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Überdosis
Überdo­sis von Schmerz­mit­teln verab­reicht: Dafür kommen vier Pflege­fach­kräfte aus der Oberpfalz ins Gefäng­nis. Bild: © Dmytro Skryp­ny­kov | Dreamstime.com

Mehre­ren Pflege­heim-Bewoh­nern sollen sie eine nicht ärztlich angeord­nete Überdo­sis von Schmerz­mit­teln gegeben haben – nun müssen sie ins Gefäng­nis. Es geht um insge­samt vier Pflege­fach­kräfte, die vom Landge­richt Regens­burg zu mehrjäh­ri­gen Haftstra­fen verur­teilt wurden.

Überdo­sis Morphin und Fenta­nyl gegeben

Die Vorfälle ereig­ne­ten sich in zwei Pflege­ein­rich­tun­gen in der Oberpfalz. Um die Sterbe­pro­zesse von drei Bewoh­nern zu beschleu­ni­gen, sollen die Angeklag­ten ihnen jeweils eine Überdo­sis der Schmerz­mit­tel Morphin bzw. Fenta­nyl verab­reicht haben.

Im Mittel­punkt des Verfah­rens stand der Leiter und Gründer der beiden Einrich­tun­gen in Eschl­kam und Furth im Wald. Das Gericht sieht in ihm den Haupt­ver­ant­wort­li­chen der Taten – entspre­chend trifft es ihn am härtes­ten: für zehn Jahre kommt er wegen versuch­ten Mordes hinter Gitter. Zudem erhält er ein lebens­lan­ges Berufs­ver­bot.

Daneben wurden zwei seiner ehema­li­gen Mitar­bei­te­rin­nen verur­teilt, die beide Leitungs­po­si­tio­nen in den Pflege­hei­men inne hatten. Sie hätten die Morphine bzw. das Fenta­nyl verab­reicht. Eine habe eine Flasche Morphium aus der Tasche gezogen mit den Worten „Vielleicht tut sie (eine Bewoh­ne­rin) sich dann leich­ter.“ Eine ärztli­che Verord­nung hierzu habe man gar nicht erst angefor­dert. Jeweils sechs Jahre im Gefäng­nis müssen sie verbü­ßen.

Auch ein ehema­li­ger – noch recht junger – Gruppen­lei­ter musste sich vor Gericht verant­wor­ten. Er selbst soll zwar keine tödli­che Überdo­sis eines Schmerz­mit­tels verab­reicht haben. Aller­dings soll er zumin­dest von einem der Fälle gewusst haben und sei trotz­dem nicht einge­schrit­ten. Das Gericht entschied in seinem Fall auf versuch­ten Mord durch Unter­las­sen. Für ihn gibt es deshalb vier Jahre Haftstrafe.

Zwischen­fall bei der Urteils­ver­kün­dung im Gerichts­saal

Die Angeklag­ten sollen von der Schwere der Urteile sicht­lich überrollt gewesen sein. Bei der Urteils­ver­kün­dung soll es deshalb auch zu einem Zwischen­fall gekom­men sein. Der haupt­an­ge­klagte Pflege­heim­be­trei­ber sei bleich im Gesicht gewesen und in seinem Stuhl zusam­men­ge­sackt, wie der BR berich­tete.

Anwälte und Justiz­be­amte sollen ihn darauf­hin auf den Boden gelegt und Rettungs­kräfte alarmiert haben. Am Ende sei die Urteils­be­grün­dung ohne ihn fortge­setzt worden.

Die Staats­an­walt­schaft warf ihm und den Mitan­ge­klag­ten vor, ohne medizi­ni­sche Anwei­sung starke Schmerz­mit­tel wie Fenta­nyl und Morphin verab­reicht zu haben. Sie alle wollten den Sterbe­pro­zess der Bewoh­ner „nach Gutdün­ken selbst­herr­lich gezielt“ verkür­zen, so die Staats­an­walt­schaft.

Ob diese Medika­mente letzt­lich den Tod der Betrof­fe­nen verur­sach­ten oder ob die Senio­ren auf natür­li­che Weise gestor­ben waren, konnte am Ende nicht eindeu­tig geklärt werden – selbst die Exhumie­run­gen der Überreste der Verstor­be­nen brach­ten keine Gewiss­heit. Aus diesem Grund lautet der Urteils­spruch auch nicht Mord, sondern versuch­ter Mord.

Laut Gericht habe der Haupt­an­ge­klagte übrig­ge­blie­bene Reste von Morphin und Fenta­nyl nicht wie durch das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz vorge­schrie­ben vernich­tet bzw. an die Apothe­ken abgege­ben, sondern in Schwarz­vor­rä­ten in einem Büro gehor­tet. Aus diesen Resten konnten dann die tödli­chen Mengen der Schmerz­mit­tel gewon­nen werden.

„Fürsor­ger­he­to­rik“ der Angeklag­ten

Im Prozess beton­ten alle vier Angeklag­ten, sie hätten nie die Absicht gehabt, Leben zu verkür­zen. Ihr Ziel sei gewesen, das Leiden der Patien­ten zu lindern. Die Vertei­di­gung hatte deshalb deutlich mildere Strafen gefor­dert. Für den jüngs­ten Angeklag­ten wurde gar ein Freispruch verlangt.

Rechts­an­wäl­tin Hilde­gard Winne­beck, Vorsit­zende der Initia­tive gegen Vollmacht­miss­brauch e.V., hat zwei Verhand­lungs­tage im Landge­richt Regens­burg als Beobach­te­rin verfolgt und sieht die Vertei­di­gung der Angeklag­ten kritisch: „Die Anwälte haben Stellung­nah­men der Angeklag­ten verle­sen, die sich allesamt als barmher­zige Wohltä­ter verstan­den wissen wollten. Niemals sei es ihre Absicht gewesen, den Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­nern einen Schaden zuzufü­gen. Das haben die Richter nicht geglaubt, wie wir nun wissen. Das Narra­tiv der Nächs­ten­liebe wird regel­mä­ßig beim Missbrauch an Pflege­be­dürf­ti­gen überstra­pa­ziert. So auch hier“.

Wegwei­send hätten die Richter deutlich gemacht, dass Straf­ta­ten unter dem Deckman­tel der Fürsor­ger­he­to­rik nicht verfan­gen, so Winne­beck. Auch in solchen Fällen gelten Regeln zum Schutze des Lebens, die bis zuletzt geach­tet werden müssen. „Es darf in der letzten Lebens­phase keinen rechts­freien Raum geben. Und das soll nicht nur im Heim, sondern muss auch in der häusli­chen Pflege gelten“, erklärt die Rechts­an­wäl­tin.

Durch Chatnach­rich­ten überführt

Trotz Fürsor­ge­be­teue­run­gen der Angeklag­ten erkannte das Gericht am Ende einen klaren Vorsatz. Zentral für diese Erkennt­nis waren private Chatver­läufe der Angeklag­ten. In einer inter­nen Nachricht soll der Haupt­an­ge­klagte nach dem Tod eines Bewoh­ners geschrie­ben haben: „Wir haben ein bisschen nachge­hol­fen“.

Für vorsätz­li­che Taten sprächen zudem die hohen Dosen der verab­reich­ten Schmerz­mit­tel. Das Gericht kam demnach zu der Überzeu­gung, dass der Haupt­an­ge­klagte den Tod der Bewoh­ner als besse­res Schick­sal für sie empfand. Seine Mitar­bei­ten­den übernah­men diese Position schließ­lich. Die Richter erkann­ten hierbei die Heimtü­cke der Taten – ein wesent­li­ches Mordmerk­mal. Der jüngere Mitar­bei­ter muss sich den Vorwurf gefal­len lassen, wider besse­res Wissen nicht einge­schrit­ten zu sein, denn auch ihn trifft eine Garan­ten­stel­lung.

Noch ist das Urteil jedoch nicht rechts­kräf­tig. Die Verur­teil­ten haben die Möglich­keit, Revision einzu­le­gen.

Rechts­an­wäl­tin Winne­beck kriti­siert erheb­li­che Unter­schiede in der Recht­spre­chung beim Umgang mit Schwerst­kran­ken: „Laut Gesetz und Empfeh­lung des Justiz­mi­nis­te­ri­ums endet die Pflicht zur Lebens­ret­tung erst mit dem unmit­tel­ba­ren und unumkerhba­ren Sterbe­pro­zess“. Erst dann dürfe sterbe­be­glei­tend zur Schmerz­lin­de­rung madika­men­tiert werden – auch unter Inkauf­nahme einer Lebens­ver­kür­zung.

Toilettengang
Toilet­ten­gang endet mit Armbruch.

Toilet­ten­gang mit Folgen

Im Frühjahr 2019 wurde eine heute knapp 70-jährige Frau wegen einer schwe­ren Hirnblu­tung in einem Kranken­haus behan­delt. Die Blutung hatte bei ihr zu Sprach­stö­run­gen und einer Lähmung auf der rechten Körper­seite geführt. Vom 6. April bis zum 3. Mai befand sie sich deshalb statio­när in ärztli­cher Behand­lung.

Doch während ihres Aufent­halts passierte ein weite­rer schwe­rer Zwischen­fall: Am Morgen des 15. April stürzte sie im Badezim­mer der Klinik und brach sich den rechten Arm. Voraus­ge­gan­gen war dem Sturz ein Toilet­ten­gang, zu dem sie von einem Pfleger vom Bett bis ins Badezim­mer beglei­tet worden war. Nachdem sie dort angekom­men war, ließ der Pfleger sie allein zurück. Wie genau es dann zum Sturz kam, ist nicht eindeu­tig geklärt. Die Angaben von Frau und die des Pflege­per­so­nals wider­spre­chen sich.

Die Frau beantragte, den Vorfall als Arbeits­un­fall anzuer­ken­nen – denn wer sich in einer medizi­ni­schen Rehabi­li­ta­ti­ons­maß­nahme befin­det, kann unter bestimm­ten Umstän­den unfall­ver­si­chert sein. Doch sowohl die Unfall­ver­si­che­rung als auch später das Sozial­ge­richt und das Landes­so­zi­al­ge­richt (LSG) Berlin-Brande­burg lehnten diesen Antrag ab.

Unfall im vermeint­lich priva­ten Bereich

Das LSG stellte klar: Ein Unfall im Kranken­haus sei nicht automa­tisch ein Arbeits­un­fall, auch nicht, wenn sich der Patient dort zur Reha aufhielte. Versi­che­rungs­schutz bestehe nur dann, wenn die Tätig­keit, bei der der Unfall passiert, Teil der Reha-Maßnahme sei. Genau das sei hier aller­dings nicht nachge­wie­sen worden.

Zwar hatte die Frau behaup­tet, es sei ärztlich empfoh­len worden, dass sie den Toilet­ten­gang als Teil ihres Mobili­täts­trai­nings selbst­stän­dig bewäl­ti­gen solle. Doch laut Gericht fänden sich keiner­lei Hinweise in der Patien­ten­akte, dass diese Empfeh­lung tatsäch­lich gemacht wurde.

Darüber hinaus sei der Toilet­ten­gang an sich ein sogenann­tes Grund­be­dürf­nis – wie auch das Schla­fen, Essen oder die Körper­pflege. Diese Tätig­kei­ten gehören grund­sätz­lich nicht zum versi­cher­ten Bereich, erklärte das Gericht. Die Tür zum Badezim­mer markiere dabei die Grenze zwischen einem mögli­cher­weise versi­cher­ten Bereich und dem priva­ten unver­si­cher­ten Raum.

Auch die Umstände des Sturzes selbst wurden im Verfah­ren geprüft. Der beglei­tende Pfleger hatte ausge­sagt, die Frau habe bereits auf der Toilette geses­sen, als er sie verließ. Die Kläge­rin selbst gab an, sie habe als letzte Erinne­rung noch die geöff­nete Toilet­ten­schüs­sel gesehen. Nun soll die Sache neu verhan­delt werden.

BSG erkennt mögli­che Absiche­rung

Das Bundes­so­zi­al­ge­richt sieht den Fall diffe­ren­zier­ter als die Vorin­stan­zen. Zwar sei der Toilet­ten­gang im priva­ten Lebens­be­reich zuzuord­nen und falle damit nicht automa­tisch unter den Schutz der gesetz­li­chen Unfall­ver­si­che­rung. Aller­dings könne dieser Schutz dennoch greifen, wenn der Unfall durch eine „kranken­haus­ty­pi­sche Gefahr“ verur­sacht worden sei – etwa durch bauli­che Mängel, unzurei­chende Hilfs­mit­tel oder fehlende Aufsicht.

Das BSG hat den Fall deshalb zur weite­ren Sachver­halts­auf­klä­rung an das Landes­so­zi­al­ge­richt zurück­ver­wie­sen. Dort soll nun geklärt werden, ob und inwie­fern beson­dere Risiken im Kranken­haus­um­feld zum Unfall beigetra­gen haben könnten. Entschei­dend sei demnach also nicht allein die Tatsa­che, dass der Unfall auf der Toilette geschah – sondern die Umstände, unter denen dies geschah.

Gesetz­li­che Grund­lage für Schutz bei Klinik­auf­ent­halt

Das Siebte Buch des Sozial­ge­setz­buchs (SGB VII) regelt die gesetz­li­che Unfall­ver­si­che­rung. Demnach sind auch Patien­tin­nen und Patien­ten während einer statio­nä­ren Behand­lung kraft des Geset­zes unfall­ver­si­chert. Voraus­set­zung ist aller­dings, dass der Unfall im Zusam­men­hang mit der versi­cher­ten Tätig­keit steht – oder im Rahmen typischer Risiken des Aufent­halts entsteht.

In § 8 SGB VII heißt es zum Arbeits­un­fall: „Wird die versi­cherte Tätig­keit im Haushalt der Versi­cher­ten oder an einem anderen Ort ausge­übt, besteht Versi­che­rungs­schutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätig­keit auf der Unter­neh­mens­stätte.“

Quelle: Bundes­so­zi­al­ge­richt vom 17. Juni 2025 – B 2 U 6/23 R

Albrecht Ball über Textilservice
Albrecht Ball, Geschäfts­füh­rer der Weiss Tex GmbH, über die Rolle des Textil­ser­vice in Krisen­zei­ten.

Tragende Rolle des Textil­ser­vice in Krisen­zei­ten

Der Ausbruch des Corona­vi­rus im Jahr 2019 ist lange her und mit der Zeit scheint in Verges­sen­heit zu geraten, welche Folgen die Pande­mie gerade auf das Gesund­heits­sys­tem in Deutsch­land hatte: Zu wenig Inten­siv­be­hand­lungs­plätze in den Klini­ken, anste­ckungs­be­dingte Krank­heits­aus­fälle, Liefer­schwie­rig­kei­ten bei Impfstof­fen, FFP-Schutz­mas­ken, Schutz­män­teln und weite­ren Einweg­ma­te­ria­lien – dies sind nur Beispiele für die Mangel­lage im Ernst­fall. Seitdem ist das Thema Resili­enz gerade in der Gesund­heits­ver­sor­gung bei der Bevöl­ke­rung verstärkt ins Bewusst­sein gerückt.

Eine tragende Rolle spielt hierbei der Textil­ser­vice, der die textile Vollver­sor­gung von Einrich­tun­gen des Gesund­heits­we­sens auf Mietba­sis sicher­stellt. Die Betriebe versor­gen fast alle Kranken­häu­ser und Klini­ken in Deutsch­land tagtäg­lich verläss­lich mit Ausrüs­tung – vom Wasch­hand­schuh bis zum steri­len Mehrweg-Opera­ti­ons-Set. Hinzu kommen etwa zwei Drittel aller Alten- und Pflege­heime, dazu Arztpra­xen, Versor­gungs­zen­tren, Rettungs­dienste, Labore und viele andere Gesund­heits­ein­rich­tun­gen.

Oft weitge­hend unbemerkt, denn die Produkte und Dienst­leis­tun­gen finden kaum Aufmerk­sam­keit beim Kunden oder in der Öffent­lich­keit. Ihre Verfüg­bar­keit und damit das Funktio­nie­ren der Abläufe gilt als selbst­ver­ständ­lich.

Doch wie sieht es tatsäch­lich um die Versor­gungs­si­cher­heit mit diesen unver­zicht­ba­ren Produk­ten aus? Ein Gespräch mit Wäsche­rei-Experte Albrecht Ball, Geschäfts­füh­rer des Textil­dienst­leis­ter Weiss­Tex GmbH, ein Partner der Sitex-Gruppe in Milten­berg.

Resili­enz durch Kreis­lauf­wirt­schaft

Rechts­de­pe­sche: Herr Ball, ist die Textil­ver­sor­gung der Gesund­heits­ein­rich­tung krisen­si­cher?

Albrecht Ball: Prinzi­pi­ell ist die Versor­gung gewähr­leis­tet. Selbst in der Corona-Krise lief die Versor­gung mit Mehrweg­pro­duk­ten und Dienst­leis­tun­gen reibungs­los weiter. Und noch mehr: der Textil­ser­vice als texti­ler Aufbe­rei­ter von Mehrweg­pro­duk­ten inner­halb einer Kreis­lauf­wirt­schaft konnte in der größten Not die Liefer­schwie­rig­kei­ten von Einweg-Produk­ten durch Mehrweg­pro­dukte substi­tu­ie­ren und dies auch noch mit einer um mehr als 50 Prozent gerin­ge­ren CO2-Belas­tung.

Rechts­de­pe­sche: Warum sind Unter­neh­men der Kreis­lauf­wirt­schaft gegen Krisen grund­sätz­lich resili­en­ter aufge­stellt als die Einweg-Indus­trie?

Ball: Mehrweg­pro­dukte können bis zu 100mal und teilweise noch häufi­ger vor Ort in Deutsch­land, in räumli­cher Nähe zu den Kunden aufbe­rei­tet werden. Zurück­ge­lie­ferte Texti­lien können inner­halb von 48 Stunden für den nächs­ten Gebrauch bereit­ge­stellt werden. Die Trans­port­wege zwischen Wäsche­rei und Kunden sind kurz, sodass Störun­gen auf dem Trans­port­weg nahezu ausge­schlos­sen sind.

Das Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Katastro­phen­hilfe hatte damals klarge­stellt: Kranken­häu­ser sind auf die Dienst­leis­tung der Wäsche­reien angewie­sen, um die medizi­ni­sche Versor­gung sicher­zu­stel­len, damit seien Wäsche­reien der Gesund­heits­ver­sor­gung system­re­le­vant.

Textil­dienst­leis­ter sind also Dienst­leis­ter für die kriti­sche Infra­struk­tur und halten auch zur Nachsteue­rung der Texti­lien in den Wäsche­pool einen Sicher­heits­be­stand vor. Ein Großteil der Texti­lien werden inner­halb Europas produ­ziert bezie­hungs­weise können dort produ­ziert werden, da entspre­chende Kapazi­tä­ten vorhan­den sind.

Lernef­fekt oder Rückfall? Wie Deutsch­land mit Krisen umgeht

Rechts­de­pe­sche: Welche Lehren hat Deutsch­land und das deutsche Gesund­heits­we­sen zur Absiche­rung künfti­ger Krisen aus diesen Erfah­run­gen gezogen?

Ball: Nachdem die vornehm­lich in Asien produ­zie­rende Einweg-Indus­trie ihre Rohstoff- und Kapazi­täts­knapp­hei­ten auflö­sen konnten, die Liefer­stö­run­gen vorwie­gend auf den Seewe­gen und in den Häfen besei­tigt sind und die deutlich erhöh­ten Preise am Weltmarkt für diese Produkte sich wieder auf das alte Niveau einge­pen­delt haben, werden weiter vornehm­lich die gleichen Einweg­pro­dukte in der gleichen Menge einge­setzt wie vor der Pande­mie. Das ist nicht nur aus Sicht der Resili­enz, sondern auch aus Sicht der Nachhal­tig­keit und Kreis­lauf­wirt­schaft zu kurz gedacht. Gerade in unsiche­ren Krisen­zei­ten mit fragi­len Liefer­ket­ten sollten Gesund­heits­ein­rich­tun­gen unter dem Aspekt des Risiko­ma­nage­ments ihre Resili­enz und die ihrer Versor­ger prüfen.

Rechts­de­pe­sche: Ist das Gesund­heits­we­sen nun nach der Pande­mie in Bezug auf die Zulie­fer­si­cher­heit von Gebrauchs- und Verbrauchs­ma­te­ria­lien besser aufge­stellt als vor und während der Pande­mie? Kann es nochmal zu einem solchen Ausmaß an Mangel­wirt­schaft in Zukunft kommen?

Ball: Genau diese Frage müsste sich das Gesund­heits­we­sen und auch die Politik im Rahmen von Risiko­ein­schät­zun­gen stellen. Unser Bundes­ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pisto­rius prägte jüngst den Satz „Wir (Deutsch­land) müssen bis 2029 kriegs­tüch­tig sein“.

Bayerns Gesund­heits­mi­nis­te­rin Judith Gerlach (CSU) die brachte es vor Kurzem auf den Punkt, indem Sie klarstellte, man brauche einen umfas­sen­den „Zivilen Opera­ti­ons­plan Deutsch­land“. Es gehe um nichts weniger als darum, das gesamte Gesund­heits­sys­tem auf alle Arten von Krisen vorzu­be­rei­ten – auch auf kriege­ri­sche Angriffe aller Art.

Textile Dienst­leis­ter für das Gesund­heits­we­sen tragen hier mit Mehrweg­pro­duk­ten inner­halb einer Kreis­lauf­wirt­schaft zu einer deutlich höheren Resili­enz der Gesund­heits­ein­rich­tun­gen, welche mit Mehrweg­pro­duk­ten versorgt werden, gegen Störun­gen im Ablauf bei.

Mehrweg­pro­dukte: Sicher, nachhal­tig, klima­freund­lich

Rechts­de­pe­sche: Wodurch kann diese höhere Resili­enz bei den texti­len Dienst­leis­tern denn erreicht werden?

Ball: Die texti­len Dienst­leis­ter halten hier mehrere „Sicher­heits­stu­fen“ bereit: Es besteht ein Textil-Pool welcher sich bereits im Umlauf befin­det und bis zu 100mal oder auch mehr vor Ort, inner­halb einer relativ kurzen Zeit für einen erneu­ten Einsatz aufbe­rei­tet und zur Verfü­gung gestellt wird. Es wird immer ein Sicher­heits­be­stand an Texti­lien vor Ort und/oder beim deutschen bzw. europäi­schen Liefe­ran­ten vorge­hal­ten, welcher auch bei einem kurzzei­tig höheren Bedarf zum Einsatz kommen kann.

In Deutsch­land tätige Unter­neh­men werden in der Regel nicht Opfer von Erpres­sun­gen oder gar Liefer­ein­stel­lun­gen durch Änderun­gen in der Außen­po­li­tik. Im Rahmen von zusätz­li­chen Sicher­heits­stan­dards und entspre­chen­der Verein­ba­rung ausge­hend von einer „Extrem­lage“ sind Textil­dienst­leis­ter auch in der Lage, gegen eine Vorhal­te­ge­bühr die Sicher­heits­be­stände aufzu­sto­cken. Die Aufbe­rei­tung findet in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Kunden/Verwendungsort statt und ist weitge­hend von Störun­gen auf dem Trans­port­weg ausge­schlos­sen.

Natio­nale und Europäi­sche Unter­neh­men werden nicht von Sanktio­nen betrof­fen sein. Eine kriegs­be­dingte Rohstoff­knapp­heit trifft ein in der Kreis­lauf­wirt­schaft tätiges Unter­neh­men mit Mehrweg-Produk­ten um ein Vielfa­ches gerin­ger als reine Einweg-Produ­zen­ten, da für einen einzel­nen Produkt­ein­satz weniger als 1/100tel an Rohstoff benötigt wird.

Rechts­de­pe­sche: Welche anderen Effekte sprechen außer der Risiko­ab­si­che­rung für eine Umstel­lung auf Mehrweg­pro­dukte in der Kreis­lauf­wirt­schaft?

Ball: Die CO2-Belas­tung eines Mehrweg­pro­duk­tes ist um mehr als 50 Prozent gerin­ger als die eines Einweg­pro­duk­tes und kann damit erheb­lich dazu beitra­gen, den Zeitplan zur Klima­neu­tra­li­tät im Grund­ge­setz auch tatsäch­lich einzu­hal­ten.

Am Ende des Lebens­zy­klus eines Mehrweg­pro­duk­tes werden auch diese Produkte zusätz­lich einem Recycling-Verfah­ren zugeführt und nicht wie Einweg­ma­te­ria­lien bei hoher Luftver­schmut­zung in einer mit gerin­gem Brenn­wert unwirt­schaft­li­chen, thermi­schen Verwer­tung genutzt.

Zur Person: Albrecht Ball ist Geschäfts­füh­rer des Textil­dienst­leis­ter Weiss­Tex GmbH, ein Partner der Sitex-Gruppe in Milten­berg.

Hygienemangel
Eine Hallux-Valgus-OP endet mit Infek­tion. War Hygie­ne­man­gel dafür verant­wort­lich? Bild: © Ralf Liebhold | Dreamstime.com

Hygie­ne­man­gel bei Hallus-vagus-OP?

Eine Patien­tin wurde im Sommer 2013 aufgrund eines Hallux valgus mit einem geröte­ten Großze­hen­grund­ge­lenk mit dezen­tem Druck­schmerz behan­delt. Am 27. Juni 2013 wurde eine entspre­chende Röntgen­auf­nahme des Befunds von einem Facharzt begut­ach­tet. In der Folge unter­zeich­nete die Patien­tin Aufklä­rungs­bö­gen für eine Opera­tion an Zehen und Vorfuß sowie für die entspre­chende Anästhe­sie. Hierzu gehör­ten auch mehrere Fragen, unter anderem nach den Rauch­ge­wohn­hei­ten der Patien­ten, die sie wahrheits­ge­mäß beant­wor­ten musste.

Hallux valgus:

Hallux valgus, oder auch Ballen­zeh genannt, ist eine Fußfehl­stel­lung, bei der sich die Großzehe nach außen abknickt und den Ballen des Fußes vergrö­ßert. Diese Fehlstel­lung kann zu Schmer­zen, Druck­stel­len und Entzün­dun­gen führen. Die Behand­lung eines Hallux valgus kann konser­va­tiv oder opera­tiv erfol­gen, je nach Schwe­re­grad und den indivi­du­el­len Bedürf­nis­sen des Patien­ten.

Die Opera­tion wurde am 10. Juli 2013 im Kranken­haus des Facharz­tes durch­ge­führt. Bei der Entlas­sung zeigten sich reizlose Wundver­hält­nisse. Am 15. Juli 2013 wurden jedoch von der Patien­tin beim Besuch ihrer Hausärz­tin bereits Schwel­lun­gen und Rötun­gen festge­stellt. Am 18. Juli wurde sie darauf­hin im Kranken­haus wegen einer Infek­tion im linken Fuß aufge­nom­men. Es folgten bis Novem­ber 2013 andau­ernde mehrfa­che chirur­gi­sche Wunddébride­ment (Entfer­nung von abgestor­be­nem, verun­rei­nig­tem oder infizier­tem Gewebe aus einer Wunde). 

Knapp ein Jahr später, am 5. Novem­ber 2014, wurde ein Gutach­ten des Medizi­ni­schen Diens­tes der Kranken­kas­sen wegen des Verdachts auf einen medizi­ni­schen Behand­lungs­feh­ler und später dann am 11. Februar 2020 ein Gutach­ten für die Sächsi­sche Landes­ärz­te­kam­mer erstellt.

Behand­lungs­feh­ler und schlechte Aufklä­rung behaup­tet

Die Patien­tin machte in der Folge Ansprü­che wegen behaup­te­ter fehler­haf­ter ärztli­cher Behand­lung geltend. Bei der Röntgen­auf­nahme fehle die zweite Ebene. Außer­dem sei die Opera­tion grob fehler­haft erfolgt. Auch habe es einen Hygie­ne­man­gel gegeben: Es sei keine hygie­ni­sche OP-Umgebung in dem Haus des Facharz­tes vorge­hal­ten worden, weshalb es unter anderem zu einer schwer­wie­gen­den Infek­tion mit einem Kranken­haus­keim gekom­men sei. In der Konse­quenz sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, ohne Hilfs­mit­tel zu gehen oder länger zu stehen, geschweige denn sich komplett ohne Schmerz zu bewegen.

Eine mündli­che Aufklä­rung bezüg­lich bestehen­der Behand­lungs­al­ter­na­ti­ven und Risiken, insbe­son­dere einer knöcher­nen Wundhei­lungs­stö­rung, habe nicht statt­ge­fun­den. Nach der OP sei sie durch eine Entzün­dung nicht mehr in der Lage gewesen, ohne Hilfs­mit­tel zu gehen oder länger zu stehen – sie litt ständig unter Schmer­zen

Außer­dem sei sie nicht darüber aufge­klärt worden, dass Rauchen zu einer Erhöhung des Risikos von Wundhei­lungs­stö­run­gen führen könnte. Die Patien­tin zog damit vor das Landes­ge­richt in Görlitz. Die Kläge­rin beanspruchte einge­hend 40.000 Euro Schmer­zens­geld. Darüber hinaus beantragte sie über 88.000 Euro für Haushalts­füh­rungs­schä­den und außer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten sowie das Erset­zen von nicht vorher­seh­ba­ren immate­ri­el­len Schäden.

Facharzt vertei­digt sich: Standard einge­hal­ten, Risiko gering

Vor Gericht schil­derte der behan­delnde Arzt die Situa­tion jedoch anders. Die präope­ra­tive Diagnos­tik sei ausrei­chend gewesen. Das Opera­ti­ons­ver­fah­ren sei entspre­chend dem Facharzt­stan­dard fehler­frei durch­ge­führt worden. Es sei ein gutes Opera­ti­ons­er­geb­nis erzielt worden, so der Facharzt selbst. Die Kläge­rin sei mündlich ausrei­chend über die Opera­tion aufge­klärt worden, was auch zusätz­li­che Risiken durch das Rauchen beinhal­tete. Da die Patien­tin laut fachärzt­li­cher Einschät­zung aller­dings nicht viel geraucht hatte, habe es ohnehin keine Risiko­er­hö­hung gegeben. Behand­lungs­al­ter­na­ti­ven seien zudem nicht vorhan­den gewesen.

Das Landge­richt wies die Klage ab und gewährte keinen Anspruch auf Schmer­zens­geld und Schadens­er­satz. Nach der abgewie­se­nen Klage ging die Patien­tin in Berufung vor dem Oberlan­des­ge­richt in Dresden.

Doch auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Gericht folgte hierbei der fachärzt­li­chen Einschät­zung, dass es keine alter­na­ti­ven Behand­lungs­mög­lich­kei­ten gab. So kam ein Sachver­stän­di­gen­gut­ach­ten ebenfalls zu dem Schluss, dass aufgrund der Schwere der Erkran­kung die durch­ge­führte Lapidus-Arthro­dese-Opera­tion die einzige Möglich­keit gewesen sei, den Hallux valgus opera­tiv zu behan­deln. Die in Folge der Opera­tion entstan­de­nen Beschwer­den der Kläge­rin seien auf die Infek­tion zurück­zu­füh­ren, nicht hinge­gen auf ärztli­che Fehler bei der Opera­tion.

Gericht entschei­det: Keine Beweise für Hygie­ne­man­gel

Für ihren Vorwurf eines Hygie­ne­feh­lers konnte die Kläge­rin keine ausrei­chen­den Beweise anfüh­ren. Sie hatte unter anderem behaup­tet, es hätte keine hygie­ni­sche OP-Umgebung gegeben, es sei nicht nach den Regeln einer asepti­schen OP-Umgebung gearbei­tet worden und es hätte Defizite bei der Steril­gut­auf­be­rei­tung gegeben.

Um dem zu entgeg­nen, hat die Beklagte entspre­chende Handlungs­an­wei­sun­gen zur Hygiene in ihrem Haus vorge­legt. Zudem sei die Hygie­ne­ord­nung im Haus erst im Jahr 2013 aktua­li­siert worden. Auch die Dokumen­ta­tion wider­spricht den Darstel­lun­gen der Kläge­rin – Hygie­ne­maß­nah­men seien demnach sehr wohl vorge­nom­men worden.

Eine Veran­las­sung, auf dieser Grund­lage ein Hygie­ne­gut­ach­ten einzu­ho­len, sieht der Senat nicht. Die Kläge­rin trage somit die Darle­gungs- und Beweis­last – dieser kam sie nicht ausrei­chend nach.

Infek­ti­ons­ur­sprung unklar

Zeitpunkt und Ort der Infek­tion mit einem Hautbak­te­rium seien am Ende unklar gewesen. So hätte die Kläge­rin selbst Träge­rin des Keims gewesen sein oder der Keim hätte durch Dritte übertra­gen worden sein können. Eine Haftung des Kranken­haus­trä­gers setzt voraus, dass die Infek­tion durch unzurei­chende Hygiene hätte verhin­dert werden können, was hier nicht nachge­wie­sen werden konnte.

Aufklä­rungs­feh­ler liegen überdies nicht vor. Die Kläge­rin sagte sowohl vor dem Landes­ge­richt als auch vor dem Oberlan­des­ge­richt aus, dass eine mündli­che Aufklä­rung statt­fand, weshalb der Vorwurf einer fehlen­den Aufklä­rung unbegrün­det ist. Der Kläge­rin steht somit kein Anspruch auf Schadens­er­satz und Schmer­zens­geld zu. Die Rechts­kraft der Entschei­dung stand zum Zeitpunkt des Redak­ti­ons­schlus­ses noch nicht fest.

Quelle: OLG Dresden vom 4. Februar 2025 – 4 U 301/24

Rechtssicherheit durch die top aktuellen Standardwerke in der neuesten Auflage
Rechts­si­cher­heit durch die top aktuel­len Standard­werke in der neues­ten Auflage

Beide Werke bieten vernetz­tes Rechts­wis­sen in klarer Sprache, die gerade für Nicht­ju­ris­tin­nen und Juris­ten hohe Anschluss­fä­hig­keit schafft. Ob Pflege­kraft, Medizi­ne­rin, Physio­the­ra­peut oder Hebamme – wer auf einen rechts­si­che­ren Arbeits­all­tag Wert legt, findet in diesen Büchern verständ­li­che, praxis­taug­li­che Orien­tie­rung. Sie ermög­li­chen fundier­tes, schnel­les Nachschla­gen und stärken dadurch Selbst­si­cher­heit im tägli­chen Handeln.

Alles drin, was zählt: Vom Grund­ge­setz bis zum Kündi­gungs­schutz­ge­setz

Die Geset­zes­samm­lung  in der 5. Auflage überzeugt als kompakte, aktua­li­sierte Sammlung der wichtigs­ten gesund­heits­recht­li­chen Vorschrif­ten – darun­ter das Pflege­be­ru­fe­ge­setz in welchem das aktuelle Pflege­stu­di­ums­stär­kungs­ge­setz inklu­diert ist, sowie das neue Ehegat­ten­ver­trags­recht oder das aktua­li­sierte Betreu­ungs­recht. Ergänzt durch relevante Passa­gen aus Zivil‑, Straf‑, Prozess­recht sowie dem Arbeits­recht, ist sie ein echtes All-in-One-Werkzeug für alle, die recht­lich up to date bleiben wollen.

Ein beson­ders prakti­scher Nutzen: Die Konzen­tra­tion auf auszugs­weise, aber gezielt ausge­wählte Geset­zes­texte entlas­tet vom Paragra­phen-Dschun­gel. Ein schnel­ler Griff zur Geset­zes­samm­lung wird damit nicht zur Hürde, sondern zur konkre­ten Präven­ti­ons­maß­nahme – gerade in Situa­tio­nen mit recht­li­chem Konflikt­po­ten­zial. Wer recht­zei­tig Bescheid weiß, kann Risiken vermei­den und damit auch Patien­ten schüt­zen.

„Recht in Medizin und Pflege“ – das ideale Lehrbuch für Ausbil­dung und Praxis

„Recht in Medizin und Pflege“, nunmehr in 6. Auflage erschie­nen, ist viel mehr als ein Buch – es ist Lernhilfe, Didak­tik­tool und Nachschla­ge­werk in einem. Mit didak­tisch aufge­ar­bei­te­ten Fallbei­spie­len, Kernaus­sa­gen, Grafi­ken und Übersich­ten macht dieses Lehr- und Lernbuch den Zugang zum Gesund­heits­recht beson­ders leicht. Es eignet sich daher hervor­ra­gend für den Einsatz:

Gerade in der Pflege, wo Entschei­dun­gen oft unter Zeitdruck und emotio­na­ler Belas­tung getrof­fen werden müssen, bietet das Werk eine verläss­li­che recht­li­che Orien­tie­rung in klarer, verständ­li­cher Sprache. So wird juris­ti­sches Wissen nicht zur Hürde, sondern zum Werkzeug für profes­sio­nel­les Handeln.

Und wer sich einen ersten Eindruck über dieses Werk verschaf­fen möchte, sollte einen Blick auf dieses TikTok-Video werfen.

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Sonnencreme
Ist Sonnen­creme tatsäch­lich schäd­lich? Bild: © Martin­mark | Dreamstime.com

Der Sommer ist nun auch kalen­da­risch in Deutsch­land angekom­men und er hat ganz viel sonni­ges Wetter im Gepäck. Viele freuen sich auf laue Sommer­abende, Freibad­be­su­che und Urlaubs­ge­fühle. Was wie Ferien­glück aussieht, kann für die Haut zur Belas­tung werden – mit Folgen, die weit über einen Sonnen­brand hinaus­ge­hen.

Hautkrebs gehört zu den häufigs­ten Krebs­ar­ten weltweit und ungeschütz­ter Sonnen­ge­nuss ist einer der Haupt­ver­ur­sa­cher. Doch gerade ums Sonnen­ba­den und Sonnen­cremes ranken sich noch immer viele Mythen, die einige vor der Nutzung abschre­cken.

Mythos 1: Gesunde Bräune

Oft wird eine gebräunte Haut als Zeichen von Gesund­heit oder Attrak­ti­vi­tät wahrge­nom­men. Doch aus medizi­ni­scher Sicht ist jede Form von Bräune ein Zeichen von Hautschä­di­gung. Wenn die Haut dunkler wird, ist das eine Reaktion auf ultra­vio­lette (UV) Strah­lung – sei es durch Sonnen­licht oder künst­li­che UV-Quellen wie Sonnen­bänke. Dabei produ­ziert der Körper verstärkt Melanin, den braunen Farbstoff der Haut, um sich vor weite­ren UV-Schäden zu schüt­zen.

Diese Reaktion zeigt jedoch, dass bereits Zellschä­den vorlie­gen. Langfris­tig kann übermä­ßige UV-Strah­lung das Risiko für Hautkrebs, vorzei­tige Hautal­te­rung und Pigment­stö­run­gen erheb­lich erhöhen, trotz gebräun­ter Haut. Diese kann gerade Mal einen Licht­schutz­fak­tor von 3–4 errei­chen, was keinen ausrei­chend Schutz vor UV-Strah­lung bieten kann.

Die Vorstel­lung einer „gesun­den Bräune“ ist also ein Irrglaube. Auch wenn ein leicht gebräun­ter Teint oberfläch­lich vital erscheint und stellen­weise sogar als körper­ei­ge­ner UV-Schutz verstan­den wird, handelt es sich biolo­gisch betrach­tet um einen Schutz­me­cha­nis­mus des Körpers gegen eine poten­zi­ell gefähr­li­che Belas­tung.

Mythos 2: Hautkrebs durch Sonnen­creme

Ein weitver­brei­te­ter Mythos ist, dass Sonnen­cremes das Risiko für Hautkrebs erhöhen würden. Vor dieser gängi­gen Fehlin­for­ma­tion warnt auch die Deutsche Krebs­ge­sell­schaft. Gerade in älteren Studien aus den 50er bis 90er Jahren konnten solche Zusam­men­hänge tatsäch­lich festge­stellt werden. Die Sonnen­cremes damals waren aller­dings noch nicht so weit entwi­ckelt, wie sie es heute sind. So fehlte zu jener Zeit etwa noch der UV‑A Schutz in den Cremes, die darüber hinaus noch einen erheb­lich gerin­ge­ren Licht­schutz­fak­tor von 4–10 aufwie­sen als heutige Schutz­mit­tel. Beim Kauf sollte also darauf geach­tet werden, dass die Sonnen­creme sowohl gegen UV-B- als auch gegen UV-A-Strah­lung schützt.

Doch auch heute gibt es noch Studien, die einen Zusam­men­hang zwischen Hautkrebs und der Anwen­dung von Sonnen­creme feststel­len können. In diesen Fällen heißt es aber: Korre­la­tion ist nicht gleich Kausa­li­tät. Viele Menschen erhal­ten durch das Auftra­gen von Sonnen­schutz­mit­teln ein falsches Sicher­heits­ge­fühl und setzen sich der Sonne deshalb viel stärker aus, als sie es ohne Sonnen­schutz machen würden. Das Problem ist dann die Anwen­dung. Dieser Zusam­men­hang wird deshalb auch gerne als „Sonnen­creme-Paradox“ bezeich­net.

Das bedeu­tet, nicht die Sonnen­creme oder darin befind­li­che Stoffe sind für den Hautkrebs verant­wort­lich, sondern das Verhal­ten der Anwen­de­rin­nen und Anwen­der. Die heuti­gen Cremes sind laut aktuel­ler Daten­lage effek­tiv und sicher, um Hautkrebs vorzu­beu­gen. Aber Vorsicht: Die genutzte Sonnen­creme sollte nicht abgelau­fen sein. Das führt zum dritten Mythos.

Mythos 3: Giftstoffe in Sonnen­creme

Alte Sonnen­cremes, die den Sonnen­schutz­fil­ter Octocrylen nutzen, können nämlich mit der Zeit Benzo­phe­non enthal­ten. Dieser Stoff gilt als mögli­cher­weise krebs­er­re­gend. Das klingt schlim­mer als es ist: Dass der Stoff tatsäch­lich Krebs erregt, ist nicht endgül­tig bewie­sen. Die Deutsche Derma­to­lo­gi­sche Gesell­schaft schreibt dazu: „Dem eher hypothe­ti­schen Risiko von Benzo­phe­nonen steht ein echtes und durch Studien beleg­tes Risiko gegen­über durch zu viel UV-Strah­lung an Hautkrebs zu erkran­ken“. Außer­dem gibt es Sonnen­cremes, die ganz ohne Octocrylen auskom­men und demzu­folge auch nicht den mögli­cher­weise schäd­li­chen Stoff Benzo­phe­non enthal­ten können.

Bei Octocrylen handelt es sich nämlich um einen chemi­schen Filter, der die UV-Strah­lung in Wärme­strah­lung umwan­delt. Daneben gibt es noch minera­li­sche Filter, die Zink oder Titan­di­oxid enthal­ten. Kleine Parti­kel dieser Stoffe reflek­tie­ren dann die UV-Strah­lung. Sie gelten als wenig aller­gen, hinter­las­sen aber beim Auftra­gen einen weißen Film, der einigen unange­nehm sein könnte.

Stellen­weise wurde auch über Weich­ma­cher in Sonnen­cremes disku­tiert, nachdem in den Urinpro­ben von Kita-Kindern giftige Abbau­pro­dukte des Weich­ma­chers DnHexP gefun­den wurden. Dieser Weich­ma­cher ist in Kosme­tik-Produk­ten eigent­lich verbo­ten, kann aber als Verun­rei­ni­gung tatsäch­lich in Sonnen­cremes enthal­ten sein. Die bislang gefun­de­nen Mengen sind aller­dings derart gering, dass das Bundes­in­sti­tut für Risiko­be­wer­tung diesbe­züg­lich Entwar­nung gibt.

Tipps für sonnige Tage

Wer sich im Sommer gerne draußen aufhält, sollte den Eigen­schutz der Haut also nicht überschät­zen und lieber zur Sonnen­creme greifen. Um zu jeder Zeit bestmög­lich vor schäd­li­cher UV-Strah­lung geschützt zu sein, sind im Folgen­den die wichtigs­ten Tipps zur Anwen­dung aufge­führt.

Den richti­gen Licht­schutz­fak­tor wählen

Der richtige Licht­schutz­fak­tor hängt maßgeb­lich vom eigenen Hauttyp ab. Wie das Bundes­amt für Strah­len­schutz (BfS) infor­miert, gibt der Licht­schutz­fak­tor (LSF) an, wie viel länger eine Person mit Sonnen­creme in der Sonne bleiben kann, im Vergleich zur Zeit ohne Schutz.

Die Schwie­rig­keit hierbei: Wie bestimme ich, welchen Hauttyp ich habe? Die S3-Leitli­nie zur Hautkrebs­prä­ven­tion liefert diesbe­züg­lich wichtige Anhalts­punkte. Demnach gibt es insge­samt sechs Hautty­pen von sehr hell bis dunkelbraun/schwarz. Entschei­dend für die Katego­ri­sie­rung sind aller­dings nicht nur die Hautfarbe, sondern auch die natür­li­che Haarfarbe und Augen­farbe. Eine Übersicht findet sich in der Abbil­dung.

Sonnencreme
Die Unter­schei­dung der Hautty­pen. Bild: Eigene Darstel­lung nach S3-Leitli­nie

Der Hauttyp bestimmt dann maßgeb­lich die Eigen­schutz­zeit einer Person, also die Zeit, die sie ohne Sonnen­schutz in der Sonne verblei­ben kann. Hieraus ergeben sich folgende Werte für die Eigen­schutz­zeit:

Eigen­schutz­zei­ten der Hautty­pen nach Fitzpa­trick:

Die Eigen­schutz­zeit ist aller­dings auch vom UV-Index abhän­gig, der täglich neu berech­net und veröf­fent­licht wird. Schon ab einem UV-Index von drei empfiehlt das BfS allen Menschen – unabhän­gig vom Hautty­pen – einen Licht­schutz­fak­tor von mindes­tens 30 aufzu­tra­gen. Ein Licht­schutz­fak­tor von 50+ wird bei hohen UV-Inten­si­tät, bei empfind­li­chen Hautty­pen (Typ I/II) und bei Kindern empfoh­len.

Die Eigen­schutz­zeit zusam­men mit dem gewähl­ten Licht­schutz­fak­tor entschei­den dann darüber, wie lange eine Person in der Sonne ohne Hautschä­di­gung verblei­ben kann. Beispiel: Wenn jemand ohne Sonnen­schutz 10 Minuten in der Sonne bleiben kann, ohne zu verbren­nen, und ein Sonnen­schutz­mit­tel mit LSF 30 verwen­det, dann kann diese Person theore­tisch: 10 Minuten x 30 = 300 Minuten (5 Stunden) in der Sonne bleiben.

Ganz wichtig: Die jeweils berech­nete Schutz­dauer ist theore­tisch! In der Praxis sollte laut BfS höchs­tens 60 Prozent der angege­be­nen Schutz­zeit ausge­schöpft werden.

Die richtige Menge auftra­gen

Ebenfalls kann der S3-Leitli­nie die aufzu­tra­gende Menge einer Sonnen­creme entnom­men werden, die für die Errei­chung des angege­be­nen Licht­schutz­fak­tors verwen­det werden muss. Für einen Erwach­se­nen, der etwa 1,5 bis 2 Quadrat­me­ter Haut hat, müssen ungefähr 30 bis 40 ml für den gesam­ten Körper verwen­det werden. Eine handels­üb­li­che Flasche, die 200 ml enthält, sollte demnach fünf mal verwen­det werden, ehe eine neue gekauft werden muss.

Doch Vorsicht: Wieder­hol­tes Auftra­gen nicht verges­sen. Vor allem durch Wasser­kon­takt beim Schwim­men und danach beim Abtrock­nen mit einem Handtuch, löst sich die Sonnen­creme von der Haut. Gleiche Effekte entste­hen beim Schwit­zen. Deshalb sollte der Sonnen­schutz regel­mä­ßig erneu­ert werden. Laut S3-Leitli­nie ist wasser­feste Sonnen­creme vorzu­zie­hen, die alle zwei Stunden neu aufge­tra­gen werden sollte. Die Zeit in der Sonne sollte trotz Schutz­mit­tel nicht bewusst erhöht werden. Sonnen­ba­den ist dementspre­chend auch mit Sonnen­creme nicht ratsam.

Generell sollte die Creme auch 20 bis 30 Minuten vor dem Aufent­halt in der Sonne aufge­tra­gen werden. Das ist gerade bei chemi­schen UV-Filtern wichtig, da diese erst ihre Wirkung entfal­ten müssen.

Sonnen­creme ist nicht alles

Den evidenz­ba­sier­ten Empfeh­lun­gen der S3-Leitli­nie folgend, sind physi­ka­li­sche Mittel der Sonnen­creme vorzu­zie­hen. Das bedeu­tet: lieber Schat­ten aufsu­chen und auf die richtige Kleidung achten. Sonnen­creme sollte nur für Hautstel­len benutzt werden, die anders nicht zu schüt­zen sind.

So sollte direkte Sonnen­ein­strah­lung möglichst vermie­den werden, beson­ders zwischen 11 und 16 Uhr, wenn die UV-Strah­lung am stärks­ten ist. Außer­dem kann schüt­zende Kleidung getra­gen werden. Langärm­lige, dick gewebte Kleidung schützt am besten. Um bei heißem Wetter trotz langer Kleidung nicht übermä­ßig zu schwit­zen, empfiehlt es sich, lockere Stoffe wie Leinen zu verwen­den.

Auch Kopfbe­de­ckun­gen sind ein wichti­ger Bestand­teil des Sonnen­schut­zes, da sie empfind­li­che Berei­che wie Kopfhaut, Gesicht und Nacken zuver­läs­sig vor UV-Strah­lung schüt­zen. Beson­ders an heißen Tagen verhin­dern sie zudem eine Überhit­zung und helfen, Sonnen­stich oder Hitzschlag vorzu­beu­gen.

FAQ

Ist Sonnen­creme krebs­er­re­gend?

Moderne Cremes gelten laut aktuel­ler Studi­en­lage als sicher und wirksam im Schutz vor Hautkrebs. Der Verdacht auf mögli­cher­weise krebs­er­re­gende Stoffe wie Benzo­phe­non betrifft vor allem alte Produkte mit dem UV-Filter Octocrylen.

Wann Sonnen­creme auftra­gen?

Sonnen­creme sollte idealer­weise 20 bis 30 Minuten vor dem Aufent­halt in der Sonne aufge­tra­gen werden. Wieder­hol­tes Auftra­gen, beson­ders nach dem Schwim­men oder Schwit­zen, ist wichtig für einen anhal­ten­den UV-Schutz.

Welche Sonnen­creme bei Sonnen­all­er­gie?

Bei Sonnen­all­er­gie sind Sonnen­cremes mit minera­li­schen UV-Filtern wie Zinkoxid oder Titan­oxid zu empfeh­len, da sie beson­ders hautver­träg­lich und wenig aller­gen sind. Generell empfiehlt sich ein hoher Licht­schutz­fak­tor von 50+ und ein Schutz gegen UV-A- und UV-B-Strah­lung.

Gibt es Sonnen­creme, die nicht klebt?

Vor allem minera­li­sche Sonnen­schutz-Filter neigen dazu, einen weißen Film beim Auftra­gen zu hinter­las­sen. Sonnen­cremes mit chemi­schen Filtern ziehen in der Regel besser ein.

Welche Sonnen­creme ist die beste?

Die beste Sonnen­creme schützt zuver­läs­sig vor UV-A- und UV-B-Strah­len, ist auf den Hauttyp abgestimmt und derma­to­lo­gisch getes­tet. Wasser­feste Produkte mit einem hohen Licht­schutz­fak­tor (mindes­tens LSF 30) bieten beson­ders guten Schutz.

Verurteilung
Jetzt in Handschel­len: Falscher Heilprak­ti­ker hat Ehefrau umgebracht. Bild: © Budny8887 | Dreamstime.com

Urteil: Heimtü­cki­scher Mord an eigener Ehefrau

Die Verur­tei­lung eines falschen Heilprak­ti­kers steht nun endgül­tig fest. Das Landge­richt Flens­burg hatte den Mann rechts­kräf­tig wegen Mordes an seiner schwer­kran­ken Ehefrau verur­teilt. Nun hat der Bundes­ge­richts­hof (BGH) in Leipzig die Revision des Urteils verwor­fen. Der Fall sei glasklar und bedürfe keiner neuen Verhand­lung. Das Tatmo­tiv: Habgier.

Das Gericht in der Vorin­stanz kam zu dem Ergeb­nis, dass der Angeklagte seiner an Multi­pler Sklerose erkrank­ten, pflege­be­dürf­tige Frau eine Überdo­sis eines Antide­pres­si­vums verab­reicht hat. Als ihr Tod nach mehre­ren Tagen nicht eintrat, rammte er ihr zweimal ein langes Messer in den Bauch. Anschlie­ßend verab­reichte er sich selbst eine verhält­nis­mä­ßig harmlose Dosis des Antide­pres­si­vums und fügte sich einige Schnitt­wun­den zu, um es nach einem geschei­ter­ten Doppel­sui­zid ausse­hen zu lassen. Die Frau starb nach vier Tagen.

Wollte außer­ehe­li­ches Doppel­le­ben vertu­schen

Mit der Tat wollte der Angeklagte laut Gericht verhin­dern, dass die Frau von seinem außer­ehe­li­chen Doppel­le­ben erfährt. Heimlich habe er sich nämlich als Heilprak­ti­ker ausge­ge­ben und mehrere sexuelle Handlun­gen an „Patien­tin­nen“ durch­ge­führt. So habe er hunderte Nackt­fo­tos – einige davon heimlich, andere mit Wissen der Betrof­fe­nen – angefer­tigt.

Aufgrund einer Straf­an­zeige wurde wegen der Vorfälle aller­dings eine Hausdurch­su­chung bei ihm initi­iert und dabei sein Handy und mehrere Speicher­me­dien gepfän­det.

Darauf­hin habe der Angeklagte gefürch­tet, dass seine Ehefrau Kennt­nis von seinen Machen­schaf­ten erlan­gen würde, seine Anrechte auf Inhalte des Testa­ments verlo­ren gingen und seine wirtschaft­li­che Existenz in der Konse­quenz zugrunde ginge.

Dass der zur Tatzeit 53-jährige Deutsche neben seinem Doppel­le­ben keine legitime Zulas­sung als Heilprak­ti­ker hatte, ließ seine Angst vor Existenz­ver­lust nicht kleiner werden. So habe er den Entschluss zur Tat gefasst und seiner Frau die todbrin­gende Überdo­sis verab­reicht.

Landge­richt hat Verur­tei­lung getrof­fen

Der Mann war am schon 12. Juni 2024 vom Landge­richt Flens­burg wegen Mordes (§ 211 StGB) an seiner Ehefrau verur­teilt worden. Das Gericht ging davon aus, dass der Angeklagte die Tötung aus Habgier vornahm. Da die Tat zudem heimlich began­gen wurde, erkannte das Gericht somit gleich zwei Mordmerk­ma­len und stellte die beson­dere Schwere der Tat gemäß § 57a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StGB fest.

Am Ende wurde er zu 15 Jahren Haft mit nahezu keinen Aussich­ten auf vorzei­tige Freilas­sung verur­teilt. Das Urteil des Landge­richts Flens­burg ist somit rechts­kräf­tig erlas­sen worden.

Quelle: Landge­richt Flens­burg vom 20. Mai 2025 – 5 StR 698/24

Brückentag
Lange Wochen­en­den sind heiß begeht: Viele Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer wollen den Freitag zwischen einem Feier­tag und Wochen­ende frei nehmen. Bild: Silke auf Pixabay

Viele Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer freuen sich jedes Jahr auf sogenannte Brücken­tage. Das sind Arbeits­tage, die zwischen einem Feier­tag und einem Wochen­ende liegen. Wer an diesen Tagen Urlaub nimmt, kann mit wenigen Urlaubs­ta­gen eine längere Erholungs­zeit bekom­men. In Teilen Deutsch­lands ist das kommen­des Wochen­ende nach Fronleich­nam (19. Juni) möglich.

Doch wie sind Brücken­tage recht­lich geregelt? Gibt es ein Anrecht auf diese freien Tage? Und was dürfen Chefin­nen und Chefs verlan­gen? Ein Blick in das Bundes­ur­laubs­ge­setz zeigt, was erlaubt ist – und was nicht.

Das sagt das Bundes­ur­laubs­ge­setz

Das Bundes­ur­laubs­ge­setz legt die recht­li­chen Grund­la­gen für den Urlaubs­an­spruch in Deutsch­land fest. Es gilt für alle Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer. In § 3 des Geset­zes heißt es, dass jedem Beschäf­tig­ten mindes­tens 24 Werktage Erholungs­ur­laub im Jahr zuste­hen.

Aber: Ein Anspruch auf Brücken­tage ist dort nicht vorge­se­hen. Arbeit­neh­mer dürfen demnach zwar Wünsche (§ 7 Absatz 1 BUrlG) äußern, wann sie Urlaub nehmen wollen. Arbeit­ge­ber können aber in bestimm­ten Fällen Urlaubs­wün­sche ableh­nen – zum Beispiel, wenn dringende betrieb­li­che Gründe dagegen sprechen oder wenn andere Kolle­gin­nen und Kolle­gen Vorrang haben.

Brücken­tage sind Verhand­lungs­sa­che

Deshalb sind Brücken­tage vor allem eins: Verhand­lungs­sa­che zwischen Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber. Wer an einem frei haben möchte, muss einen Urlaubs­an­trag einrei­chen – wie an jedem anderen Werktag auch. Es gibt somit keinen automa­ti­schen Anspruch, nur weil der Tag beson­ders günstig liegt.

Dennoch kann es für Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber mit Blick auf die Produk­ti­vi­tät der Mitar­bei­ten­den durch­aus sinnvoll sein, Brücken­tage zu gewäh­ren. Manche treffen deshalb betrieb­li­che Verein­ba­run­gen über den Umgang damit.

Das erlaubt es, klare inner­be­trieb­li­che Regelun­gen zu verein­ba­ren, um die Tage für alle Betei­lig­ten effizi­ent so zu gestal­ten, dass sich keiner Benach­tei­ligt fühlt. Üblicher­weise wird in einer Betriebs­ver­ein­ba­rung zunächst definiert, welche Arbeits­tage als Überbrü­ckungs­tag gelten und arbeits­frei gestellt werden können.

Betriebs­ver­ein­ba­run­gen können Rahmen geben

Die dadurch ausfal­lende Arbeits­zeit ist in der Regel von den Mitar­bei­ten­den inner­halb eines verein­bar­ten Zeitraums vor- oder nachzu­ar­bei­ten. Dabei ist stets auf arbeits­zeit­recht­li­che Vorga­ben Rücksicht zu nehmen.

In diesen Verein­ba­run­gen – meist durch den Betriebs­rat abgeseg­net – kann zum Beispiel auch geregelt sein, dass der Betrieb an bestimm­ten Brücken­ta­gen ganz geschlos­sen bleibt. Dann wird dieser Tag entwe­der als Urlaubs­tag angerech­net oder durch sogenannte „Arbeits­zeit­kon­ten“ ausge­gli­chen. Einige Unter­neh­men gewäh­ren Brücken­tage auch „on top“ zu den eigent­li­chen Urlaubs­ta­gen.

Zwangs­ur­laub nur in Ausnah­men

Zwangs­ur­laub ist in diesem Sinne aller­dings nur in Ausnah­me­fäl­len möglich – generell muss nämlich auch hier den Wünschen der Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer gefolgt werden.

Den Wünschen kann – wie oben bereits erwähnt – nur aus dringen­den betrieb­li­chen Belan­gen wider­spro­chen werden, etwa aufgrund eines Betriebs­ur­laubs. Auch in solchen Fällen sollten vorher Abspra­chen mit dem Betriebs­rat getrof­fen werden.

FAQ

Was zählt als Brücken­tag?

Ein Brücken­tag ist ein regulä­rer Arbeits­tag, der zwischen einem Feier­tag und einem Wochen­ende liegt. Wer diesen Tag als Urlaub nimmt, kann mit weniger Urlaubs­ta­gen eine längere Erholungs­zeit erzie­len.

Ist ein Brücken­tag Urlaub oder Überstun­den?

Ein Brücken­tag ist grund­sätz­lich ein norma­ler Arbeits­tag und wir nur dann zum Urlaub, wenn vorher ein Urlaubs­an­trag gestellt und geneh­migt wurde. In manchen Betrie­ben kann es auch durch Überstun­den ausge­gli­chen werden, wenn inner­be­trieb­li­che Regelun­gen das erlau­ben.

Wer hat Anspruch auf Brücken­tage?

Ein gesetz­li­cher Anspruch besteht nicht – sie müssen wie jeder andere Urlaubs­tag beantragt werden. Arbeit­ge­ber können Urlaubs­wün­sche ableh­nen, etwa bei dringen­den betrieb­li­chen Gründen oder wenn die Wünsche anderer Mitar­bei­ter im Weg stehen.

Leitungswasser
Leitungs­was­ser ist siche­rer als manche denken. Bild: Karolina Grabowska auf Pixabay

Es ist ein Sommer­an­fang, der seinen Namen verdient: Am 21. Juni um 4.41 Uhr morgens beginnt in diesem Jahr kalen­da­risch die Sommer-Jahres­zeit (dieses Datum richtet sich nach dem Winkel der Erdachse zur Sonne; die Nordhalb­ku­gel ist am Sommer­an­fang – gleich­zei­tig der Tag der Sommer­son­nen­wende – am stärks­ten zur Sonne hin geneigt). Im meter­eo­lo­gi­schen Gebrauch begann der Sommer dagegen bereits am 1. Juni.

Pünkt­lich zum Sommer­an­fang verheißt die Wetter­vor­her­sage für die kommen­den Tage (mit Stand vom 17. Juni) stabil sonni­ges, nieder­schlags­freies, warmes, zumin­dest in weiten Teilen Deutsch­lands jedoch zugleich nicht extrem heißes Sommer­wet­ter, mit typischen Tages-Höchst­tem­pe­ra­tu­ren zwischen 25 und 30 Grad.

Ausrei­chen­des Trinken ist immens wichtig

Angesichts der hohen Außen­tem­pe­ra­tu­ren ist es umso wichti­ger, ausrei­chend zu trinken, um Körper und Geist leistungs­fä­hig zu halten sowie Ermüdung, Leistungs­ab­fall und körper­li­chen Beschwer­den infolge mangeln­der Flüssig­keits­zu­fuhr vorzu­beu­gen. Mindes­tens einen Liter, besser 1,5 Liter Flüssig­keit pro Tag empfiehlt die gesetz­li­che Kranken­kasse AOK in ihrem Service-Artikel.

Bei körper­li­cher Anstren­gung und/oder Hitze erhöht sich dieser Bedarf, weil der Körper stärker schwitzt – je nach Grad der Beanspru­chung, etwa beim Ausüben von Ausdau­er­sport oder extrem schwe­ren körper­li­chen Tätig­kei­ten, kann die notwen­dige Menge auf ein Vielfa­ches des Grund­be­darfs steigen. Auch und gerade Pflege­kräfte sind durch ihre körper­lich anstren­gende Tätig­keit hiervon betrof­fen, ebenso wie ihre Patien­ten oder Bewoh­ner (gerade ältere Menschen neigen wegen ihres vermin­der­ten Durst­ge­fühls bekannt­lich dazu, zu wenig zu trinken!).

Neben weite­ren Alter­na­ti­ven wie Kräuter- und Früch­te­tee oder Frucht­säf­ten bzw. ‑schor­len dürfte Wasser die erste und einfachste Wahl sein, um den tägli­chen Flüssig­keits­be­darf abzude­cken. Denn hierfür braucht es kein abgefüll­tes Wasser aus dem Super­markt. Die gute Nachricht: Norma­les Leitungs­was­ser reicht hierfür völlig aus – es ist die simpelste, günstigste und dazu umwelt­freund­lichste Lösung!

Argument 1: Leitungs­was­ser ist gesund­heit­lich unbedenk­lich

Herkömm­li­ches Leitungs­was­ser gilt als das am stärks­ten kontrol­lierte Lebens­mit­tel Deutsch­lands. Die kommu­na­len Wasser­ver­sor­ger müssen das von ihnen bereit­ge­stellte Trink­was­ser regel­mä­ßig, bis hin zu mehrmals täglich, überprü­fen – für unerwünschte Bestand­teile wie Schwer­me­talle (z.B. Queck­sil­ber, Uran, Blei), Kupfer, Benzol, Rückstände von Pflan­zen­schutz­mit­teln oder Nitrat / Nitrit gelten strenge gesetz­li­che Grenz­werte, die in der Praxis zu aller­meist nochmals deutlich unter­schrit­ten werden. Wie der Bundes­ver­band der Verbrau­cher­zen­tra­len betont, könne man Leitungs­was­ser daher „beden­ken­los trinken“.

Wie sich das Leitungs­was­ser zusam­men­setzt und woher es gewon­nen wird, ist von Stadt zu Stadt und von Region zu Region unter­schied­lich. Infos hierzu hält Ihr lokaler Wasser­ver­sor­ger bereit (hier am Beispiel des kommu­na­len Versor­gers Rhein­Ener­gie AG für das Kölner Trink­was­ser [PDF]).

Hinzu kommt: Auch Mineral­was­ser aus dem Handel ist nicht automa­tisch völlig frei von unerwünsch­ten Elemen­ten. So hatte das Magazin „Öko-Test“ 14 von 55 getes­te­ten Mineral­wäs­sern beanstan­det, etwa wegen Spuren von Bor, Nickel, Uran oder Flourid sowie Abbau­pro­duk­ten mindes­tens eines Pesti­zids oder Rückstän­den von Süßstof­fen – wenngleich all diese Substan­zen ebenfalls in nur kleinen Mengen und unter­halb der gesetz­li­chen Grenz­werte nachge­wie­sen wurden.

Argument 2: Auch Leitungs­was­ser liefert Minera­lien

Ebenso wie Mineral­was­ser kann auch Leitungs­was­ser dazu beitra­gen, den Tages­be­darf des Körpers an (erwünsch­ten) Mineral­stof­fen wie Calcium, Magne­sium, Kalium oder (in Grenzen) Natrium zu decken – denn auch diese Stoffe sind, ebenfalls in regio­nal unter­schied­li­cher Ausprä­gung, im Wasser aus dem Hahn vorhan­den. Auch hierzu kann der eigene Wasser­ver­sor­ger Auskunft ertei­len.

Aller­dings dürfte der Minera­li­en­ge­halt in Leitungs­was­ser in den meisten Fällen nicht mit jenem aus, beispiels­weise, beson­ders calcium- oder magne­si­um­rei­chen Mineral­wäs­sern mithal­ten – um den tägli­chen Bedarf an Flüssig­keit abdecken zu helfen und sich zumin­dest mit einem Teil der benötig­ten Mineral­stoff-Menge zu versor­gen, ist Leitungs­was­ser aber allemal geeig­net!

Argument 3: Leitungs­was­ser ist unschlag­bar günstig

Wer seinen Flüssig­keits­be­darf (größten­teils) durch Leitungs­was­ser deckt, kann sich – neben der Kisten­schlep­pe­rei – eine Menge Geld sparen: So kostet das Wasser aus dem Hahn nur rund 0,4 Cent pro Liter, gegen­über mindes­tens 20 Cent bis zu deutlich über einem Euro Kosten pro Liter bei Mineral­was­ser.

Das Magazin Öko-Test kam bei seinem Rechen­bei­spiel aus dem Jahr 2024 auf Kosten von 1,10 Euro im Jahr (!), wenn man seinen – niedrig angesetz­ten – komplet­ten Jahres­be­darf von 275 Litern mit Leitungs­was­ser deckt, gegen­über 43,60 Euro bei zusätz­li­cher Verwen­dung eines Wasser­sprud­lers, mindes­tens 49,50 Euro beim Kauf von Discoun­ter-Wasser in der Einweg-Plastik­fla­sche bis zu mindes­tens 137,50 Euro im Jahr bei Marken-Mineral­was­ser aus dem Kasten, sowie 357,50 Euro bei einer der Marken im oberen Preis­seg­ment.

Argument 4: Leitungs­was­ser-Trinken trägt zum Klima­schutz bei

Durch den Wegfall von Trans­por­ten, gegen­über Einweg-Wasser­fla­schen auch durch das Vermei­den von Flaschen- und Verpa­ckungs­müll, schnei­det Leitungs­was­ser in der CO2-Bilanz erheb­lich besser ab als „gekauf­tes“ Wasser: Eine Studie im Auftrags der Berli­ner Vereins „a tip: tap“, der sich für den Umstieg von Verbrau­chern auf Wasser aus dem Hahn einsetzt, kam auf gerade einmal 0,35 Gramm CO2 pro Liter Leitungs­was­ser, gegen­über 202,74 Gramm bei einem Liter Mineral­was­ser aus der Flasche.

Bei einem (theore­ti­schen) komplet­ten Umstieg von Mineral- auf Leitungs­was­ser ließen sich deutsch­land­weit drei Millio­nen Tonnen Kohlen­di­oxid einspa­ren. „Das ist in etwa 1,5 mal die Menge, die der inner­deut­sche Flugver­kehr verur­sacht“, verdeut­licht der Verein.

Praxis­tipp: Trink­fla­sche mitneh­men!

Eine komfor­ta­ble und einfa­che Lösung, über den Tag mehr zu trinken, ist es, sich eine eigene Trink­fla­sche zuzule­gen. Neben der Möglich­keit, immer und überall etwas zu trinken, lässt sich die Flasche unter­wegs an zahlrei­chen Punkten – etwa Wasser­häh­nen, Zapfsta­tio­nen oder (wenn in Ihrer Stadt vorhan­den) öffent­li­chen Trink­was­ser-Brunnen, etwa in Parks oder an Sport­stät­ten – immer wieder füllen.

Ob man zu der leich­ten und stabi­len Plastik­fla­sche, einer Metall- oder Glas-Variante greift, bleibt den persön­li­chen Vorlie­ben überlas­sen. Zugleich lässt sich über die mitge­führte Trink­fla­sche, und die Anzahl der inner­halb eines Tages „geleer­ten“ Flaschen, die eigene Flüssig­keits­zu­fuhr gut im Blick behal­ten.

FAQ

Ist das Leitungs­was­ser in Deutsch­land trink­bar?

Ja, Leitungs­was­ser in Deutsch­land ist absolut trink­bar und gilt als das am strengs­ten kontrol­lierte Lebens­mit­tel. Es wird regel­mä­ßig auf Schaf­stoffe wie Schwer­me­talle oder Pesti­zid-Rückstände geprüft und unter­schrei­tet gesetz­li­che Grenz­werte meist deutlich.

Was kostet Leitungs­was­ser?

Leitungs­was­ser ist extrem günstig und kostet im Durch­schnitt nur etwa 0,4 Cent pro Liter. Damit ist es deutlich preis­wer­ter als abgefüll­tes Mineral­was­ser, bei dem der Liter­preis zwischen 20 Cent und über einem Euro liegt.

Was sind die Vorteile von Leitungs­was­ser?

Leitungs­was­ser ist sicher, günstig und umwelt­freund­lich – es spart CO2, Verpa­ckungs­müll und Trans­port­wege. Zudem liefert es wichtige Minre­al­stoffe und ist überall verfüg­bar, etwa durch Nachfül­len einer Trink­fla­sche unter­wegs.

Arzt
Alaa M. wurde unter anderem wegen Kriegs­ver­bre­chen zu lebens­lan­ger Haft verur­teilt. Bild: © Meinzahn | Dreamstime.com

Vom Heiler zum Täter

Nach 188 Verhand­lungs­ta­gen steht es für die Richter des Oberlan­des­ge­richts Frank­furt am Main fest: Alaa M., ein syrischer Arzt, hat sich im syrischen Bürger­krieg schwers­ter Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit, Kriegs­ver­bre­chen gegen Perso­nen sowie des Mordes schul­dig gemacht. Das Urteil: lebens­lange Freiheits­strafe (Urteil vom 16.6.2025 – Az.: 5 – 3 StE 2/21–3 – 2/21). Das Gericht stellte zudem die beson­dere Schwere der Tat fest und hat die Unter­brin­gung des 40-Jähri­gen in der Siche­rungs­ver­wah­rung angeord­net.

Die Taten des Angeklag­ten reichen demnach zurück bis in die Jahre 2011 und 2012 – in eine Zeit, in der Syrien sich in den ersten Zügen des Bürger­kriegs befand. Alaa M. war damals als ziviler Arzt in einem Militär­kran­ken­haus und in einer Haftan­stalt der Stadt Homs tätig, in der gefan­gene syrische Opposi­tio­nelle unter­ge­bracht waren.

Patien­ten, die unter seiner Obhut standen sollen von Alaa M. nicht behan­delt, sondern misshan­delt worden sein. Der Senat sah es als erwie­sen an, dass er in mindes­tens zehn Fällen Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit beging – darun­ter durch Tötung und Folter, in mehre­ren Fällen in Verbin­dung mit versuch­ter Berau­bung der Fortpflan­zungs­fä­hig­keit.

Wollte Macht demons­trie­ren

In einem Fall etwa habe der Arzt einem Jungen, 14 oder 15 Jahre alt, die Genita­lien mit Desin­fek­ti­ons­al­ko­hol ausge­brannt. In anderen Fällen habe er Genita­lien gequetscht, opera­tive Eingriffe ohne Narkose unter­nom­men oder einen Patien­ten mit einem Urinka­the­ter geprü­gelt.

Einen weite­ren Gefan­ge­nen habe er zur Folte­rung an einem Seil- oder Ketten­zug aufge­hängt. Diesen habe der Angeklagte mit einem Kolle­gen geschla­gen, bis sie ihn wieder zu Boden ließen. Anschlie­ßend sollen sie den Arm des Gefan­ge­nen mit Desin­fek­ti­ons­al­ko­hol verbrannt haben.

Bei einem anderen Gefan­ge­nen soll der Angeklagte mit einem Schuh auf eine eiternde Wunde getre­ten haben. Als Blut heraus­lief habe er die Wunde mit Desin­fek­ti­ons­mit­tel übergos­sen und diese angezün­det. Ein weite­res Tatop­fer soll er getre­ten und mit einem flexi­blen Schlag­stock bewusst­los geschla­gen haben.

Sadis­ti­sche Neigun­gen

Zwei dieser Opfer sollen durch seine Hand gestor­ben sein – einer durch eine tödlich verab­reichte Tablette, ein anderer durch gezielte Injek­tion. Laut Gericht handelte der Angeklagte hierbei aus niede­ren Beweg­grün­den: Er wollte als Arzt mit den Tötun­gen vor anwesen­den Mitge­fan­ge­nen seine Macht demons­trie­ren und ein Exempel statu­ie­ren.

Ein foren­sisch-psych­ia­tri­sches Gutach­ten zeich­nete das Bild eines Mannes mit sadis­ti­schen Neigun­gen, einem Hang zur Gewalt und einem dadurch erhöh­ten Rückfall­ri­siko. Das Gericht folgte dieser Einschät­zung und ordnete neben der lebens­lan­gen Freiheits­strafe auch Siche­rungs­ver­wah­rung an. Alaa M. bleibe eine Gefahr für die Allge­mein­heit, hieß es.

Verur­tei­lung nach Völker­straf­recht

Dass Alaa M. von einem deutschen Gericht für Taten verur­teilt werden kann, die er in Syrien began­gen hat, liegt am Völker­recht. So regeln etwa §§7 und 8 Völker­straf­ge­setz­buch (VStGB) Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit bzw. Kriegs­ver­bre­chen gegen Perso­nen.

Wer gegen diese Vorschrif­ten des Völker­rechts verstößt, kann nach dem sogenann­ten Weltrechts­prin­zip verur­teilt werden. Dieses Prinzip erlaubt es einem Staat, bestimmte beson­ders schwere Verbre­chen – wie Völker­mord, Kriegs­ver­bre­chen oder Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit – unabhän­gig vom Tatort oder der Staats­an­ge­hö­rig­keit des Täters zu verfol­gen. Grund­lage hierfür ist die Annahme, dass solche Taten die inter­na­tio­nale Gemein­schaft als Ganzes betref­fen und daher weltweit geahn­det werden dürfen.

Über 50 zeugen

Mehr als 50 Zeugen sagten im Prozess aus – darun­ter ehema­lige Kolle­gen aus dem Militär­kran­ken­haus und einige der Folter­op­fer. Der Angeklagte selbst bestritt die Vorwürfe.

Das Gericht führte zu den Tatum­stän­den aus, dass sämtli­che Taten des Angeklag­ten einge­bun­den in einen ausge­dehn­ten und syste­ma­ti­schen Angriff, des syrischen Regimes unter dem damali­gen Staats­prä­si­den­ten Bashar al-Assad waren. Das Regime richtete sich hierbei im Rahmen des Arabi­schen Frühlings gegen Teile der eigenen Zivil­be­völ­ke­rung.

Der Angeklagte, ein Anhän­ger Assads, wollte durch seine Taten Regime­geg­ner vermut­lich abstra­fen. Spätes­tens seit 2012 sollen sich seine Taten aller­dings auch gegen Perso­nen gerich­tet haben, die nach humani­tä­rem Völker­recht geschützt waren.

Das Urteil ist noch nichts rechts­kräf­tig. Alaa M. und seine Vertei­di­ger können Revision einle­gen.

Quelle: Oberlan­des­ge­richt Frank­furt am Main