Überstunden-Absprachen sind für die meisten Arbeitsverhältnisse in den Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen oder Individualverträgen für die Gesundheitsberufe getroffen.
Überstun­den-Abspra­chen sind für die meisten Arbeits­ver­hält­nisse in den Tarif­ver­trä­gen, den Betriebs­ver­ein­ba­run­gen oder Indivi­du­al­ver­trä­gen für die Gesund­heits­be­rufe getrof­fen. Bild: © David Herraez – Dreamstime.com

Gleich­zei­tig haben sich in den Kranken­häu­sern, beson­ders auf den Inten­siv­sta­tio­nen und in den Alten- und Pflege­ein­rich­tun­gen, die Arbeits­an­fälle stark verdich­tet. Diese Doppel­be­las­tung erschwert den Sicher­stel­lungs­auf­trag der Arbeit­ge­ber. Regel­mä­ßige Überstun­den, Urlaubs­sper­ren oder Rückrufe aus dem Urlaub zählen mitun­ter zu den arbeit­ge­ber­sei­ti­gen Maßnah­men, um die Behand­lungs­ab­läufe mit dem zur Verfü­gung stehen­den Perso­nal­stamm sicher­stel­len zu können. Dabei setzt das Arbeits­recht jedoch eindeu­tige Schran­ken.

Überstun­den

In Sachen Überstun­den-Anord­nung gilt grund­sätz­lich: Der Arbeit­neh­mer schul­det den Umfang der Arbeit, der vertrag­lich verein­bart worden ist. Überstun­den werden dann geleis­tet, wenn über den für das Beschäf­tig­ten­ver­hält­nis verein­bar­ten Zeitrah­men hinaus gearbei­tet wird. Ausge­hend von den Regelun­gen des Arbeits­zeit­ge­set­zes gilt daher dieje­nige Arbeits­zeit als Überstunde, die die für das Arbeits­ver­hält­nis geltende regel­mä­ßige tarif­li­che, betrieb­li­che oder einzel­ver­trag­li­che Arbeits­zeit des Arbeit­neh­mers überschrei­tet.

Der Arbeit­ge­ber ist aller­dings nicht alleine aufgrund seines Weisungs­rechts berech­tigt, den Arbeit­neh­mer zu Überstun­den heran­zu­zie­hen. Könnte er dies, wäre es ihm ohne Weite­res möglich, die Arbeits­zeit als wesent­li­chen Bestand­teil des Arbeits­ver­tra­ges nach seinen Vorstel­lun­gen zu verän­dern. Die Verpflich­tung zur Erbrin­gung von Überstun­den muss daher, sofern keine kollek­tiv­recht­li­chen Regelun­gen vorlie­gen, im Arbeits­ver­trag wirksam verein­bart worden sein. Derar­tige Überstun­den-Abspra­chen sind für die meisten Arbeits­ver­hält­nisse in den Tarif­ver­trä­gen, den Betriebs­ver­ein­ba­run­gen oder Indivi­du­al­ver­trä­gen für die Gesund­heits­be­rufe getrof­fen.

Leistung von Überstun­den als arbeits­ver­trag­li­che Neben­pflicht in Notfall­si­tua­tio­nen

Sollte ausnahms­weise eine solche Regelung nicht vorhan­den sein, kann im Fall der COVID-19-Sonder­si­tua­tion die Leistung von Überstun­den aber auch als arbeits­ver­trag­li­che Neben­pflicht abgelei­tet werden, weil dem Arbeit­ge­ber (und den Patien­ten) durch die Perso­nal­eng­pässe ein Schaden droht, der auf andere Weise als durch Überstun­den nicht abgewen­det werden kann. In Einrich­tun­gen mit einer Perso­nal­ver­tre­tung, ist diese bei der Anord­nung von Überstun­den zu betei­li­gen. Mit dem Blick auf den Umfang der Arbeits­zeit plus Überstun­den sind grund­sätz­lich die Höchst­gren­zen des Arbeits­zeit­ge­set­zes einzu­hal­ten. Die Tages­höchst­ar­beits­zeit beträgt in der Regel 10 Stunden (vgl. § 3 ArbZG), die Grenzen der Ruhezei­ten liegen regel­mä­ßig bei 11 Stunden täglich (vgl. § 5 Absatz 1 ArbZG).

Aller­dings eröff­net § 14 ArbZG in Notfäl­len und anderen außer­ge­wöhn­li­chen Fällen, die unabhän­gig vom Willen des Arbeit­ge­bers eintre­ten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu besei­ti­gen sind, vorüber­ge­hend Abwei­chungs­mög­lich­kei­ten. Eine Pande­mie stellt für die Gesund­heits­ein­rich­tun­gen einen solchen Notfall dar, sodass zunächst die Grenze von 48 Stunden wöchent­lich im Durch­schnitt von sechs Kalen­der­mo­na­ten für die betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer gilt.

Überdies eröff­net § 14 Absatz 4 ArbZG dem Bundes­mi­nis­te­rium für Arbeit und Sozia­les im Einver­neh­men mit dem Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit (ohne Zustim­mung des Bundes­ra­tes) in epide­mi­schen Lagen von natio­na­ler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Infek­ti­ons­schutz­ge­setz (IfSG) die Möglich­keit, für Tätig­kei­ten die zur Aufrecht­erhal­tung der öffent­li­chen Sicher­heit und Ordnung, des Gesund­heits­we­sens und der pflege­ri­schen Versor­gung, der Daseins­vor­sorge oder der Versor­gung der Bevöl­ke­rung mit existen­zi­el­len Gütern notwen­dig sind, weiter­ge­hende Abwei­chun­gen von der Höchst­ar­beits­zeit­grenze, wenn diese im öffent­li­chen Inter­esse dringend nötig werden (beachte: § 15 Absatz 2 ArbZG).

Sperre und Rückruf aus dem Urlaub

In einer vergleich­ba­ren Wertung wirkt die epide­mio­lo­gi­sche Notlage auch auf die Frage­stel­lun­gen rund um den Urlaub ein. Soweit die Ebenen der Tarif­ver­träge oder Betriebs­ver­ein­ba­run­gen keine relevan­ten Regelun­gen vorse­hen (vgl. § 13 Bundes­ur­laubs­ge­setz BUrlG), sind die urlaubs­recht­li­chen Ansprü­che nach dem Bundes­ur­laubs­ge­setz (BUrlG) zu beurtei­len. Bezogen auf die (mitbe­stim­mungs­pflich­tige) Urlaubs­sperre recht­fer­ti­gen gemäß § 7 Absatz 1 BUrlG dringende betrieb­li­che Gründe die Verwei­ge­rung der Geneh­mi­gung von Urlaubs­ta­gen vorüber­ge­hend. Wurde der Urlaub bereits geneh­migt, kann dies ebenfalls nur in Notfäl­len rückgän­gig gemacht werden, und nur wenn keine andere Möglich­keit besteht, den Betrieb aufrecht­zu­er­hal­ten.

Die Rückho­lung eines Mitar­bei­ters aus dem bereits angetre­te­nen Urlaub ist prinzi­pi­ell nicht zuläs­sig – außer der Arbeit­neh­mer folgt der Bitte des Vorge­setz­ten freiwil­lig. Etwaig anfal­lende Kosten für die Rückreise und das Storno von Hotel­über­nach­tun­gen oder Flügen können sowohl bei dem Wider­ruf bereits geneh­mig­ten Urlaubs als auch bei dem Rückruf aus dem Urlaub dem Arbeit­ge­ber zur Last fallen.

In allen drei Fällen müssen die Inter­es­sen des Arbeit­neh­mers und des Arbeit­ge­bers sorgfäl­tig gegen­ein­an­der abgewo­gen werden. Aller­dings erfährt die Inter­es­sen­lage der Arbeit­ge­ber im Gesund­heits­we­sen in den Zeiten der Corona-Krise tenden­zi­ell eine Aufwer­tung gegen­über den Indivi­du­al­in­ter­es­sen der Arbeit­neh­mer im Gesund­heits­dienst.