässt sich aber problemlos auf andere Bereiche und Herausforderungen übertragen.
Rechtsdepesche: Auf welche Resonanz sind Sie bislang mit Ihrer Initiative gestoßen und wo sieht sich ClinicBuddy in einem Jahr?
v. Gierke: Unsere Initiative wurde sehr positiv aufgenommen und als eines von 34 Projekten des WirVsVirus-Hackathons im Anschluss an diesen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im nächsten Jahr möchten wir unser umfassendes Onboarding-Konzept für Pflegekräfte weiterentwickeln und im besten Fall weitere Kooperationspartner finden, die unsere Plattform an ihrer Klinik einsetzen.
Rechtsdepesche: Wir wünschen dabei viel Erfolg. Herzlichen Dank für das Interview.
Das Interview führte die Online-Redakteurin Maren van Lessen.