Die Änderungen in der HKP-Richtlinie sowie der Rahmenempfehlungen gemäß § 132a Absatz 1 SGB V spiegeln den wachsenden Bedarf an spezialisierten Pflegeleistungen wider und adressieren gleichzeitig die Notwendigkeit, Pflegefachkräften die erforderlichen Instrumente und Kenntnisse an die Hand zu geben, um eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Besondere Beachtung finden die Definition von Verbandmitteln und die Qualifikationsanforderungen an das Pflegepersonal.
Die Verbandmitteldefinition – Eine never ending Story
Eine der signifikantesten Anpassungen ist die erweiterte und präzisierte Definition von Verbandmitteln. Gemäß § 31 Absatz 1a SGB V sind weiterhin physikalisch wirkende Verbandmittel gegenüber der GKV abrechenbar, wenn deren Hauptwirkung abdeckend und aufsaugend ist.
Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt auch dann nicht, wenn zu den Hauptwirkungen des Verbandmittels weitere Eigenschaften hinzutreten: Hierzu zählen feuchthaltende, reinigende, geruchsbindende oder antimikrobielle Eigenschaften.
Das Verbandmittel kann ferner auch metallbeschichtet sein. Diese Art der Verbandmittel wird insbesondere bei Brandwunden zum Einsatz gebracht.
Diese Neuerung trägt dem technologischen Fortschritt und den vielfältigen Anforderungen moderner Wundversorgung Rechnung. Indem die Definition nun explizit moderne Wundauflagen und Spezialverbände einschließt, eröffnen sich neue Wege in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit komplexen Wundheilungsstörungen.
Diese Anpassung ermöglicht eine flexiblere Auswahl von Verbandmaterialien, die auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt ist und somit eine effizientere und effektivere Wundheilung unterstützt.
Evidenzbasierung „Nicht-physikalisch“ wirkender Verbandmittel
Ein spezifischer Aspekt der Neuerungen in der Wundversorgung, der eine besondere Aufmerksamkeit verdient, betrifft die nicht-physikalisch wirkenden Verbandmittel, also Verbandmittel welche eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung entfalten.
Da diese Verbandmittel einem Arzneimittel ähnlich sind, wurde im Rahmen der Überarbeitungen klargestellt, dass für diese Kategorie von Verbandmitteln ein Nachweis über deren Evidenzbasierung erforderlich ist, um weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig zu sein. Der Gesetzgeber führt hierzu in seiner Gesetzesbegründung aus, dass diese Maßnahme darauf abzielt, die Effektivität und Sicherheit der verwendeten Produkte zu gewährleisten und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu sichern.
Evidenzbasierung: Frist bis Dezember 2024
Die Forderung nach evidenzbasierten Nachweisen unterstreicht die Bedeutung von wissenschaftlich fundierten Behandlungsmethoden in der modernen Medizin. Für Hersteller von nicht-physikalisch wirkenden Verbandmitteln bedeutet dies, dass sie bis zum Stichtag, dem 2. Dezember 2024, entsprechende Studien und Forschungsergebnisse vorlegen müssen, die die Wirksamkeit ihrer Produkte belegen.
Der Ablauf der Frist setzt Hersteller unter Zugzwang und fordert von ihnen eine proaktive Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Produkte. Problematisch in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass das IQWIG das Studiendesign erst im nächsten Jahr veröffentlichen wird. Ferner ist noch nicht abschließend entschieden wie der Endpunkt – sprich das zu erwartende Ergebnis – zu definieren ist. Hier sollte abhängig von der eingesetzten Technologie nicht ausschließlich der Wundverschluss sondern auch Zwischenergebnisse – wie zum Beispiel eine signifikante und nachweisbare Keimreduzierung – als Endpunkt eines Wirksamkeitsnachweises möglich sein.
Qualifikationsanforderungen: Hebung des Versorgungsniveaus
Parallel zu den Neuerungen bei den Verbandmitteln wurden auch die Qualifikationsanforderungen für Pflegefachkräfte im Bereich der Wundversorgung angehoben. Diese Anpassungen zielen darauf ab, die Fachkompetenz des Pflegepersonals zu stärken und eine hochqualitative Wundbehandlung zu gewährleisten.
Fort- und Weiterbildungen im Bereich der modernen Wundversorgung sind nun verpflichtend für jene Pflegefachkräfte, die in der häuslichen Wundpflege tätig sind. Diese Maßnahme stellt sicher, dass das Pflegepersonal mit den neuesten Methoden und Erkenntnissen vertraut ist und diese kompetent in der Praxis anwenden kann. Die neuen Qualitätsanforderungen ergeben sich aus § 6 der Rahmenempfehlung gemäß § 132a Absatz 1 SGB V.
Die Kombination aus erweiterten Möglichkeiten in der Verbandmittelwahl und erhöhten Qualifikationsanforderungen an Pflegefachkräfte verspricht eine signifikante Verbesserung der Wundversorgung im häuslichen Bereich.
Patientinnen und Patienten profitieren von einer individuelleren und bedarfsorientierteren Pflege, die nicht nur die Heilungschancen verbessert, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen erhöht. Darüber hinaus trägt eine qualifizierte Wundversorgung maßgeblich zur Prävention von Komplikationen bei, was wiederum die Patientensicherheit stärkt.
Fazit: HKP-Richtlinie und Rahmenempfehlung bringen zukunftweisende Entwicklungen in die Wundversorgung
Die jüngsten Aktualisierungen der HKP-Richtlinie und der Rahmenempfehlungen gemäß § 132a Absatz 1 SGB V markieren einen wichtigen Schritt in Richtung einer verbesserten Wundversorgung im häuslichen Umfeld. Durch die Neuerungen in der Definition von Verbandmitteln und den erhöhten Qualifikationsanforderungen an Pflegefachkräfte wird eine qualitativ hochwertige und patientenorientierte Pflege gefördert.
Diese Entwicklungen sind essenziell, um den wachsenden Ansprüchen an die häusliche Pflege gerecht zu werden und eine optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Wundheilungsstörungen sicherzustellen. Es ist zu hoffen, dass die guten Vorsätze der gestarteten Qualitätsinitiativen beim Patienten auch tatsächlich ankommen werden.
FAQ
Welche Änderung bringt die HKP-Richtlinie bezüglich der Verbandmittel mit sich?
Die neuen Anpassungen der HKP-Richtlinie erweitern die Definition von Verbandmitteln, sodass moderne Wundauflagen und Spezialverbände explizit eingeschlossen werden. Dies betrifft physikalisch wirkende Verbandmittel, die weiterhin über die GKV abrechenbar sind, wenn ihre Hauptwirkung abdeckend und aufsaugend ist. Zusätzlich können diese Verbandmittel nun auch feuchthaltende, reinigende oder antimikrobielle Eigenschaften aufweisen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten in der Wundversorgung und unterstützt eine individuellere und effektivere Heilung bei Patientinnen und Patienten.
Können nicht physikalisch wirkende Verbandmittel weiterhin zu Lasten der GKV verschrieben werden?
Wenn ein Verbandmittel nicht physikalisch wirkt und mithin eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung entfaltet, muss der Verbandmittelhersteller die Wirksamkeit des Verbandmittels durch einen evidenzbasierten Nachweise belegen. Der Wirksamkeitsnachweis muss innerhalb einer vom G‑BA festgelegten Frist erfolgen. Bis zum Ablauf dieser Frist kann das Verbandmittel weiterhin zu Lasten der GKV seitens der Ärzte verordnet und verschrieben werden.
Welche Qualifikationen müssen in der Wundversorgung tätige Pflegefachpersonen nach der HKP-Richtlinie erfüllen?
Pflegefachpersonen, die in der häuslichen Wundversorgung tätig sind, müssen sich nach den neuen Regelungen der HKP-Richtlinie und der Rahmenempfehlung gemäß § 132a Absatz 1 SGB V fort- und weiterbilden. Diese verpflichtenden Schulungen stellen sicher, dass das Pflegepersonal die neuesten Techniken und wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Wundversorgung anwenden kann. Die Qualifikationsanforderungen zielen darauf ab, das Versorgungsniveau zu heben und die Sicherheit sowie Heilungschancen der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Ist die Pflegefachperson als spezialisierter Leistungserbringer in der Wundversorgung tätig muss sie somit neben einem jährlichen 10 stündigen Fortbildungsnachweis im Bereich der Wundpflege auch eine auf die Wundversorgung spezialisierte Ausbildung von 84 Unterrichtseinheiten absolviert haben.