Nicht alle Arbeitsplatz-Wechsel erfolgen eben zum Jahreswechsel: Was passiert eigentlich mit dem (Rest-)Urlaub, wenn man in der Mitte des Jahres eine neue Tätigkeit beginnt? Kann der neue Arbeitgeber den bereits an der alten Arbeitsstelle genommenen Urlaub anrechnen – oder besteht der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers dann von neuem? Und welche Mitwirkungspflichten hat der Arbeitnehmer?
Um es vorweg zu sagen: Einen doppelten Urlaubsanspruch gibt es nicht. Arbeitnehmer sollen laut des Willens des Gesetzgebers von einem Arbeitgeberwechsel nicht derart profitieren, dass sie gleich zweimal einen vollen Jahresurlaub geltend machen können.
Hier ist § 6 Absatz 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) recht klar: „Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist“, heißt es dort.
Hierzu ein einfaches Beispiel: Wurden und werden zum Beispiel 30 Tage Urlaub pro Jahr gewährt und hat der Arbeitnehmer hiervon bis zur Kündigung Ende Juni 15 Tage Urlaub erhalten, erhält er unproblematisch gegenüber seinem neuen Arbeitgeber für das 2. Kalenderhalbjahr – also für die Zeit ab Juli an – einen Urlaubsanspruch von ebenfalls 15 Tagen.
Urlaubsbescheinigung ist Standard bei Jobwechsel
Hat er demgegenüber weniger Urlaub genommen und bestehen noch Ansprüche gegen den alten Arbeitgeber, wandeln sich diese mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Urlaubsabgeltungsanspruch um – das heißt, der Arbeitgeber kann sich die nicht genommenen Urlaubstage auszahlen lassen.
Wurden ihm in der ersten Jahreshälfte jedoch mehr als 15 Tage Urlaub gewährt, muss er sich diese „Überschreitung“ gegenüber dem neuen Arbeitgeber anrechnen lassen. Für den Fall, dass beim alten und neuen Arbeitsverhältnis unterschiedliche Urlaubsansprüche bestehen, werden die Urlaubstage quotenmäßig angerechnet.
Um den Umfang des bereits genommenen Jahresurlaubs für den neuen Arbeitgeber nachvollziehbar zu machen, muss der alte Arbeitgeber eine Urlaubsbescheinigung ausstellen. Diese gehört zu den Arbeitspapieren und erlaubt dem neuen Arbeitgeber die Beurteilung, in welchem Umfange noch ein Urlaubsanspruch unter dem neuen Arbeitsverhältnis für das betreffende Kalenderjahr erwächst.
Auch dies ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt, in § 6 Absatz 2: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.“ Gleichzeitig kann der neue Arbeitgeber eine solche Urlaubsbescheinigung von seinem Mitarbeiter verlangen.
Unterschiedliche Regeln bei Wechsel im ersten oder zweiten Halbjahr
Ein wichtiger Unterschied ergibt sich außerdem, je nachdem der Jobwechsel im Laufe des ersten, oder aber des zweiten Halbjahres stattfand. Findet er während der ersten sechs Monate des Jahres statt, hat der Arbeitnehmer pro beim alten Arbeitgeber gearbeiteten Monat ein Zwölftel des Jahresurlaubs erworben – besteht beispielsweise ein Gesamtanspruch auf 24 Tage Urlaub und scheidet der Arbeitnehmer zum Ende des Monats April aus, hat er sich aus dem alten Arbeitsverhältnis Anrecht auf 8 Urlaubstage erworben.
Diese müssen bis zum Ausscheiden genommen worden sein, andernfalls kann man sie sich auszahlen lassen. Im neuen Arbeitsverhältnis hätte der Arbeitnehmer in diesem Beispiel Anspruch auf zwei Drittel des dort vertraglich geregelten Jahresurlaubs.
Erfolgt der Wechsel dagegen im Laufe des zweiten Halbjahres, also ab Juli, hat er beim alten Arbeitgeber einen vollen (!) Urlaubsanspruch für das laufende Jahr erworben.
Der neue Arbeitgeber kann jedoch bereits an der alten Arbeitsstelle genommenen Urlaub anrechnen und ist nur noch verpflichtet, so viel Tage Urlaub zu gewähren, wie es dem Anteil der Arbeitszeit am Restjahr entspricht.
Ist der Urlaubsanspruch erst einmal verbraucht…
Im Beispiel mit 24 Tagen Jahresurlaub am alten und neuen Einsatzort sähe dies so aus: Hatte der Arbeitnehmer die 24 Tage bereits auf der „alten“ Arbeitsstelle verbraucht, besteht für den Rest des Jahres kein Urlaubsanspruch mehr im neuen Betrieb. Der alte Betrieb kann keine Kompensation für den bereits vollständig genommenen Urlaub verlangen.
Hatte er aber beispielsweise erst 12 Urlaubstage am vorherigen Arbeitsplatz genommen und erfolgt der Wechsel zum Ende des Augusts, ist der neue Arbeitnehmer nur noch zur Gewährung von 8 (= 24 / 12 * 4) Urlaubstagen verpflichtet. Die 4 verbleibenden Tage könnte sich der wechselnde Arbeitnehmer vom alten Arbeitgeber auszahlen lassen.