Stößt die Pflegekraft bei ihrer Jobsuche auf Erfolg und wird zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, so sollte Folgendes beachtet werden:
Urlaub nehmen für ein Vorstellungsgespräch?
Ob die Pflegekraft extra Urlaub bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber nehmen muss, um das Vorstellungsgespräch wahrnehmen zu können, hängt davon ab, ob das aktuelle Arbeitsverhältnis bereits gekündigt wurde oder nicht. Handelt es sich um ein noch ungekündigtes Arbeitsverhältnis, so muss die Pflegekraft für ein Vorstellungsgespräch einen ihrer Urlaubstage „opfern“, sollte das Gespräch in die Arbeitszeit der Pflegekraft fallen. Ist das Urlaubskontingent bereits erschöpft, so muss die versäumte Arbeitszeit an anderer Freizeitstelle nachgeholt werden. Anders sieht es aus, wenn die Kündigung bereits erfolgt ist. In diesem Fall bejaht § 629 BGB das Recht des Arbeitnehmers, auf Wunsch ausreichend Freizeit zur Jobsuche gewährt zu bekommen.
Dieser Anspruch gilt unabhängig davon, welche Partei das Arbeitsverhältnis zuvor aufgelöst hat. Will der Arbeitnehmer von seinem Recht Gebrauch machen, muss dies trotzdem vom Arbeitgeber genehmigt werden. Der Arbeitssuchende ist nicht berechtigt, einfach so mit Verweis auf § 629 BGB auf der Arbeit zu fehlen. Für die Genehmigung muss der Arbeitnehmer den Grund sowie die voraussichtliche Dauer seiner Abwesenheit rechtzeitig mitteilen, damit der Arbeitgeber für diese Zeit entsprechenden Ersatz organisieren kann. Der (Firmen-)Name des potenziellen neuen Arbeitgebers muss dabei nicht mitgeteilt werden.
Praxistipp: § 629 BGB greift nicht nur das Recht auf Freizeit für ein Vorstellungsgespräch auf, sondern gilt auch für Eignungstests und den Besuch einer gewerblichen Arbeitsvermittlung sowie der Agentur für Arbeit, um die gesetzliche Meldepflicht einzuhalten (§ 38 SGB III).
Bezahlte Freistellung zur Jobsuche?
Ob während der Zeit des Vorstellungsgesprächs Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, ist zunächst davon abhängig, wie lange die Pflegekraft aufgrund des Termins nicht zur Verfügung steht. Betrachtet man den Sachverhalt aus juristischem Blickwinkel so handelt es sich bei einem Vorstellungsgespräch um eine vorrübergehende Arbeitsverhinderung ohne Verschulden des Arbeitnehmers. Für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer gilt dabei die Regelung aus § 616 BGB:
„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“
Beträgt die Abwesenheit der Pflegekraft lediglich bis zu zwei Stunden, so ist dies problemlos als „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ zu werten. Strebt die Beschäftigte jedoch nach einem räumlichen Wandel und unternimmt sie daher eine ein- bis zweitägige Reise für das Gespräch, so ist der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (Siehe dazu auch: BAG vom 20. Juli 1977 – 5 AZR 325/76).
Achtung: Da § 616 BGB nicht zu den zwingenden Privilegien des Arbeitnehmerschutzes zählt, kann das Recht auf Entgeltfortzahlung durch etwaige Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung aufgehoben oder eingegrenzt werden. Im Geltungsbereich des TVöD besteht zudem überhaupt kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da ein Vorstellungsgespräch nicht zu den Fällen zählt, für die § 29 TVöD eine bezahlte Freistellung von der Arbeit vorsieht.